Natürlich ist es kein „Film“ – aber ein knapp 20-minütiges Video vom „Radnacht“-Auftakt des bundesweiten Wettbewerbes namens „Stadtradeln“ 2020 in Leipzig. Mit Teilnehmern, skurrilen Fahrzeugen und fröhlichen Radlerinnenmassen; aus der eigenen Rad-Perspektive der L-IZ.de, die mitgefahren ist, vom Clarapark über den östlichen Innenstadtring, via Harkort- und Wundtstraße in den Süden hinaus auf die B2 und über die Karli wieder zurück zum Springbrunnen im Clara-Zetkin-Park. Denn, so eine Frage auf Twitter angesichts des lahmgelegten Stadtverkehrs, was das soll: das Stadtradeln ergibt einen Sinn. Es geht im Kern um nicht weniger als die Verkehrswende über den ÖPNV hinaus, weg vom Pkw hin zum Rad in den Städten.

Und dafür ist es ein echtes Erlebnis, mit mehreren tausend Menschen mal gemeinsam zum Beispiel eine Harkortstraße als „dominantes Verkehrsmittel“ entlangzufahren, statt sich wie so oft auf den Fußweg abgedrängt zu fühlen. Oder gar eine ausgebaute Auto-Infrastruktur auf einer stadtnahen Fernverkehrsstraße, wie der B2, zu genießen. Es rollt einfach gut, so gut, dass es sich hier sogar um das schönste Stück der gemeinsamen rund 10-15 Kilometer am 4. September 2020 gehandelt haben dürfte.

Zumindest war hier der Jubel über so viel Platz und glatten Asphalt groß.

Natürlich geht es bei dem Städtewettbewerb „Stadtradeln“ nicht nur darum, wer ab dem 04. September 2020 die meisten Kilometer via App oder per Eintragung unter Stadtradeln.de einbringt (obwohl hier Leipzig wohl 2020 versuchen wird, Berlin den 1. Platz von 2019 streitig zu machen), sondern auch um eine neue, klimaneutrale Mobilität auf vielen Wegen, die gerade innerstädtisch häufig zur Arbeit und zurück führen. Wege, die oft genug falsch geplant, verbaut, rumpelig und teils sogar gefährlich sind.

Nicht grundlos betonte Nico Singer für die mitveranstaltenden Ökolöwen noch vor dem Start auf der Bühne (siehe Video), dass es um eine neue Infrastruktur weg vom autozentrierten Denken, bessere Radwege und vor allem eine echte Verkehrswende für die Mobilität der Zukunft ohne CO2-Ausstoß in Leipzig geht. Und dabei geht es um nicht weniger, als mehr Platz auf den Straßen für jene, die sich mit dem Rad bewegen.

Noch mehr, als die Leipziger es angesichts der erneut gestiegenen Teilnehmerzahl an der Radnacht vom 4. September 2020 sowieso schon Tag für Tag praktizieren. Der Radler/-innenzug jedenfalls war so lang, dass die Stadt Leipzig durch den bewusst gewählten Innenstadtkurs in der „Radnacht“ verkehrstechnisch sicher zwei bis drei Stunden lang vollständig lahmlag. Und es nicht jeder Autofahrer falsch fand, warten zu müssen – denn so mancher ist natürlich auch Radler/-in. Was zu Rufen, wie „Macht weiter so“ oder einem zustimmenden Hupkonzert beispielsweise an der Harkortstraße führte.

Der Druck jedenfalls auf die Stadtpolitik, die mit Umwelt- und Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal selbst mitradelte, mehr als bislang für die freie Fahrt für freie Radler/-innen zu tun, steigt von Jahr zu Jahr. Alles weitere wäre wohl fast zuviel der Worte und hieße, Eulen über die L-IZ.de zu scheuchen – es ist hier seit Jahren ein Dauerthema um zugeparkte Radwege, ungenügende Sicherheit für Radler/-innen und vor allem die Frage, wieso die rund 200.000 Leipziger Pkw in Privatbesitz noch immer das Primat im Verkehrsraum haben.

Und den Straßenraum zuparken, einnehmen und letztlich verstopfen, wo andere Lösungen wie Carsharing und eben für viele Strecken das Rad längst da sind oder immer waren.

Wie es aussieht, wenn eine stetig wachsende Menge Leipziger/-innen ebendiesen öffentlichen Raum für sich einfordern, zeigen die 20 Minuten „Film“ von der Radnacht. Der Wettbewerb „Stadtradeln“ läuft übrigens jetzt auf Hochtouren, noch immer kann man sich anmelden und unter www. Stadtradeln.de Radkilometer für Leipzig eintragen.

Hinweis der Redaktion: Manche im Video gezeigten Aktionen sind gefährlich und ohne Training nicht zur Nachahmung empfohlen. Insbesondere das einhändige oder freihändige Fahren sollte man im Straßenverkehr besser lassen.

Video: L-IZ.de

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