In Leipzig sorgte heute eine Razzia, vorrangig bei BSG-Fans, für Aufregung – die Durchsuchungen stehen in Zusammenhang mit dem Derby am 7. Mai. Außerdem haben zahlreiche Menschen vor der Ausländerbehörde gegen die Abschiebung von Mohammad K. demonstriert und die sächsischen Kliniken brauchen dringend finanzielle Hilfe. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 14. September 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus passiert ist.

Kurz vor Pokal-Derby: Durchsuchungen bei BSG-Fans

Leipzig hat bisher eine turbulente Woche erlebt: Nach mehreren Demonstrationen am Montag und einer versuchten Abschiebung mit SEK vor Ort am Dienstag fanden am heutigen Mittwoch Hausdurchsuchungen in der linken Szene statt, der Fokus lag dabei auf Fans der BSG Chemie Leipzig.

Anderthalb Wochen vor dem Sachsenpokal-Derby zwischen der BSG Chemie und Lok Leipzig (25. September, 16 Uhr) hatten Ausschreitungen bei einem früheren Derby im Mai heute Konsequenzen für einige BSG-Fans. Ab dem frühen Morgen durchsuchte die Polizei auf Grundlage richterlicher Beschlüsse 21 Wohnungen, eine Garage sowie einen Geschäftsraum in Leipzig und Umgebung.

Laut den Behörden steht die Razzia in Zusammenhang mit dem Regionalliga-Derby am 7. Mai, bei dem es sowohl aufseiten der Lok-Fans als auch aufseiten der Chemie-Fans zu Ausschreitungen kam.

Die Polizei ermittelt gegen Anhänger der BSG Chemie unter anderem wegen des Vorwurfs des gemeinschaftlichen schweren Landfriedensbruchs, wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen des Verstoßes gegen das Vermummungsverbot.

Da die Vorwürfe gegen die Chemie-Fans deutlich schwerer wiegen, sei der Fokus des heutigen Durchsuchungseinsatzes auf Chemie-Fans gerichtet worden, argumentiert die Polizei.

Hauptziel der Razzia war die Identitätsfeststellung, bei 13 Beschuldigten nahmen die Beamt/-innen DNA-Proben. Außerdem beschlagnahmte die Polizei laut Pressemitteilung Handys, Speichermedien, und „Beleidungs- und Vermummungsgegenstände“.

Polizei fahndet öffentlich mit Fotos nach unbekannten Tatverdächtigen

Zeitgleich mit der Razzia startete die Polizeidirektion Leipzig heute eine Öffentlichkeitsfahndung nach unbekannten Beschuldigten – und das in großem Stil. Veröffentlicht wurden Fotos von rund 40 Personen aus dem Chemie-Block, die am 7. Mai an den Ausschreitungen beteiligt gewesen sein sollen. Die Tatvorwürfe lauten Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte und gefährliche Körperverletzung.

Die Leipziger Stadträtin und Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Die Linke) solidarisierte sich heute auf Twitter mit den Betroffenen der Hausdurchsuchungen. „Die Geschehnisse beim Derby müssen aufgearbeitet werden“, fordert Nagel. „Dazu gehört aber auch, warum die Polizei im Heimblock so massiv präsent war und vorgegangen ist.“

Durchsuchungen auch in Zusammenhang mit Hausbesetzungen

Einige der heute durchgeführten Durchsuchungen richteten sich offenbar nicht gegen Fußballfans, sondern gegen Personen aus der linken Szene, die von den Behörden in Zusammenhang mit Hausbesetzungen in Leipzig-Connewitz im Herbst 2020 gebracht werden. Auch hier wurde heute offenbar bei mindestens einer Person DNA abgenommen.

Gleichzeitig Durchsuchung bei einem Lok-Fan

Neben den Durchsuchungen bei zahlreichen Chemie-Fans wurde heute die Wohnung eines Lokomotive-Fans zum Ziel der Polizeikräfte. Dem Mann wird vorgeworfen, am 7. Mai Pyrotechnik in Richtung des gegnerischen Fanblocks abgeschossen zu haben. Gegen weitere Lok-Fans wird bereits wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot ermittelt.

Als Reaktion auf die Hausdurchsuchungen wurde online direkt ein Demonstrationsaufruf für den heutigen Abend geteilt. 21 Uhr sollen sich Menschen im Connewitzer Herderpark versammeln, um den polizeilichen Durchsuchungen zu „widersprechen“.

„Die 20 Hausdurchsuchungen, die heute in Leipzig stattgefunden haben, zeigen mal wieder deutlich, dass die Polizei immer repressiver gegen linke Aktivist*innen vorgeht“, heißt es darin. „Lasst uns den Bullen zeigen, dass wir uns nicht alles gefallen lassen und ihre Taten nicht ohne Widerworte stehen lassen werden.“

Solidaritäts-Demo für von Abschiebung bedrohten Mohammad K.

Auch bezüglich der versuchten Abschiebung eines Mannes, die gestern in einem stundenlangen Ringen um das Leben des Mannes endete, fand heute eine Demo statt. Am Nachmittag versammelten sich über 100 Menschen vor der Ausländerbehörde in der Prager Straße, um ihre Solidarität für Mohammad K. auszudrücken, der aktuell medizinisch versorgt wird.

Als Beamt/-innen gestern am Wohnhaus von Mohammad K. in der Südvorstadt ankamen, um ihn zwecks seiner geplanten Abschiebung nach Jordanien aus der Wohnung zu holen, hatte der 26-Jährige begonnen, sich zu verbarrikadieren und sich selbst Verletzungen zugefügt. Vor dem Haus versammelten sich am Nachmittag spontan hunderte Menschen, um das Bleiben von Mohammad K. zu fordern und ihm ihre Unterstützung zu zeigen.

