Jährlich am 21. März feiern Bach-Liebhaber weltweit den Geburtstag des Komponisten mit Konzerten, wissenschaftlichen Vorträgen und Flashmobs. Aufgrund der COVID-19-Pandemie müssen in dieser Saison alle Feierlichkeiten im öffentlichen Raum entfallen. Das Bach-Archiv Leipzig lädt dennoch zu einem Spaziergang durch Bachs Leipzig: Eine neue Anwendung auf jsbach.de macht ab sofort die Dienstwege des Komponisten mittels 3-D-Anwendung erlebbar.

Wer sich zu Leben und Werk Johann Sebastian Bachs zuverlässig informieren will, nutzt neben Büchern oder Lexika zunehmend das Internet. Um Interessierten in den unendlichen Weiten digitaler Welten eine zuverlässige Anlaufstelle zu bieten, startete das Bach-Archiv Leipzig 2017 mit dem Aufbau der interaktiven Plattform jsbach.de, deren Koordination und redaktionelle Arbeit im Forschungsinstitut der Stiftung angesiedelt sind.

Die Seite informiert mittels historischer Quellen und audiovisueller Medien kurzweilig und crossmedial auf der Basis der aktuellen Bach-Forschung: ein digitaler Reiseführer, der in deutscher und englischer Sprache den Einstieg in Bachs Welt auf verschiedenen Wissensebenen ermöglicht. Der Aufbau der Seite erfolgt ausschließlich auf der Basis von Drittmitteln und privaten Spenden.

Wie erlebte Johann Sebastian Bach anno 1723 die Stadt Leipzig? In welchen Gebäuden verkehrte er und welche Wege nahm er zu seinen Wirkungsstätten? 2019 kam mit dem Orte-Modul ein Baustein hinzu, der diese Fragen beantwortet. Über eine Navigationsleiste lassen sich Informationen zu Gebäuden, in denen Bach dienstlich verkehrte, ebenso wie Informationen zu seinem privaten Umfeld abrufen. Verbindungen zwischen den Orten, Gebäuden und Personen laden zum virtuellen Stöbern ein.

Anlässlich des 335. Bach-Geburtstages geht am 21. März 2020 eine Erweiterung des Orte-Moduls online, die User ab sofort auf Bachs täglichen Arbeitsweg mitnimmt. Die Voraussetzung für diese Anwendung liefert ein großer Schatz, den das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig im Alten Rathaus verwahrt: Ein 1822 von dem Leipziger Tapezierer und Möbeltischler Johann Christoph Merzdorf vollendetes 3-D-Stadtmodell Leipzigs. Dieses zeigt die Stadt Leipzig mit ihren Vorstädten weitestgehend in jener Form, wie sie Johann Sebastian Bach in seinen 27 Leipziger Jahren erlebte.

In Zusammenarbeit mit dem Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig haben die Berliner Medienagentur KplusH und das Bach-Archiv den Weg des Thomaskantors von seiner Wohnung zur Nikolaikirche rekonstruiert.

Dr. Anselm Hartinger, Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig: „Das Stadtmodell von Johann Christian Merzdorf (1823) gehört zu den großen Schätzen unseres Museums. Es ist nicht nur eine Quelle zum Abbild und Funktionieren des Alten Leipzig, sondern vermittelt auch detaillierte Einblicke in das tägliche Erleben der Stadt durch die Bewohner vergangener Jahrhunderte.

Johann Sebastian Bach jetzt virtuell auf seinen Wegen durch Leipzig begleiten zu können, ist eine große Bereicherung des stadthistorischen Vermittlungsangebotes, die wir sehr gern unterstützt haben und die wir künftig auch als Medienstation im Alten Rathaus selbst anbieten wollen. So vernetzen sich klassische und moderne Medien – im Interesse der Nutzer weltweit und ebenso der Besucher vor Ort.“

Die Bach-Orte Nikolaikirche und Paulinerkirche im vortuellen Rundgang. Foto: Screenshot www.jsbach.de/Bach-Archiv Leipzig
Die Bach-Orte Nikolaikirche und Paulinerkirche im virtuellen Rundgang. Foto: Screenshot www.jsbach.de/Bach-Archiv Leipzig

Mithilfe einer Minikamera entstanden 360°-Aufnahmen als Basis für das Navigieren im Modell am heimischen Bildschirm. Zu Gebäuden, die für Bachs Wirken von Bedeutung sind, können über Schaltflächen zusätzliche Informationen abgerufen werden und sukzessive werden historischen Aufnahmen und Stadtansichten ergänzt.

