2016 brachte er zwei Frauen in Leipzig um und zerteilte ihre Leichen. Dafür wurde er zu lebenslanger Haft mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt. Nach einer erfolgreichen Revision der Verteidigung und einem neuen Prozess bestätigte das Landgericht 2019 die Strafe - doch die Entscheidung wurde wiederum gekippt. Am kommenden Freitag steht der heute 41-jährige Dovchin D. deswegen vor dem Richter. Zum dritten Mal.

Es war eines der erschreckendsten Verbrechen in der jüngeren Leipziger Kriminalgeschichte. Im April 2016 erwürgte Dovchin D. in seiner Wohnung auf der Demmeringstraße die damals 43 Jahre alte Portugiesin Maria D.. Etwas mehr als ein halbes Jahr später traf es die 40-jährige Anja B. aus Leipzig-Grünau.

Dovchin D. zerteilte die Leichen, warf die Überreste seines ersten Opfers von der Landauer Brücke in die Elster, wo sie wenig später gefunden wurden. Die Körperteile der zweiten Frau legte Dovchin D. in den Hausmüll, den Keller seines Wohnhauses und ein nahes Abbruchgebäude.

Das Gericht bescheinigte ihm später eine vollkommene Geringschätzung menschlichen Lebens und eine schockierende Würdeverletzung noch über den Tod hinaus.

Warum mussten zwei Frauen sterben?

Als die Ermittler Dovchin D. im Zuge der Suche nach der vermissten Anja B. ins Visier nahmen, brach seine Fassade rasch zusammen. Er führte die Polizei zu den Leichenteilen von Anja B. und gestand überraschend auch den ersten Mord an der Portugiesin. Beide Frauen waren offenbar Zufallsbekanntschaften, die er mit zu sich nach Hause genommen hatte. Warum sie sterben mussten, ist bis heute nicht restlos aufgeklärt.

Nach Angaben von Dovchin D., der aus der Mongolei stammt und seit 1999 in Deutschland lebt, habe die 43-jährige Portugiesin ihn nach einer gemeinsamen Nacht mit Vergewaltigungsvorwürfen erpresst und unter Druck gesetzt. Anja B. hingegen habe von sich aus den Wunsch geäußert, nicht länger leben zu wollen.

Im Frühjahr 2018 erhielt Dovchin D. eine lebenslange Haftstrafe wegen zweifachen Mordes. Zudem wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt, was eine Freilassung nach 15 Jahren faktisch blockiert. Sein Verteidiger Dr. Stefan Wirth ging in Revision. Der Bundesgerichtshof sah den Vorwurf des Mordes zumindest im zweiten Fall nicht erwiesen und ordnete einen neuen Prozess am Leipziger Landgericht an.

Dieser endete im März 2019 erneut mit lebenslang und besonderer Schwere der Schuld: Zwar bliebe unklar, warum Dovchin D. Anja B. erwürgt hatte, musste die Staatsanwaltschaft einräumen, die ursprünglich von sexueller Zurückweisung als Tatmotiv ausgegangen war. Dovchin D. erhielt hierfür zehn Jahre Haft wegen Totschlags – das Gesamtstrafmaß blieb wegen der ersten Tat aber unverändert.

Pornofilm nach Verbrechen wirkt nicht strafverschärfend

Aber auch das hat nun keinen Bestand mehr: Nach einer weiteren Revision der Verteidigung hob der Bundesgerichtshof im August 2019 das zweite Urteil wiederum auf. Während das Verbrechen an der Portugiesin richtigerweise als Mord zu sehen und mit lebenslanger Haft zu ahnden sei, könne das Strafmaß im zweiten Fall keinen Bestand haben.

Die Kammer in Leipzig habe verschärfend gewertet, dass Dovchin D. nach der Tötung seines zweiten Opfers ohne Erschütterung seinen Alltag lebte. So ging der Mechaniker ganz normal weiter zur Arbeit und zum Angeln, traf Bekannte, ohne sich etwas anmerken zu lassen, während die Leiche von Anja B. zunächst wochenlang in seiner Wohnung lag.

Fehlende Erschütterung aber ließe keinen Rückschluss auf die innere Einstellung des Täters zu, so der Bundesgerichtshof. Das gelte selbst für den Pornofilm, den er sich nach dem grausigen Verbrechen ansah: „Denn auch darin liegt keine Abwertung des Opfers oder eine augenfällige Bagatellisierung der Tat in böser Gesinnung. Gewiss: Ein solches Nachtatverhalten wirkt moralisch abstoßend; von Rechts wegen ist es indessen kein belastbarer Strafschärfungsfaktor”, so der Revisionsbeschluss vom 14. August 2019.

„Er möchte einen Schlussstrich ziehen”

Am 6. November 2020 soll sich Dovchin D. deswegen zum dritten Mal am Landgericht verantworten. Es wird ein kurzer Prozess ohne Zeugen, bei dem es nur um die zweite Tat und das zulässige Strafmaß hierfür gehen wird. Die Hoffnung des Angeklagten, der Vater eines heute 6 Jahre alten Mädchens ist, formuliert sein Verteidiger Dr. Stefan Wirth am Freitag auf L-IZ-Nachfrage: „Wir kämpfen darum, dass die besondere Schwere der Schuld fällt.”

Dann könnte Dovchin D. das Gefängnis möglicherweise nach 15 Jahren verlassen – auf Bewährung. Andernfalls müsste er mit einer deutlich längeren Zeit im Strafvollzug rechnen, die je nach Einzelfall 18, 20 oder noch mehr Jahre dauern kann. Derzeit ist Dovchin D. in der JVA Waldheim inhaftiert.

Dr. Wirth: „Er möchte auch einen Schlussstrich ziehen und ist froh, wenn die Verhandlung vorbei ist.”

Update 6. November: Wegen der Erkrankung eines Richters fiel die angesetzte Verhandlung am Freitag kurzfristig aus. Ein neuer Termin steht noch nicht fest.

Frauenmörder von Lindenau wird nicht vorzeitig freikommen

Frauenmörder von Lindenau wird nicht vorzeitig freikommen

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten unter anderem alle Artikel der LEIPZIGER ZEITUNG aus den letzten Jahren zusätzlich auf L-IZ.de über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall zu entdecken.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar