Leipzig könnte ein weiterer Tag ganz ohne Bus und Straßenbahn bevorstehen – bereits morgen wollen LVB-Angehörige erneut in den eintägigen Warnstreik treten. Eine Warnung anderer Art hat der sächsische Verfassungsschutz im Gepäck. Und: In seiner Rede zur Lage der Nation hat Russlands Präsident Wladimir Putin das bekannte Narrativ einer äußeren Bedrohung seines Staates wiederholt, gespickt mit Vorwürfen Richtung Ukraine, NATO und den Westen. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 21. Februar 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

LVB morgen erneut im Warnstreik

Zur Mittagszeit erreichte uns eine Pressemitteilung der Gewerkschaft ver.di, die einen erneuten Warnstreik der LVB für den morgigen Mittwoch ankündigt. Wie bereits am vergangenen Freitag, soll der Arbeitskampf 26 Stunden dauern und entsprechend von drei Uhr bis fünf Uhr des Folgetags (ergo Donnerstag) laufen.

Ein Anruf beim zuständigen ver.di-Funktionär Paul Schmidt brachte dann die Bestätigung: Besonders Fahrerinnen und Fahrer von Bussen und Straßenbahnen der LVB sollen morgen ihre Tätigkeit niederlegen, um angesichts einer neuen Verhandlungsrunde im Tarifstreit im öffentlichen Dienst für den nötigen Nachdruck zu sorgen.

Auch die LVB, deren Pressesprecher für uns heute zunächst nicht für Fragen erreichbar war, stellen sich inzwischen offenbar auf einen mindestens weitreichenden Ausfall von Bus- und Straßenbahnlinien ein.

Besonders angesichts des morgigen Champions League-Spiels RB Leipzig vs. Manchester City um 21 Uhr im Zentralstadion könnte das zum Problem werden.

Bereits vergangenen Freitag wurde ganztägig in Leipzig gestreikt, wobei hier neben den LVB auch noch Kitas und Horte, Stadtreinigung, Verwaltung und viele weitere Einrichtungen mit auf die Straße gingen. Weitere Hintergründe haben wir hier im Artikel zusammengefasst und behalten die Entwicklungen im Auge.

Die Mitte bröckelt: Verfassungsschutz sieht größer werdende Gefahr

Die Protestbewegungen werden radikaler, die Mitte bröckelt zunehmend weg, zumal eigentlich dort verortete Menschen sich mitunter nicht mehr am gemeinsamen Demonstrieren mit Rechtsradikalen stören – vor dieser Tendenz warnt das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) in Sachsen.

Auch wenn ein befürchteter „Wutwinter“ bisher ausgeblieben sei, bliebe das Protestmilieu in Sachsen weiterhin präsent und könne jederzeit wieder aufflammen – ob es um Corona, den Ukrainekrieg, die Ampelkoalition in Berlin, die Energiepreise oder, wie jetzt wieder verstärkt und möglicherweise ähnlich wie 2015, um geflüchtete Menschen geht, so der sächsische Verfassungschutz-Präsident Dirk-Martin Christian. Viele verharrten in einer Protesthaltung, die thematischen Initialzünder, diese auch zu zeigen, dabei seien mittlerweile sehr austauschbar.

Neu ist dies freilich nicht. Schon 2021 beschrieb der Sozialwissenschaftler Marius Dilling im LZ-Interview einen ganz ähnlichen Mechanismus, wonach gerade in Situationen von Krisen und Unsicherheit themenunabhängig gern auf Verschwörungsnarrative zurückgegriffen wird, die oft mit autoritärem Denkmuster einhergehen.

Teilen der Klimaschutzbewegung bescheinigte Sachsens oberster Verfassungsschützer indes eine mangelnde Distanz zu linksextremen Positionen, wobei er den Rechtsextremismus nach wie vor als größte Gefahr für die Demokratie benannte. Gleichsam waren es die Folgen der Digitalisierung und des Rückzugs in soziale Medien, welche Dirk-Martin Christian als großes Problem umriss. Der gebürtige Bonner ist seit 2020 Chef des sächsischen Verfassungsschutzes.