Hilferuf der sächsischen Krankenhäuser: Wirtschaftliche Lage so angespannt wie nie

Die Krankenhäuser in Sachsen haben sich heute mit einem Hilferuf an die Öffentlichkeit gewandt. „Die Situation der Krankenhäuser in Sachsen ist derzeit so angespannt und belastet wie nie zuvor“, beklagt der Vorsitzende der Krankenhausgesellschaft Sachsen (KGS), Dr. Sven Langner. Die aktuelle Entwicklung sei bedrohlich für die Existenz der Kliniken.

Vor dem Hintergrund von Energiekrise und Inflation sind die Kosten für Material, Lebensmitteln und Dienstleistungen erheblich gestiegen, was den Anteil der Sachkosten am Gesamtbudget von 35 Prozent im Jahr 2020 auf nun nahezu 50 Prozent angehoben habe.

Die Uniklinik in Dresden beispielsweise rechnet mit einer Kostensteigerung von 12 Millionen Euro in diesem Jahr. Und das Klinikum St. Georg in Leipzig berichtet von einer Kostensteigerung um fast 500 Prozent im Bereich der Medizinversorgung mit Strom und Gas, außerdem „zum Teil exorbitante Preisentwicklungen für Arzneimittel, Lebensmittel und Dienstleistungen“.

KGS: Ohne Inflationsausgleich droht massiver Personalabbau

Die besondere Notlage der Krankenhäuser resultiert laut KGS aus der gesetzlich fixierten Budgetdeckelung in Abhängigkeit von der Einnahmenentwicklung der Gesetzlichen Krankenversicherung. Damit könnten die Krankenhäuser – im Unterschied zu nahezu allen anderen Dienstleistungsbereichen – die tatsächlichen Kostenentwicklungen nicht über entsprechende Preisanpassungen gegenüber den Krankenkassen weitergeben.

Die Krankenhäuser fordern zu ihrer wirtschaftlichen Absicherung einen sofortigen kurzfristigen Inflationsausgleich vom Bund. Ohne Inflationsausgleich drohe ein massiver Personalabbau mit möglichen erheblichen Einschränkungen für die Versorgung von Patient/-innen.

Auf Landesebene fordert die KGS eine deutliche Erhöhung des Investitionsvolumens für Krankenhäuser im kommenden Haushalt. Zudem fordert die KGS ein zusätzliches Investitionspaket für die erforderliche energetische Modernisierung der Krankenhäuser.

Leipzigs OBM kondoliert britischem Königshaus und Gorbatschow-Familie

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung hat nach dem Tod von Queen Elizabeth dem britischen Königshaus kondoliert. Das teilte Jung in der heutigen Ratsversammlung mit. „Angesichts des früheren Besuchs der Queen und ihres Sohnes Charles ist es angemessen, als Stadt zu reagieren“, sagte Jung.

Außerdem habe er nach dem Bekanntwerden des Todes von Michail Gorbatschow, dessen Tochter ein Kondolenzschreiben im Namen der Stadt Leipzig zukommen lassen. „Ich glaube, ich muss Ihnen nicht erläutern, was wir Gorbatschow in Bezug auf die Wiedervereinigung in Deutschland zu verdanken haben“, wandte sich Jung an die Stadträtinnen und Stadträte.

Erste Verhandlungsrunde im Tarifstreit der Metallindustrie bleibt ergebnislos

Worüber die LZ heute berichtet hat: über die weiteren Entwicklungen im Fall Mohammad K., über das überraschende Scheitern von Martina Münch (SPD) bei der Wahl zur Sozialbürgermeisterin und über die fehlende Lust der Leipziger Stadtverwaltung, sich der Einwohner/-innenbeschwerden über Lärm und Kommerz am Nordstrand des Cospudener Sees anzunehmen

Was heute außerdem wichtig war: Die erste Verhandlungsrunde für die Tarifverträge der sächsischen Angestellten im Metall- und Elektrobereich ist wie erwartet ohne Ergebnis beendet worden. Das berichtete heute die IG Metall, die am Wochenende mit einer Großdemonstration in Leipzig zum Auftakt der Tarifverhandlungen ordentlich Druck gemacht hatte.

Die IG Metall fordert angesichts der Inflation und mehrerer Jahre ohne prozentuale Gehaltserhöhungen acht Prozent mehr Lohn. Die nächste Verhandlungsrunde in Sachsen ist für den 14. Oktober geplant. Die Verhandlungen für Berlin und Brandenburg starten am 21. September und gehen am 6. Oktober in die zweite Runde.

Was morgen (nicht) passieren wird: Eigentlich wollte die Stadt am morgigen 15. September den Schornstein an der Arno-Nitzsche-Straße in Connewitz sprengen lassen. Dazu landeten Ende August bereits Informationsschreiben in den Briefkästen der Anwohner/-innen, und am 8. September fand eine Info-Veranstaltung statt. Die Sprengung hat die Stadt nun auf bisher unbestimmte Zeit verschoben, über einen neuen Termin soll „zeitnah“ auf der Website der Stadt informiert werden,

Der stillgelegte Schornstein ist mit 170 Metern das höchste Wahrzeichen der Braunkohle-Ära in Leipzig und soll vorrangig aus finanziellen und sicherheitstechnischen vom Erdboden verschwinden.

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