Der geplante Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle sorgt weiter für große Diskussionen – das zeigen nicht nur tausende Einwendungen betroffener Bürgerinnen und Bürger sowie zahlreicher Kommunen, die sich an die Landesdirektion gewandt haben, sondern auch das Engagement von Bürgerinitiativen für besseren Lärmschutz. Weshalb der Leipziger Landtagsabgeordnete Marco Böhme (Die Linke) jetzt ebenfalls ein Aussetzen des Planfeststellungsverfahrens fordert.

Zur Kritik der Bürgerinitiativen gehört auch, dass der Flughafen seine betriebswirtschaftliche Performance immer wieder beschönigt, obwohl er Jahr für Jahr zweistellige Millionen-Minusbeträge verbucht, weil Start- und Landeentgelte ein positives Ergebnis unmöglich machen.

„Zur Kommunikationsstrategie des Flughafenmanagements zählt auch die Manipulation von Performancemaßen, die eigentlich HGB-konform darzustellen sind. So werden für die Flughafen Leipzig/Halle GmbH (FLH) und für den Flughafenkonzern auch mutmaßlich positive Betriebsergebnisse gemeldet. Das tatsächliche Betriebsergebnis (EBIT) der FLH GmbH beträgt im Jahr 2022 jedoch -16.037.217,31 Mio. € und das des Konzerns -29.301.908,29 €“, stellt Matthias Zimmermann, Pressesprecher der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ fest.

Und er wird noch deutlicher: „Die sächsischen Flughäfen werden immer einen sehr großen Hunger nach Subventionsgeldern haben, denn sie werden niemals eigenständig Gewinne erwirtschaften. Insbesondere der Ausbau des Leipziger Flughafens wird weitere Infrastruktur schaffen, die zukünftig massiv zur Ergebnisbelastung beitragen wird.

Des Weiteren werden neue Kredite Zinsaufwendungen verursachen, die alle zukünftigen Jahresergebnisse zusätzlich noch weiter ins Negative katapultieren werden.“ Alles Gründe, das Planfeststellungsverfahren genau an dieser Stelle auch aus simplen betriebswirtschaftlichen Gründen abzubrechen.

Dialog auf Augenhöhe

Marco Böhme sieht eine mögliche Lösung darin, ein Forum zu schaffen, bei dem alle Seiten vertrauensbildend, gleichberechtigt und transparent kommunizieren können. Und so schlägt die Linksfraktion ein öffentliches Dialogforum nach dem Leipziger Vorbild vor (Drucksache 7/15501). Dieses soll gemeinsam mit dem Bundesland Sachsen-Anhalt eingerichtet werden, die Gespräche konstruktiv moderieren und ein gut erreichbares Büro unterhalten, an das sich Betroffene wenden können.

Außerdem soll es die Entwicklung des Fluglärms und weiterer Schäden für Gesundheit und Umwelt selbstständig analysieren und Handlungsempfehlungen geben.

Bis das Beteiligungs- und Dialogforum einen vertrauensbildenden Mediationsprozess zwischen den verschiedenen Interessengruppen organisiert hat, soll das Planfeststellungsverfahren für das Vorhaben „Ausbau des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle, Start- und Landebahn Süd mit Vorfeld – 15. Planänderung“ ausgesetzt werden, fordert Böhme als mobilitätspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag.

Es geht um Zusammensetzung und Befugnisse

„Seit vielen Jahren wehren sich Bürgerinitiativen gegen den zunehmenden Lärm am Flughafen Leipzig/Halle. Jetzt sollen die Flugkapazitäten nochmals erweitert werden – von 79.000 Starts und Landungen im Jahr 2018 auf voraussichtlich 118.000 im Jahr 2032, vor allem in der Nacht. Das wirkt sich tiefgreifend auf die Gesundheit der Bevölkerung, die Umwelt und das Klima aus“, sagt Böhme.

„Vermittelnde Gremien wie das Dialogforum Flughafen Leipzig/Halle der Stadt Leipzig oder die Kommission zum Schutz gegen Fluglärm und gegen Luftverunreinigung durch Luftfahrzeuge für den Flughafen Leipzig/Halle stehen aufgrund ihrer Zusammensetzung und ihrer unzureichenden Befugnisse insbesondere von Seiten der Bürgerinitiativen in der Kritik.“

Aus dem Leipziger Dialogforum sind zum Beispiel auch die Bürgerinitiativen, die seit Jahren gegen den Fluglärm am Flughafen Leipzig/Halle kämpfen, ausgetreten. Aus guten Gründen, wie auch Böhme feststellt, auch wenn die Linksfraktion ihre Mitgliedschaft im Dialogforum nicht aufgekündigt hat.

„Es wird angezweifelt, dass diese Gremien einen ehrlichen Interessenausgleich zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Flughafenbetreibers und der ansässigen Unternehmen auf der einen und den Umwelt- und Gesundheitsinteressen der Bevölkerung sowie von Umweltgruppen auf der anderen Seite herstellen“, stellt Böhme fest. „Diese Gremien arbeiten weder länderübergreifend noch sind sie unabhängig.“

Weshalb die Linksfraktion im Landtag eben ein Forum vorschlage, das diese Lücken füllt und den Anwohnerinnen und Anwohnern auf Augenhöhe begegnet.

„Interessant sind dabei die Erfahrungen des Flughafens Frankfurt (Main)“, sagt Böhme. „Dort war das Ausbauvorhaben im Jahr 2000 mit einem Mediationsverfahren verbunden. Ergebnis: Ausbau ja, aber gleichzeitig Einführung eines Nachtflugverbots.“

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