Putin gibt mal wieder dem Westen alle Schuld

Wo wir schon beim Thema Autorität sind: Wladimir Putin, auch in Deutschland während der Vergangenheit mitunter Projektionsfigur diffuser Totalitarismus-Sehnsüchte, hielt heute seine durchaus mit Spannung erwartete Ansprache zur Lage der Nation. Es war die 18. ihrer Art, im letzten Frühjahr hatte der Kreml sie wegen der „besonderen Dynamik“ kurz nach dem Überfall auf die Ukraine gänzlich abgesagt.

Eine offizielle Kriegserklärung Putins Richtung Westen gab es nicht. Stattdessen teilte der 70-Jährige vor sorgfältig erwählten Honoratioren und Militärs seines Landes in der Föderalversammlung rund zwei Stunden besonders gegen den Westen aus: Dieser habe Russland bedroht und die Bemühungen zur Kriegsverhinderung torpediert, behauptete Putin drei Tage vor dem ersten Jahrestag seines Einmarschs in die Ukraine.

Und auch die bekam natürlich ihr erwartbares Fett ab, mit den Vorwürfen, sie sei als Staat eine westliche Erfindung, ihre Führung und Armee mit Neonazis durchsetzt. Von Biolaboren und westlicher Dekadenz war die Rede, letztere zeigte sich in Hetze gegen LGBTIQ.

Beteiligung an Atomvertrag ausgesetzt

Konkreter wurde der Präsident vor allem in seiner Ankündigung, die Beteiligung am Atomwaffenkontrollvertrag „New Start“ zwar nicht beenden, aber aussetzen zu wollen. Über die Situation der Front und den Krieg selbst – offiziell weiterhin nur als „militärische Spezialoperation“ tituliert – verlor Putin dagegen kaum ein Wort. Vielmehr bekräftigte er weiterhin den russischen Anspruch auf besetzte Territorien in der Ostukraine und betonte die angebliche Wirkungslosigkeit westlicher Sanktionen gegen sein Land.

Erstes Fazit: Putin lieferte kaum Überraschendes und verblieb weitgehend in den Spurrillen einstudierter Rhetorik. Doch Ansatzpunkte für ernsthafte Verhandlungen zur Kriegsbeendigung, wie sie aktuell teilweise wieder gefordert werden, ließ der absolutistische Duktus seiner Propaganda nicht erkennen.

Worüber die LZ heute berichtet hat:

Dresden in Farbe: Ein Fotoband über das Dresden kurz vor der Bombardierung und die Bilder danach

Ein Jahr Krieg: Stadt unterstützt Ukraine-Flüchtlinge und die Partnerstadt Kiew mit weiteren 4 Millionen Euro

DeZIM legt neue Studie vor: Diskriminierungserfahrungen in Sachsen

Lauter linke Socken: Gibt es tatsächlich ein Media-Bias und wenn ja, welches?

Ausstand am Mittwoch: ver.di kündigt neuen Warnstreik bei den LVB an

Aggressive Stimmung: Anti-Asyl-Demo in Eilenburg + Videos

Was sonst noch wichtig war:

Der Gegenentwurf zu Putin? US-Präsident Joe Biden hat beim Besuch in Polen kurz vor dem ersten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine den Zusammenhalt des Westens beschworen und eine Verfolgung mutmaßlicher, russischer Kriegsverbrechen angekündigt.

Putin habe sich mit seinem Krieg verrechnet, die Unterstützung für die Ukraine gehe weiter, sagte der 80-Jährige.

Angehörige der „Letzten Generation“ haben einen Baum am Berliner Kanzleramt gefällt. Mit der Aktion solle die Zerstörung mitten in der Hauptstadt sichtbar gemacht werden.

Was morgen wichtig wird:

Während des LVB-Streiks in Leipzig gehen die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in eine neue Runde. Ein weiterer Warnstreik ist auch beim MDR angekündigt: Ebenfalls die Gewerkschaft ver.di hat hier für den Betriebsteil Leipzig ab sieben Uhr früh zum Arbeitskampf aufgerufen. Vorausgegangen waren ergebnislose Verhandlungen über die bessere Vergütung festangestellter und freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Senders.

Am MDR ist ab neun Uhr eine Kundgebung im Bereich Altenburger Straße/Fichtestraße geplant, bevor gegen 10:15 Uhr am Wilhelm-Leuschner-Platz weiter demonstriert werden soll.

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