Am 9. November 2022 talkte Markus Lanz wieder mal und zu Gast war unter anderen Carla Rochel als Vertreterin der „Letzten Generation“. Zwei Anmerkungen im Vorab, ich befürworte nicht alle Aktionen der „Letzten Generation“ und was Markus Lanz eigentlich ist, frage ich mich heute noch. Ein Talkmaster, der mit seinen Gästen spricht, wie einst Alfred Biolek, und der seine Gäste reden lässt, ist er nicht. Durch sein Agendasetting ist er aber auch kein Moderator.

Das muss sein Haus- und Hofsender, das ZDF – also ein öffentlich-rechtlicher Sender – wissen, nicht ich. In der Sendung stellte Lanz allerdings zwei Thesen auf, über die ich mir Gedanken gemacht habe:

1. Der Mensch kann sich an den Klimawandel anpassen, das hat die Menschheit schon immer gemacht,
2. Die junge Generation soll doch mal optimistisch sein, was impliziert, die Menschen der „Letzten Generation“ wären pessimistisch.

Die Menschheit und die Anpassung

Ja, die Menschheit hat sich, geschichtlich gesehen, immer wieder an widrige Umstände angepasst. Allerdings war das nicht immer ein Anpassungsprozess, es lief vielmehr nach dem Prinzip „Trial-and-Error“ ab. So zu sehen an der Ausbreitung des Homo sapiens auf dem eurasischen Kontinent.

Der moderne Mensch wanderte, von Afrika kommend, ein und passte sich nicht etwa den späteren Umweltkatastrophen an, sondern die Einwanderer wurden ausgelöscht. So zu lesen in „Hybris“, Kapitel 4 Apokalypse. Es brauchte viele Versuche und verursachte viele Opfer, bis die Besiedlung begann.

Woher wissen wir das? Professor Svante Pääbo, der Begründer der Paläogenetik, wurde dieses Jahr mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet und seine Forschungen führten eben zu Erkenntnissen, die diesen Schluss zulassen.

Sein Mitarbeiter Professor Johannes Krause und der Journalist Thomas Trappe schrieben dazu die Bücher „Die Reise unserer Gene“ und „Hybris“, in denen die Ergebnisse, für Nichtwissenschaftler verständlich, dargestellt sind.

Aber nicht nur in grauer Vorzeit, sondern auch in nicht so entfernter Vergangenheit, funktionierte Anpassung, also „survival of the fittest“ (Überleben der Angepassten), immer mit dem Aussterben der nicht Anpassungsfähigen.

Die Frage ist also: Wie kann die Menschheit sich dem Klimawandel anpassen?

Natürliche Anpassung

Vereinfacht gesagt, wir machen einfach weiter und unsere Körper passen sich den steigenden Temperaturen, besonders den Temperaturspitzen, an. Das ist aus den Erfahrungen aus der Menschheitsgeschichte ein Generationenprojekt.

Die Generationenfolge des Menschen ist allerdings ziemlich lang – wir sind ja nicht die Fruchtfliegen im Labor. Gehen wir also von einer Erwärmung (in den Spitzen) von jetzt (Sommer 2022) von 40°C auf 45°C im Jahre 2050 aus, das ist konservativ geschätzt, dann betrifft das die Generation, die heute geboren wird. Diese ist dann 28 Jahre alt und setzt gerade, zumindest in den Ländern der „ersten Welt“, die nächste Generation in die Welt.

Die jetzt geborene Generation wird also vielleicht dauerhaft Spitzen von 42°C vertragen, aber nicht mehr.

Ganz zu schweigen von anderen Katastrophenszenarien wie Hochwasser, Trockenzeiten, Stürmen und ähnlichem. Auf natürlichem Wege werden wir uns da wohl nicht anpassen können. Wenn wir also von natürlicher Anpassung sprechen, dann setze ich auf die Bewohner der Sahelzone, deren Überlebende vielleicht in 100 Jahren Nordeuropa besiedeln werden.

Technische Anpassung

Hier rede ich nicht von klimatisierten Räumen, höheren Deichen, Schutzbunkern oder ähnlichem, diese sind keine Lösung. Die Menschen können sich nicht mehr ins Freie wagen. Für die Produktion von Nahrungsmitteln und die lebensnotwendigsten Produkte wird der Aufenthalt im Freien, auch im Sommer und am Tage, aber notwendig bleiben. Dazu kommen Ernteausfälle durch Trockenheit und weitere Widrigkeiten.

Alle weiteren technischen Lösungen gehören in den Bereich der science fiction.

Kuppeln über Städten und landwirtschaftlichen Flächen, technische Wetterbeeinflussung, unterirdische oder Unterwasserstädte und ähnliches sind vielleicht in der Zukunft technisch machbar, es sind aber „Elitenprojekte“ und ihre Umsetzung würde soziale Unruhen nach sich ziehen. Diese wiederum würden die Projekte scheitern lassen.