Prof. Dr. Michael Maul, Leiter des Forschungsreferats I und Initiator des spendenfinanzierten Projekts jsbach.de: „Wir wollten in unserem Modul der Bach-Orte mehr liefern als nur eine Ansicht der wenigen historischen Kupferstiche. Mein Traum war den Eindruck von Bachs ,Street-View‘ einzufangen, und dazu liefert das Stadtmodell im Rathaus – das im Wesentlichen noch die Situation der Bach-Zeit widerspiegelt – den Schlüssel.

Ich bin dem Stadtgeschichtlichen Museum, meinem Kollegen Dr. Markus Zepf, der Medienagentur KplusH und unseren Förderern sehr dankbar, dass wir dieses Pilotprojekt in Sachen 3D-Rundgang durch das alte Leipzig durchführen konnten. Ich bin mir sicher, dass jeder Leipziger einige Aha-Effekte erleben wird, wenn er sich da mal durchklickt. Manches erkennt man sofort wieder. In anderen Fällen staunt man einfach nur, wie eng Leipzig einst bebaut war – und wie schön!“

Das Projekt jsbach.de ermöglicht dem Nutzer, auf einem Zeitstrahl im Kalendarium durch Bachs Leben zu gleiten, in die Tiefen der einzelnen Jahre, Monate und Wochen zwischen 1685 und 1750 zu zoomen und die originalen Bach-Dokumente wie Anstellungsgesuche, Briefe, Memoriale oder Orgelgutachten im Volltext zu lesen.

Weitere Ebenen des Zeitstrahls informieren parallel über die weltgeschichtlichen und musikalischen Ereignisse der Bach-Zeit. Nachdem diese Informationen bisher nur auf Deutsch und Englisch verfügbar waren, wird am 21. März 2020 nun auch eine französische Sprachfassung des chronologischen Kalendariums freigeschaltet. Hörproben stellt darüber hinaus die J. S. Bach-Stiftung St. Gallen bereit, in Form von Videos ihrer derzeit laufenden Gesamteinspielung der Bachschen Kantaten.

Das Bach-Archiv Leipzig versteht sich als musikalisches Kompetenzzentrum am Hauptwirkungsort Johann Sebastian Bachs. Sein Zweck ist, Leben, Werk und Wirkungsgeschichte des Komponisten und der weitverzweigten Musikerfamilie Bach zu erforschen, sein Erbe zu bewahren und als Bildungsgut zu vermitteln. Präsident des Bach-Archivs Leipzig ist der niederländische Dirigent, Organist und Bach-Spezialist Ton Koopman.

KLINGER 2020: Eine kleine virtuelle Reise durch die große Max-Klinger-Ausstellung im Bildermuseum

KLINGER 2020: Eine kleine virtuelle Reise durch die große Max-Klinger-Ausstellung im Bildermuseum

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Natürlich werden auch die L-IZ.de und die LEIPZIGER ZEITUNG in den kommenden Tagen und Wochen von den anstehenden Entwicklungen nicht unberührt bleiben. Ausfälle wegen Erkrankungen, Werbekunden, die keine Anzeigen mehr schalten, allgemeine Unsicherheiten bis hin zu Steuerlasten bei zurückgehenden Einnahmen sind auch bei unseren Zeitungen L-IZ.de und LZ zu befürchten.

Doch Aufgeben oder Bangemachen gilt nicht 😉 Selbstverständlich werden wir weiter für Sie berichten. Und wir haben bereits vor Tagen unser gesamtes Archiv für alle Leser geöffnet – es gibt also derzeit auch für Nichtabonnenten unter anderem alle Artikel der LEIPZIGER ZEITUNG aus den letzten Jahren zusätzlich auf L-IZ.de ganz ohne Paywall zu entdecken.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere selbstverständlich weitergehende Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar