Dieser Kriminalfall sorgte über Leipzig hinaus für Erschütterung: Am 31. August 2017 war eine 69-jährige Joggerin auf ihrer morgendlichen Laufrunde im Rosental überfallen, vergewaltigt und schwer verletzt worden. Erst 2025 wurde mit Marcus L. ein mutmaßlicher Serientäter gefasst, der auch weitere Übergriffe verantwortlich sein soll. Am Donnerstag begann am Landgericht der Prozess gegen den 33-jährigen Leipziger.

Marcus L., ein gepflegt wirkender junger Mann mit akkuratem Haarschnitt, sitzt seit Mai 2025 in Untersuchungshaft. Vor dem Leipziger Landgericht angeklagt ist der 33-Jährige unter anderem wegen sexueller Nötigung in drei Fällen, besonders schwerer sexueller Nötigung, gefährlicher Körperverletzung und besonders schwerer Vergewaltigung.

Überfall auf Joggerin sorgte für einen Schock

Die Ermittler machen den 33-Jährigen neben weiteren Taten für eines der brutalsten und aufsehenerregendsten Sexualverbrechen der jüngeren Kriminalgeschichte verantwortlich: Es war am 31. August 2017, einem Donnerstagmorgen nach 09:00 Uhr, als Marcus L. im Bereich der Hundewiese des Rosentals eine damals 69 Jahre alte Joggerin, kurz nachdem sie ihn überholt hatte, von hinten gepackt, durch Schläge ins Gesicht misshandelt und schließlich vergewaltigt haben soll.

Wiese im Rosental. Foto: Lucas Böhme
Hier in der Nähe schlug der Täter zu: Wiese im Leipziger Rosental, Herbst 2025. Foto: Lucas Böhme

Nach der Tat ließ er die sportliche Rentnerin, so die Anklage, einfach hilflos und blutend zurück, ihr Zustand war potenziell lebensbedrohlich und sie wurde in einer Klinik notoperiert. Das brutale Sexualverbrechen fütterte über Leipzig hinaus die Schlagzeilen, schürte Entsetzen und Unsicherheit – zumal die Polizei in der Befürchtung vor einem umherziehenden Serientäter offiziell riet, nicht mehr allein joggen zu gehen.

Die Streifenpatrouillen im Rosental wurden hernach verstärkt. Doch auf der Suche nach dem Phantom tappten die Ermittler trotz fieberhafter Fahndungsarbeit jahrelang im Dunkeln.

Festnahme nach versuchtem Einbruch: DNA-Abgleich brachte mehrere Treffer

Erst 2025 der Wendepunkt: Nach einem nächtlichen Baumarkt-Einbruch und der versuchten Entwendung von Grillzubehör im Februar konnte Marcus L. gestellt werden. Der routinemäßige Abgleich seiner DNA erbrachte zur Überraschung der Kripobeamten Treffer mit Spurenmaterial mehrerer unaufgeklärter Altfälle, darunter die Vergewaltigung im Rosental vom 31. August 2017.

Doch schon zuvor wurde Marcus L. laut Anklage auffällig: Am 20. April 2016 soll er eine nackt badende Frau (damals 37) am Nordstrand des Cospudener Sees gepackt und intim berührt haben. Fast ein Jahr später, am 1. März 2017 gegen 21:45 Uhr, habe Marcus L. eine andere Geschädigte (damals 59) auf ihrem Heimweg in der Bernburger Straße verfolgt, durch Faustschläge zu Boden gestreckt, teilweise entkleidet und wiederum im Intimbereich angefasst. Erst als Zeugen aufmerksam wurden, flüchtete der Täter.

Zudem ordnen die Ermittler Marcus L. zwei weitere Vorfälle im Rosental zu, bei denen der damals 25-Jährige am 14. August 2017 zwei weitere Frauen (43 und 84), darunter eine Joggerin, am bedeckten Intimbereich angefasst habe. Ein Opfer wurde zuvor brutal zu Boden gerissen. Zwei betroffene Frauen, darunter das Vergewaltigungsopfer aus dem Rosental, haben sich dem Prozess als Nebenklägerinnen angeschlossen.

Gegenstand der Anklage sind dazu Fälle von Sachbeschädigung und Diebstahl.

Verteidigung überrascht mit Antrag auf Freilassung, Angeklagter kündigt spätere Aussage an

Zum Auftakt des Verfahrens wurde am Donnerstag durch Staatsanwalt Christoph Kruczynski zunächst nur die Anklageschrift verlesen. Verteidiger Martin Radowsky überraschte dann mit einem Antrag auf Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen seinen Mandanten. Als ein Grund wurde die schwere Erkrankung von dessen Vater genannt, überdies habe Marcus L. in der JVA, wo er aktuell untergebracht ist, einen schweren Stand, weil sich herumgesprochen habe, was dem 33-Jährigen zur Last gelegt wird.

Marcus L. und Anwalt. Foto: Lucas Böhme
Der Verdächtige Marcus L. (33, r.) mit seinem Verteidiger Martin Radowsky im Gerichtssaal. Foto: Lucas Böhme

Die 6. Strafkammer unter der Vorsitzenden Richterin Katrin Seidel wird nun über den Antrag zu entscheiden haben. Zu den schweren Vorwürfen der Staatsanwaltschaft kündigte die Verteidigung ein, dass sich Marcus L. im Lauf des Verfahrens äußern wolle. Auch ein zumindest teilweiser Ausschluss der Öffentlichkeit vom Prozess steht im Raum, um die Privatsphäre der Opfer zu schützen.

Die Verhandlung wird am 13. November fortgesetzt. Weitere Termine wurden nach aktuellem Stand bis 17. Dezember geplant.

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