Schon 2019 erzählte Johannes Krause gemeinsam mit Thomas Trappe in „Die Reise unserer Gene“, welche faszinierenden Ergebnisse die moderne Archäogenetik inzwischen hervorgebracht hat. Das Buch wurde ein Bestseller. Auch weil es erzählte, wie unsere Menschheitsgeschichte sogar aus unseren Genen herausgelesen werden kann. Aber auch ein Wissenschaftler wie Krause macht sich Gedanken darüber, wohin das noch führen kann. Denn der Erfolg ist ein Problem.

Bis 2020 war Johannes Krause Direktor des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena, seit 2020 leitet er das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Kooperiert hat man schon vorher. Denn natürlich sind Archäologie und Archäogenetik Arbeitsfelder, auf denen Institute weltweit miteinander kooperieren und ihre Kapazitäten bündeln. Und das Leipziger MPI ist natürlich längst ein zentraler Anlaufpunkt, wenn es um die Sequenzierung von DNA geht. Das braucht enorme Rechenleistungen und große Datenbanken.Aber seit der Sequenzierung der ersten Neandertaler-DNA häufen sich die spektakulären Entdeckungen, werden nicht nur neue Verwandte entdeckt wie der Denisova-Mensch, sondern auch Verwandtschaftsbeziehungen, die eine Menge darüber verraten, wann sich welche Menschengruppen in welcher Weltregion begegneten. Etwas, wovon die Archäologen des 19. und 20. Jahrhunderts nur träumen konnten.

Auf einmal werden selbst vorher sehr abstrakte Erzählungen wie die zur Entwicklung der Sesshaftigkeit, der Dominanz der Ackerbauern, den Siegeszügen der Reitervölker, aber auch dem Aussterben der Megafauna in vielen Weltregionen historisch greifbar und nachvollziehbar.

Krause jedenfalls gehört nicht zu jenen, die anzweifeln, dass es der Mensch war – und zwar der moderne Mensch, der Homo sapiens –, der außerhalb Afrikas die Ursache war für das Aussterben der Großfauna vom Mammut über das Wollnashorn bis zur Höhlenhyäne und dem Höhlenbären, um nur bei den europäischen Opfern der menschlichen Jagdlust zu bleiben.

Ein Geschöpf, das keine Grenzen respektiert

Wobei sich Johannes Krause gemeinsam mit dem Journalisten Trappe eine etwas andere Frage gestellt hat, die natürlich im Buchtitel „Hybris“ steckt. Denn bislang lautete die am häufigsten gestellte Frage ja: Warum wurde ausgerechnet der Homo sapiens zur erfolgreichsten Tierart auf der Erde? Da steckt noch ein gut Teil der biblischen „Krone der Schöpfung“ mit drin und ein ziemlich übersteigertes Selbstbewusstsein, das gerade weltweit vor die Wand zu brettern droht.

Denn der Erfolg hat eine Kehrseite: Wie konnte es dazu kommen, dass dieses glorreiche Geschöpf es fertigbringt, seine eigenen Lebensgrundlagen derart in Gefahr zu bringen? Kann es sein, dass der moderne Mensch einen Baufehler hat, den er selbst nicht sieht?

Wozu dann freilich zu klären wäre, warum ausgerechnet diese Variante des Menschen vor 50.000 Jahren endgültig den Siegeszug um die ganze Erde antrat – und nicht sein viel besser an kalte Lebensbedingungen angepasster Verwandte, der Neandertaler. Und auch die Denisovaner waren schon viel früher in Asien und hatten riesige Areale besiedelt, bevor dieser Neuling aus Afrika kam und nach und nach alle seine Verwandten verdrängte und sogar noch schleunigst daranging, auch Regionen zu besiedeln, in die sich die anderen bis dahin noch gar nicht vorgewagt hatten: Ozeanien, Amerika, Australien, die Arktis.

Wie das Klima die Menschheitsgeschichte formte

Krause und Trappe erzählen sehr plastisch, was Archäologen und Archäogenetiker inzwischen wissen über diesen ungewöhnlichen Spross auf dem Baum des Lebens, dessen Wege sich irgendwann vor 7 bis 8 Millionen Jahren vom Weg seiner nächsten äffischen Verwandten trennte. Schon beim ersten großen Ereignis, von dem sich auch die Archäologen früherer Jahrzehnte sicher waren, dass es der entscheidende Punkt in der Menschheitswerdung war, spielten klimatische Bedingungen eine Rolle.

Auch das so ein ganz moderner Ansatz, der den ersten Ausgräbern im 19. Jahrhundert überhaupt noch nicht bewusst war: Wie sehr der moderne Mensch auch das Ergebnis einschneidender klimatischer Veränderungen war. Und möglicherweise wäre er nie auf die Idee gekommen, sein Leben auf zwei Beinen zu verbringen, hätte es in Afrika nicht dramatische Veränderungen im Waldbesatz gegeben – ein Rückzug der Tropenwälder und die Entstehung riesiger Savannengebiete.