Besonders absurd ist die Idee „Leben auf dem Mars“. Allein die Vorstellung, dass wir uns zutrauen, einen lebensfeindlichen Wüstenplaneten mittels „Terraforming“ lebensfreundlich zu gestalten – es aber für uns unmöglich erscheint, unseren, per se lebensfreundlichen, Planeten in einem solchen Zustand zu erhalten, ist einfach lächerlich.

Mein Fazit zur Anpassung

Große Teile der Menschheit werden, beim Versuch sich rasant steigenden Temperaturen anzupassen, dem Prinzip „survival of the fittest“ geopfert werden. Technische Lösungen werden uns vielleicht eine Zeit lang weiterleben lassen, aber nicht dauerhaft das Überleben sichern.

Es bleibt nur, den Klimawandel und somit die Erwärmung zu bremsen, um über Generationen tatsächlich eine Anpassung auf die, trotz allen Bremsens, eintretenden Veränderungen zu ermöglichen.

Klimawandel, menschengemacht oder nicht?

Diese Frage wird immer wieder gern gestellt, verbunden mit der Aussage „Es gab schon immer Änderungen des Klimas!“.

Das stimmt selbstverständlich, der menschliche Anteil am Klimawandel ist aber wissenschaftlich unumstritten. Reiben wir uns also an der Frage des prozentualen Anteils auf und machen weiter nichts, dann werden eventuell überlebende Wissenschaftler die Frage, vielleicht in 200 Jahren, exakt beantworten können, verbunden mit exakten Antworten auf die Frage „Was hätten wir tun können, um die Katastrophe abzuwenden?“.

Dann ist es zu spät, genauso wie es zu spät ist, mit den Erkenntnissen der Paläogenetik den frühen modernen Menschen zu sagen, warum es eine blöde Idee war, sich zum Zeitpunkt x auf den Weg nach Eurasien zu machen. Das kann die Wissenschaft nur noch feststellen.

Zum Schluss: Optimismus oder Pessimismus?

Auch hier widerspreche ich Markus Lanz. Die Klimaschützer sind optimistisch, auch die der „Letzten Generation“. Sie hoffen immer noch, dass sie Gehör finden mit ihrem Protest. Von den einzelnen Protestformen mag man halten, was man will.

Wären sie pessimistisch, dann würden sie entweder kollektiven Selbstmord begehen oder sich wirklich radikalisieren und versuchen uns umzubringen.

Ich hoffe, es kommt nie so weit – werden wir also endlich vernünftig.

Markus Lanz Talkrunde
https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz

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Es gibt 3 Kommentare

Dem Artikel stimme ich gern zu.
Allerdings sollte man noch unterscheiden, ob es sich um einen “normalen” Klimawandel handelt, welcher gern bemüht wird und öfter in der Erdgeschichte aufgetreten ist, oder um einen menschengemachten beschleunigten Wandel.

Normale Temperaturschwankungen bewegten sich bei nicht mal einem halben Grad Celsius über mehrere Jahrhunderte.
Damit war den Individuen tatsächlich die Möglichkeit gegeben, sich über “Anpassung” (Auslese) damit zu arrangieren.
So etwas passiert über hunderte Generationen.
(Ereignisse ausgenommen wie z.B. Meteoriteneinschläge oder ä. Katastrophen.)

Was wir momentan im Anfangsstadium erleben ist aber kein normaler Wandel, sondern eine “schnelle Erhitzung” unserer Atmosphäre. Und hier sind wir eigentlich so weit, dass wir nur noch in letzter Instanz reagieren können. Anpassen werden wir uns nicht mehr können.
Außer dem, was technisch geht.

Die Entscheider in der jetzigen Gesellschaft werden die kommenden Probleme nur noch am Rand mitbekommen oder mal einen Hitzeschlag zum Opfer fallen. Daher auch das Zögern und das Verteidigen des Wohlstands.

Der jungen Generation, welche das Dilemma begriffen hat, bleibt nichts anderes übrig, als darauf vehement aufmerksam zu machen. Rufen bringt nix, daher Aktionen…

Wissenschaft forscht, es gibt ständig neue Erkenntnisse.
Das, was veröffentlicht wird, stellt den Stand der Wissenschaft zu diesem Zeitpunkt dar. Das ist der mit den bekannten (erforschten) Tatsachen am besten in Einklang zu bringende Stand.
Und zwar nicht irgendwelcher einzelnen Forscher, sondern einer Wissenschaftsgemeinde rund um den Globus.
Wem glaube ich mehr?
Gerd Stefan aus dem Forum oder Experten, die sich teilweise lebenslang mit einem Thema beschäftigen und mit anderen Experten eng vernetzt sind?
Keine schwere Entscheidung.

Der Klimawandel ist wissenschaftlich unumstritten steht so als undiskutabel im Raum. Was unumstritten ist, dass sich die Klimaretter immer wieder auf die gottgleiche Wissenschaft berufen

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