Das Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechts von Sachsen ist in Teilen verfassungswidrig, entschied der Verfassungsgerichtshof am Donnerstag. Im Nachgang der pro-palästinensischen Demo auf dem Leipziger Markt gestern kam es zu einem Übergriff auf zwei junge Männer, darunter ein Videojournalist. Nun prüft der Staatsschutz einen möglichen Zusammenhang. Und: Der rechtsterroristische Attentäter von Halle steht erneut vor Gericht. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 25. Januar 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Polizeigesetz bleibt in Kraft, bedarf aber einer Nachbesserung

Seit über vier Jahren gilt das „Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen“, jetzt müssen Teile davon überarbeitet werden. Das entschied der im Gebäude des Landgerichts Leipzig ansässige Verfassungsgerichtshof von Sachsen am Donnerstag und gab damit 35 Abgeordneten des 6. Landtags teilweise recht. Die Mitglieder von Linken und Grünen hatten bereits 2019 einen Normenkontrollantrag eingereicht, über den nun befunden wurde.

Demnach würden die erweiterten Befugnisse der Polizeibehörden im Kern ausdrücklich nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben verstoßen, müssten aber in der konkreten Ausgestaltung teilweise nachgebessert werden, heißt es. So fehle es beispielsweise an eindeutigen Vorgaben, unter welchen Bedingungen und wie weit verdeckte Überwachungsmaßnahmen zulässig sind, welche massiv in den privaten Lebensbereich von Menschen vorstoßen könnten.

Neufassung bis Ende Juni 2026

Das Polizeigesetz Sachsens in seiner jetzigen Form verlagert die Ermächtigung der Polizei nach Meinung von Kritikern viel zu weit ins Vorfeld potenzieller Gefahren, etwa durch gesenkte Hürden zur Telefon-, Video- und Personenüberwachung, die Möglichkeiten zur Gesichts- und Kennzeichenerfassung, zum Einsatz verdeckter Ermittler, zur erweiterten Bewaffnung der Polizei und zum Anlegen eines Vorrats personenbezogener Daten. Sachsens damalige CDU-SPD-Regierung hatte das Gesetz dagegen mit den Herausforderungen bspw. durch Cybercrime und grenzüberschreitende Kriminalität begründet.

Bis 30. Juni 2026 soll das Gesetzeswerk nun überarbeitet werden, bleibt aber bis dahin gültig. Auf dem Leipziger Simsonplatz fand anlässlich des Gerichtsurteils am Donnerstag eine Kundgebung statt. Grüne und Linke begrüßten die Entscheidung in ersten Reaktionen.

Übergriff auf Journalist und Begleiter: Staatsschutz eingeschaltet

Nach der gestrigen Pro-Palästina-Kundgebung auf dem Leipziger Marktplatz mit der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg als Überraschungsgast ermittelt der Staatsschutz wegen eines Angriffs auf einen Journalisten und eine weitere Person. Demnach wurden der 22-jährige Medienvertreter und dessen Begleiter (20), die bereits auf der Demonstration bedrängt worden sein sollen, gegen 19:30 am Augustusplatz durch drei unbekannte Männer nach Polizeiangaben unvermittelt attackiert, als sie in eine Straßenbahn einsteigen wollten.

Die Geschädigten wurden verletzt und ambulant in einer Klinik behandelt, den unbekannten Angreifern gelang trotz schneller Fahndungsmaßnahmen die Flucht.

Laut einer heutigen Pressemitteilung von Sachsen Fernsehen, in dessen Auftrag der junge Videojournalist unterwegs war, sollen die angreifenden Personen mutmaßlich Teilnehmer bzw. ein Ordner der vorausgegangenen Demo gewesen sein und die Opfer bis zum Augustusplatz verfolgt haben. Benedict Bartsch, Inhaltlicher Leiter von Sachsen Fernsehen, wünschte den Betroffenen eine rasche Genesung und verurteilte die Gewalt aufs Schärfste, diese sei inakzeptabel und bedrohe auch das hohe Gut der Pressefreiheit.

Zusammenhang zur Handala-Demo wird geprüft

Am Mittwochabend hatte die 21-jährige Greta Thunberg überraschend die Pro-Palästina-Demo des Leipziger Handala-Bündnisses besucht und dort auch das Wort ergriffen. Das Bündnis ist in der öffentlichen Wahrnehmung hochgradig umstritten, unter anderem, weil es mit Bezug auf Israel den Vorwurf des Völkermords in Gaza bedient.

