Glaubt man den großen Online-Medienmagazinen, dürfte RTL2 mit seiner Reality-Soap „Leben.Lieben.Leipzig“ bislang nicht zufrieden sein – zumindest in Bezug auf die Quoten, diese liegen nach Medienberichten nicht weit oberhalb von 500.000 Zuschauern. Nun gibt es weiteren Ärger: Das antifaschistische „Ladenschlussbündnis“ wirft den Machern vor, bei der Auswahl von Darstellern und Drehorten angeblich bestehende Verbindungen zur Neonaziszene übersehen beziehungsweise ignoriert zu haben. Der Sender weist die Vorwürfe zurück.

Die Vorwürfe beziehen sich konkret auf einen Nebendarsteller und die Tabledance-Bar „Metropolis” im Stadtzentrum. Bei dem Schauspieler Norman Jendrejczyk, der in der Reality-Soap den Schuldeneintreiber Ronny spielt, handelt es sich um einen Kampfsportler. 2016 hat er an einer Veranstaltung des „Imperium Fight Teams“ teilgenommen. In diesem kämpfen laut „Ladenschlussbündnis“ auch Neonazis: „Drei Teammitglieder waren an dem Angriff auf Leipzig-Connewitz am 11. Januar 2016 beteiligt. Auch im gewaltbereiten rechten Mob Ende August 2018 in Chemnitz waren Mitglieder dieses Fight-Teams präsent.“

Im April 2015 sollte ursprünglich eine Veranstaltung des „Imperium Fight Teams“ in der Ernst-Grube-Halle der Universität Leipzig stattfinden. Die Hochschule kündigte jedoch den Vertrag. Man habe nicht gewusst, wer genau dort kämpfen sollte, hieß es zur Begründung.

Vor einigen Monaten bekam es die Hochschule erneut mit den Kampfsportlern zu tun. Diese hatten mehrmals auf dem Sportcampus trainiert und Fotos davon im Internet veröffentlicht. Die Universität erklärte daraufhin, dass das Team nicht willkommen sei.

Weder links noch rechts

„Dass ein Freefighter mit Verbindungen ins neonazistische Milieu in einer Doku-Soap einen Darsteller mimt, ist nicht hinnehmbar“, sagt Theresa Grün, Sprecherin des „Ladenschlussbündnisses“. „Damit beteiligen sich die Produktionsfirma und der Sender RTL2 aktiv an der Normalisierung neonazistischer Umtriebe.“

Jendrejczek kam bereits in der vergangenen Woche in der „Mitteldeutschen Zeitung“ zu Wort. Er sei weder links noch rechts und nie Mitglied in dem Kampfsportteam gewesen. Darauf antwortet Grün: „Wer wissentlich für ein mit der Neonaziszene verbandeltes Freefightteam kämpft, ist nicht unpolitisch, sondern stellt sich eindeutig in den Dienst von rassistischen, nationalistischen Ideologien.“

Ebenfalls im Fokus des Antifa-Bündnisses steht die Nachtbar „Metropolis” in der Großen Fleischergasse, die zu den Sponsoren der Kampfveranstaltungen zählte. Zudem versammelten sich dort am 7. November 2016 zahlreiche Legida-Sympathisanten. Einige von ihnen filmten vom Dach aus eine Gegendemonstration, andere riefen: „Wir haben Euch was mitgebracht, Hass, Hass, Hass.” und „Wir kriegen Euch alle”.

Das „Ladenschlussbündnis“ fordert von RTL2 eine Distanzierung von Darsteller und Location. Der Sender soll eine weitere Zusammenarbeit ausschließen.

Die Szene, als die NoLegida-Demo am 7. 11. 2016 am Metropolis vorüberläuft. Video: L-IZ.de

RTL2 thematisiert Rassismus

Ein Sprecher von RTL2 sagte auf Anfrage der L-IZ, dass man die Vorwürfe entschieden zurückweise: „Wir stehen für Vielfalt und Toleranz. Extremistische Anschauungen und Handlungen, egal welcher Motivation, sind zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise akzeptabel.“ Dies gelte für „beide Seiten des politischen Spektrums“. In die mit „Leben.Lieben.Leipzig“ verwandten Sendung „Köln 50667“ habe man beispielsweise über mehrere Wochen einen Themenschwerpunkt zu Rassismus integriert.

„Grundsätzlich verpflichten wir ausführende Produktionsfirmen zu größtmöglicher Sorgfalt, sowohl in der Vorbereitung und Recherche als auch bei der Ausführung der Produktion am Drehort“, erklärte der Sendersprecher weiter. „Seitens des Produzenten wurde uns versichert, man habe bei der Produktion zu keinem Zeitpunkt Auffälligkeiten wahrgenommen, weder die Bar noch den Nebendarsteller betreffend.“

Man werde den Sachverhalt aber nochmals prüfen.

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