Aufregung in Leipzig: Bei Bauarbeiten am Wilhelm-Leuschner-Platz wurde eine Weltkriegsbombe gefunden – nun laufen Evakuierungsmaßnahmen im Umkreis. Der Europäische Gerichtshof hat der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einen Riegel vorgeschoben. Und: Die deutschen Gasspeicher sind auch nach Russlands Lieferstopp ordentlich voll – schaffen wir es also glimpflich durch den Winter? Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 20. September 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Weltkriegsbombe nahe am Stadtzentrum

Ein unfreiwillig früher Feierabend trifft am Dienstag unzählige Menschen, die in und nahe der Innenstadt arbeiten: Bauarbeiter stießen beim Baggern auf der Baustelle am Wilhelm-Leuschner-Platz auf eine Weltkriegsbombe. Der Fundort liegt in unmittelbarer Nähe der katholischen Propstei St. Trinitatis und der Polizeidirektion Dimitroffstraße.

Die Stadt Leipzig hat aktuell einen Sperrkreis mit einem Radius von etwa 600 Metern eingerichtet, von dem neben Privathaushalten und Geschäften zahlreiche öffentliche Gebäude betroffen sind – etwa die LVZ, das Landgericht, das Neue Rathaus, das Cinestar und die Universitätsbibliothek.

Die Evakuierungsmaßnahmen laufen nach unseren Beobachtungen derzeit entspannt ab. Laut letztem Informationsstand soll der Sprengkörper entschärft werden – vermutlich wird es jedoch erst am späten Abend so weit sein. Im ungünstigsten Fall, so die Info der Polizei, müssten Betroffene die Nacht jedoch außerhalb ihrer Wohnung verbringen.

Unsere Reporter sind vor Ort und begleiten die dynamische Entwicklung im Live-Ticker – hier finden Sie Bilder, Videos und natürlich die wichtigen Updates zum Bombenfund. Drücken wir die Daumen, dass alles gutgeht!

EGH spricht Machtwort: Der Staat darf nicht alles

Kommunikationsdaten von Bürgerinnen und Bürgern dürfen nur unter klaren Voraussetzungen gespeichert werden – das entschied der Europäische Gerichtshof (EGH) in Luxemburg und kippte damit eine Regelung der Bundesrepublik, die nach richterlicher Auffassung nicht mit EU-Recht vereinbar ist.

In Deutschland war das Thema der sogenannten Vorratsdatenspeicherung (VDS) immer heftig umstritten, seit einigen Jahren ist sie praktisch ausgesetzt. VDS meint das Prinzip, wonach Internet- und Telekommunikationsdienstleister Nutzerdaten für einen meist mehrwöchigen Zeitraum abspeichern, also etwa die Dauer von Telefonaten, deren Teilnehmer, SMS-Nachrichten und IP-Adressen im Netz. Inhalte, zum Beispiel von Gesprächen und Nachrichten, werden nicht erfasst.

Für Kritiker ist die anlasslose Datenerfassung dennoch ein Unding, denn sie schaffe ein Gefühl von Unsicherheit, Überwachung und einen Generalverdacht gegen die Bevölkerung. Befürworter verweisen dagegen auf die Notwendigkeit für die Arbeit von Sicherheitsbehörden.

Das Luxemburger Gericht schloss sich nun früheren Urteilen des Oberverwaltungsgerichts Münster und des Verwaltungsgerichts Köln an, wonach das EU-Recht der VDS als schwerer Grundrechtseinriff im Wege steht. Jenseits einer Bedrohung der nationalen Sicherheit dürften einschlägige Daten nur zum Zweck der Bekämpfung schwerer Verbrechen gespeichert werden, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt.

Gemischte Reaktionen auf Urteil

Die Reaktionen auf das Urteil? Gemischt. Während Bundesjustizminister Marco Buschmann (45, FDP) und der Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz (51), den Richterspruch begrüßten, will Bundesinnenministerin Nancy Faeser (52, SPD) die VDS im Bereich der Strafverfolgung auch künftig nicht ganz auf Eis legen.

Die Regierung in Berlin plant jetzt rasch eine Nachfolgeregelung, auf die auch Polizeigewerkschaften sowie der Deutsche Richterbund drängen. Der Koalitionsvertrag der Ampel lehnt eine anlasslose Datenspeicherung übrigens ausdrücklich ab.

Ohne Bibbern durch den Winter?

Deutschlands Gasspeicher haben mit Stand Sonntag, dem 18. September, einen Füllstand von mehr als 90 Prozent erreicht – diese Botschaft gibt etwas Hoffnung, auch die anklopfende Herbst- und Wintersaison ohne großes Bibbern zu überstehen.

Zur Erinnerung: Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 und den nachfolgenden Sanktionen des Westens hat Russlands Langzeit-Präsident Wladimir Putin (69) die Zulieferung von unter anderem zum Heizen wichtigen Erdgas nach Deutschland und Europa zunächst massiv gedrosselt, seit Ende August wurde sie ganz eingestellt – offiziell unter Verweis auf technische Fehler. Die Bundesregierung hält dieses Argument freilich für vorgeschoben.

Leichte Hoffnung – aber noch ist nichts ausgemacht

Die Politik setzt nun im Eiltempo alles daran, das Land aus der jahrelang gewachsenen Abhängigkeit von russischem Erdgas herauszulösen. Aktuell werden die Lieferausfälle teilweise durch Zufuhren aus Norwegen, Belgien und den Niederlanden kompensiert. Ende des Jahres könnten die ersten Flüssiggasterminals an der Nordsee ihren Betrieb aufnehmen.

Offiziell sollen die deutschen Gasspeicher bis Anfang November zu 95 Prozent gefüllt sein, um Schwankungen bei der Lieferung ausgleichen zu können. Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (53, Grüne) besteht leichte Hoffnung, einigermaßen durch den Winter zu kommen. Allerdings dürfte auch viel vom Erfolg der Energiesparmaßnahmen, dem Verhalten der Bevölkerung und nicht zuletzt dem Wetter abhängen. Es bleibt also spannend.

Live-Ticker, viel Stadtrat und radikaler Universalismus

Worüber die LZ heute berichtet hat: Hier noch mal der Verweis auf den Live-Ticker zum Bombenfund und der Evakuierung. Außerdem: Rückblick auf eine spannungsgeladene Filmvorführung am Wagner-Hain im August, Tagungen des Stadtrats zum Thema Bauen, dem Nahlesteg und das heikle Thema Redezeitbegrenzung. Und: Kollege Ralf Julke stellt ein radikal universalistisches Buch mit wichtigen Gedanken zum Thema Aufklärung, Politik und Freiheit vor.

Kreml plant „Referenden“ in Luhansk und Donezk

Was sonst noch wichtig war: Putin wurde ja bereits erwähnt – ob er sich zu seinem 70. Geburtstag Anfang Oktober selbst ein Geschenk machen will? Auf dieses zynische Gedankenspiel könnte man kommen, denn noch diesen Monat sollen in den durch Russland besetzten Gebieten der Ukraine Luhansk und Donezk „Referenden“ für einen Beitritt zu Russland stattfinden.

Alles deutet darauf hin, dass der Kreml, ähnlich der Krim-Annexion 2014, nun wieder eiskalt vollendete Tatsachen schaffen will. Die Reaktionen aus der ukrainischen Führung schwanken zwischen Spott und Empörung. Russland bleibe ein Aggressor, sein Land werde weiterhin das eigene Territorium befreien, twitterte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba (41).

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