Nach dem blutigen Terrorangriff der Hamas auf unzählige israelische Zivilisten am 7. Oktober 2023 wurde durch Handala auf Instagram ein (mittlerweile gelöschtes) Gleitschirm-Foto veröffentlicht, welches die Massaker gegen Israelis verharmloste. Unter anderem mit Gleitschirmen hatten die Täter am Tag des terroristischen Überfalls die Grenze zu Israel überquert, um ihre Verbrechen zu begehen, zu denen Morde, Vergewaltigungen und Entführungen gehörten.

Israel reagierte darauf mit einer Militäroffensive im Gazastreifen, die bis heute andauert, ein Ende des Kriegszustands zeichnet sich aktuell nicht ab.

Stötteritz: Protest gegen Baumfällung

In der Lausicker Straße in Leipzig-Stötteritz kamen am Nachmittag einige Menschen zum Protest gegen eine geplante Baumfällung zusammen. Dazu aufgerufen hatte der BUND Leipzig, in dessen Mitteilung es heißt: „Die Entscheidung zur Fällung steht im Konflikt mit dem Baumschutz und würde den Verlust eines lebendigen Lebensraums für die Anwohner*innen zur Folge haben.“

Betroffen ist demnach ein gesunder Ahornbaum von etwa 25 Metern Höhe. Auch für morgen wird erneut aufgerufen, sich morgens zwischen 7 und 8 Uhr zum Protest einzufinden.

Attentäter von Halle/Saale steht erneut vor Gericht

Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen startete heute ein weiterer Strafprozess gegen den rechtskräftig verurteilten Attentäter von Halle. Die Verhandlung gegen den heute 32-jährigen Rechtsextremisten Stephan B. wurde durch das Landgericht Stendal in den größten Justizsaal Sachsen-Anhalts in Magdeburg verlagert.

Gegenstand des Verfahrens ist eine Geiselnahme des Angeklagten im Gefängnis Burg, wo er am Abend des 12. Dezember 2022 Vollzugsbedienstete mithilfe einer selbst konstruierten Schussapparatur genötigt haben soll, ihm mehrere Türen der Haftanstalt zu öffnen. Der Fluchtversuch B.s endete in einer Fahrzeugschleuse, nun muss er sich wegen Geiselnahme und eines Verstoßes gegen das Waffengesetz verantworten. Nach dem damaligen Zwischenfall war er in ein bayerisches Gefängnis verlegt worden.

Rechtsterrorist bereits zur Höchststrafe verurteilt

Bei einem Schuldspruch droht ihm ein Strafmaß von bis zu 15 Jahren, wobei Stephan B. ohnehin bereits eine lebenslange Haft verbüßt: Am 9. Oktober 2019, dem höchsten jüdischen Feiertag, hatte der damals 28-Jährige in die Synagoge Halle/Saale eindringen und möglichst viele Menschen jüdischen Glaubens töten wollen. Die verriegelte Tür hielt seinem Beschuss jedoch stand. Stephan B. erschoss dann kaltblütig eine 40-jährige Passantin und kurz darauf einen 20-jährigen Lehrling. Auf seiner Flucht verletzte er weitere Menschen, ehe er gefasst wurde.

Das Naumburger Landgericht verurteilte ihn kurz vor Weihnachten 2020 unter anderem wegen zweifachen Mordes und vielfachen Mordversuchs zur Höchststrafe. Es stellte die besondere Schwere der Schuld fest und ordnete Sicherungsverwahrung für den geständigen Täter an, der im Prozess keinerlei Bedauern gezeigt hatte. Auch jetzt gilt der inzwischen 32-Jährige in Haft als reuelos, unberechenbar und extremes Sicherheitsrisiko. Das Gericht hat vorerst acht Verhandlungstermine bis 29. Februar angesetzt.

Worüber die LZ heute berichtet hat:

Flughafen Leipzig/Halle: Die Linke beantragt die Schaffung eines länderübergreifenden Dialogforums

Eine kaputte Solidargemeinschaft: Armutsrenten sind auch in Sachsen systembedingt

Noch einmal in den Jugendreport geschaut: Warum junge Menschen keine Kinder mehr haben wollen

Was sonst noch wichtig war:

Im Helios-Parkklinikum Probstheida kam es zu einem Brand, es mussten zahlreiche Patienten evakuiert werden. Niemand wurde verletzt und das Feuer zum Glück schnell gelöscht.

Der frühere CDU-Fraktionschef des Stadtrats, Frank Tornau, verlässt die Leipziger Kommunalpolitik.

Deutschlands Bevölkerung ist auch 2023 durch Zuwanderung deutlich gewachsen.

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