Ein außerordentlich schockierender Fall von schwerem Kindesmissbrauch ging am Landgericht mit einem Schuldspruch zu Ende. Eine Mutter, die ihr eigenes Mädchen einem einschlägig vorbestraften Bekannten zum Missbrauch überlassen und sich selbst daran beteiligt haben soll, kommt drei Jahre in Haft. Ihrem mutmaßlichen Komplizen stehen über sieben Jahre und zusätzlich die Sicherungsverwahrung bevor.

Jacqueline Z. (49) und Daniel M. (33) sind des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes und Schutzbefohlenen schuldig gesprochen. Die 3. Strafkammer am Leipziger Landgericht verurteilte die Frau vergangenen Freitag zu drei Jahren Gefängnis, ihr Mitangeklagter erhielt sieben Jahre und zwei Monate Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.

Das Gericht unter dem Vorsitzenden Bernd Gicklhorn sah es nach mehreren Verhandlungstagen als erwiesen an, dass Jacqueline Z. bewusst den Missbrauch ihrer 2014 geborenen Tochter durch Daniel M. zuließ, ihn darin noch bestärkte, indem sie dem Kind befahl, die brutalen Übergriffe hinzunehmen.

„Mit Rat und Tat sexuell aufgeklärt“

Laut Staatsanwalt Christoph Kruczynski begann das Martyrium für das damals erst 3-jährige Mädchen im Herbst 2017 und dauerte bis Anfang 2020 an. In dieser Zeit sei das Kind mindestens sechsmal anal und vaginal penetriert worden, habe unvorstellbare Qualen erleiden müssen. In drei Fällen soll sich die Mutter in der Grünauer Wohnung selbst an der Tochter vergangen und pornographische Bilder an ihren Freund verschickt haben.

Der habe zudem per Internet Kontakt zu einer weiteren Frau gesucht, um sie mit den Worten „Dann hast du etwas erreicht, worauf du stolz sein kannst“ zum Missbrauch ihres Sohnes zu animieren und später mit ihr eine Familie zu gründen. Der Nachwuchs müsse „mit Rat und Tat sexuell aufgeklärt“ werden, habe M. gegenüber der bis heute unbekannten Chat-Partnerin geäußert.

Angeklagter bestritt Missbrauch

Jacqueline Z. hatte den deutlich jüngeren Mann, der einer Beziehung ihres Ex-Partners zu einer anderen Frau entstammt, Anfang 2012 kennengelernt. Damals saß Daniel M. vier Jahre Haft wegen sexuellen Missbrauchs ab, nachdem er sich im Alter von 23 Jahren mit einer 13-Jähigen eingelassen hatte.

Unter Tränen hatte der Kraftfahrer im Prozess sein damaliges Verhalten als Fehler bezeichnet, jeglichen Missbrauch der Tochter von Jacqueline Z. jedoch bestritten. Nach seiner Haftentlassung 2015 habe er ein sexuelles Verhältnis mit der älteren Frau begonnen, dieses jedoch gegen ihren Willen wieder beendet. Danach seien die Streitigkeiten eskaliert.

Daniel M. (33), hier mit Strafverteidigerin Nadine Lippold, erwarten mehr als sieben Jahre Haft und Sicherungsverwahrung. Foto: Lucas Böhme
Daniel M. (33), hier mit Strafverteidigerin Nadine Lippold, erwarten mehr als sieben Jahre Haft und Sicherungsverwahrung. Foto: Lucas Böhme

Intelligenzgemindert, aber schuldfähig

Dem stand allerdings die Aussage von Jacqueline Z. vor Gericht gegenüber. Bereits nachdem die Behörden im Januar 2020 auf den Fall aufmerksam wurden und das heute 6-jährige Kind in Obhut nahmen, hatte die Arbeitslose die schweren Vorwürfe eingeräumt und damit auch ihren Geliebten belastet.

Die 49-Jährige, die nur wenige Male Gelegenheitsjobs als Reinigungskraft hatte und seit 1992 von Sozialleistungen lebt, gilt laut einem Gutachten als intelligenzgemindert, sei in Wortschatz und Urteilsvermögen eingeschränkt und habe Daniel M. unkritisch gegenübergestanden. Nach eigener Aussage wurde sie selbst mit etwa 14 Jahren vom Stiefvater vergewaltigt, die Mutter habe ihr damals nicht geglaubt.

Anzeichen für eine psychische Erkrankung oder abnorme Neigungen hatte der Gutachter bei ihr allerdings nicht erkannt, Jacqueline Z. sei fähig zur Empathie und habe das Unrecht der vorgeworfenen Taten erkennen können. Daher sei keine verminderte Schuldfähigkeit anzunehmen.

Plädoyers unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Die Plädoyers fanden zum Schutz intimer Details des Opfers unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Mit ihrem Strafmaß folgte die Kammer weitgehend dem Willen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Die Verteidigung wollte dagegen auf Bewährungsstrafen hinaus.

Für Daniel M. bedeutet die zusätzliche Sicherungsverwahrung, dass er auch nach Ablauf der regulären Haftzeit nicht freikommen wird und seine angenommene Gefährlichkeit in regelmäßigen Abständen überprüft werden muss.

Gegen das Urteil kann noch Revision eingelegt werden.

Eine ausführliche Reportage zu diesem Gerichtsfall lesen Sie in der kommenden LEIPZIGER ZEITUNG, ab 18. Dezember 2020 im Handel.

Unfassbarer Fall am Landgericht: Überließ Mutter ihre Tochter einem Vorbestraften zum Missbrauch?

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