Denn wir sind ein Kind der Savanne, wo es kaum mal Bäume gab, auf die man schnell mal flüchten konnte. Und in der Savanne war der aufrechte Gang gleich mehrfach Gold wert – denn so übersah der nun in Graslandschaften lebende Zweibeiner nicht nur das hohe Gras – er wurde auch zum ausdauernden Läufer und lernte, seine Beute zu Tode zu hetzen.

Ein Punkt, der fortan eine entscheidende Rolle spielen wird, auch wenn es noch Millionen Jahre dauern würde, bis dann erstmals der Homo erectus aufbrechen würde, um über Indien bis  nach China zu wandern. Aber das werde ich hier nicht alles nacherzählen. Das tun die beiden Autoren im Buch sehr akribisch und sehr detailliert und mit vielen Landkarten, die das Wesentliche zeigen.

Denn je mehr die Forscher herausfinden über die diversen Aufbrüche der Menschen in die Welt, umso deutlicher wird, dass es darunter auch jede Menge Fehlschläge und Sackgassen gab. Mal war die Population, die aufbrach, zu klein. Mal hatten die Losziehenden noch nicht die nötigen genetischen Zutaten, um auch unter raueren Bedingungen zu überleben. Mal machten ihnen auch klimatische Veränderungen einen Strich durch die Rechnung. Oder gewaltige Vulkanausbrüche, von denen einige für halbe Kontinente zur Katastrophe wurden.

Der Mensch – ein Produkt seiner Umwelt

Aber auch das brauchte ja eine Weile, bis es überhaupt zum wissenschaftlichen Rüstzeug wurde: Die Kenntnis all jener Umweltfaktoren, die die Entstehung und Ausbreitung des Menschen massiv beeinflussten. Der Mensch ist eben kein fertiges Produkt, das einfach loslaufen musste und sich die Welt untertan machen würde. Und auch der moderne Mensch brauchte lange, sehr lange, bevor er überhaupt begann, Afrika zu verlassen.

Wozu augenscheinlich jahrtausendelang auch kein Bedarf bestand. Denn wenn ein Kontinent Nahrung in Hülle und Fülle bietet und sich kleine Jäger- und Sammlergemeinschaften auf riesigen Territorien ausbreiten können, ohne einander in die Quere zu kommen, gibt es auch keinen Druck, sich neue Jagdgründe sichern zu müssen.

Ein Druck, der aber vor ungefähr 50.000 Jahren entstanden sein muss. Vielleicht gehen wir wirklich irre in der Annahme, der moderne Mensch sei einfach aus Neugier losgezogen. Vieles, was die Forscher herausgefunden haben, deutet darauf hin, dass es immer um Existenzielles ging, manchmal wohl auch um Einladungen, die die Natur selbst fertigbrachte – etwa wenn zuvor wie Barrieren funktionierende Wüsten und Steppen sich auf einmal mit der Klimaerwärmung in blühende Landschaften verwandelten, mit einem verlockenden Angebot an Flora und Fauna.

Der keine Grenzen akzeptiert

Was freilich noch nicht erklärt, warum der moderne Mensch sich auch in Regionen vorwagte, in denen es vor 45.000 Jahren noch immer sehr kalt und ungastlich war. Eigentlich die zentrale Frage dieses Buches, denn genau hier muss die Antwort stecken, warum diese neue Variante Mensch fortan keine Grenzen mehr akzeptierte und selbst Erdregionen besiedelte, in die nicht mal die Neandertaler sich vorgetraut hatten.

Er drang bis in die polaren Regionen vor und entwickelte Techniken, selbst unter diesen Bedingungen zu überleben. Er besiedelte in einem vor 15.000 Jahren begonnen Treck Amerika von Alaska bis Feuerland, er wagte sich mit Booten auf tausende Kilometer weite Fahrten, um auch noch die letzte Insel Ozeanien zu besiedeln.

Immer wieder nahm er dabei auch die Gene der schon hier lebenden Menschenpopulationen auf, sodass viele Ozeanier heute Denisova-DNA haben – und viele Europäer Neandertaler-DNA. DNA, die eben nicht nur von sexuellen Begegnungen erzählt, sondern auch davon, dass der Homo sapiens wichtige Genbestandteile etwa vom Neandertaler übernahm, die ihm zusätzliche Überlebens-Vorteile verschafften. Ein Thema, das ja selbst in der Corona-Zeit wissenschaftlich fruchtbar wurde, denn Neandertaler-DNA hat nachweisbare Vor- und Nachteile bei der Begegnung mit dem Coronavirus.

Da verlockt es einen geradezu zum Springen im Buch, denn ein ganzes Kapitel widmen die beiden Autoren den Zoonosen, den Viren und Bakterien, die den Weg der Menschheit begleiten, seit er seinen ersten Schritt tat. Gerade die jüngere Zivilisationsgeschichte ist geprägt von unheimlichen Seuchen, die ganze Staaten zum Erlöschen bringen konnten und regelrecht Löcher rissen – auch in die Frühgeschichte Europas.

Das thematisieren die beiden nicht ganz zufällig im Kapitel „Steppenhighway“, denn von Anfang an waren die Pandemien, die die Menschen heimsuchten, aufs Engste mit Mobilität und Geschwindigkeit verknüpft. Mal waren es Pferde, auf deren Rücken die Pest nach Europa kam, mal Schiffe.

Globalisierung und Pandemie

Wie heute, könnte man sagen, wo wir noch viel schnellere und viel dichter besetzte Transportwege rund um die Erde haben, auf denen das Coronavirus eben – anders als einst die Pest – nicht mehr Jahre braucht, um sich auszubreiten, sondern nur ein paar Tage. Es flog einfach mit dem nächsten Flieger. Und das nächste gefährliche Virus wird es wohl auch so machen, egal, wo es ausgebrütet wird.

Und viel spricht dafür, dass es das nächste Mal keine Fledermaus-Population in Südchina sein wird, sondern irgendein beliebiger Kuh- oder Schweinestall der modernen Massentierhaltung, wo ein gefährlicher Erreger seine Resistenz gegen alle dort eingesetzten Antibiotika entwickelt und dann mit dem nächsten Tiertransport auf Reisen geht.

Aber das ist schon eine Vermutung. Ein Ausblick auf das, womit wir rechnen müssen, wenn wir endlich so ehrlich sind, unseren Status quo zu begreifen. Und das versuchen Krause und Trappe ja hier in anschaulicher Weise. Denn die Frage, warum der moderne Mensch am Ende zur alles dominierenden Spezies wurde, steckt ja in seiner Unlust oder auch Unfähigkeit, Grenzen zu akzeptieren.

Die letzten 45.000 Jahre waren im Grunde nichts anderes als eine atemberaubende Ausbreitung eines bis dahin nur in Afrika lebenden Typus Mensch über die ganze Erde. Ein rasender Treck ganz nach dem Vorbild der amerikanischen Siedler, die mit Pferd und Wagen immer weiter hinaus in den amerikanischen Westen gezogen sind. Nur dass sie natürlich nicht das Vorbild waren, sondern so handelten wie hunderte Generationen vor ihnen auch. Und dass sie sich dabei Land aneigneten, auf dem schon seit Jahrtausenden andere Menschen lebten, jagten und Ackerbau betrieben.

Wir sind Nachkommen von Ãœberlebenden

Was die beiden Autoren natürlich dazu bringt zu untersuchen, warum es ausgerechnet dieser winzige Kontinent Europa war, von dem aus die dortigen Eroberer fast die gesamte Erde zeitweilig in ihren Besitz brachten.

Da fällt es – mit den Corona-Nachrichten im Hinterkopf – nicht schwer, diese kleinen unsichtbaren Begleiter als zuweilen bewusst, oft auch unbewusst eingesetzte „Waffe“ zu enttarnen. Denn die letzten Jahrtausende auf dem eurasischen Festland waren eben nicht nur jede Menge Völkerwanderungen, Kriege und Plünderungen.

Es waren auch dramatische Seuchenerlebnisse, die den Bewohnern Eurasiens einen enormen Immunvorteil brachten – zumindest den Überlebenden dieser Seuchen. Und nicht grundlos betonen die Autoren: Wir sind allesamt die Nachkommen von Überlebenden. Gegen die Krankheiten, die die Kolonialisten auf ihren Schiffen im Gepäck hatten, waren die Bewohner der „entdeckten“ Neuen Welt wehrlos. Sie wurden regelrecht dahingerafft.

Wenn man aber diese Nichtakzeptanz aller Grenzen als ein wesentliches Merkmal des Homo sapiens begreift, wird natürlich vieles an dieser rasant beschleunigten Entwicklung gerade in den letzten 15.000 Jahren deutlicher. Denn alle Entdeckungen, Erfindungen, alle technischen Neuerungen, aber selbst die Züchtung von Nutzpflanzen und die Domestizierung der Tiere erzählen dann von einem Lebewesen, das gar nicht anders kann, als alles mal auszuprobieren, immer mehr zu wollen und zu produzieren und seinen Lebensraum immer mehr zu erweitern. Und das immer wieder auf Kosten der lebendigen Natur und der Artenvielfalt.

Immer mehr, immer schneller, immer weiter

Denn das, was unsere Vorfahren begannen, als sie alle großen Tiere ausrotteten und verspeisten, betreiben wir als Menschheit ja bis heute. Immer mehr Wälder werden gefällt. Äckern werden immer höhere Erträge abgepresst. Erstaunlicherweise erwähnen beide nicht mal das obskure Wort „Wachstum“, das uns unbelehrbare Politiker/-innen wie ein Mantra vorkauen, obwohl es nichts anderes als diese manifest geordnete uralte Unersättlichkeit ist, die darin einen ökonomischen Ausdruck findet.

Denn da ist der Mensch noch immer genetischer Bewohner der Savanne: Es gibt in ihm keinen Automatismus, der ihm sagt, dass er jetzt aufhören muss, alle Gazellen abzuschießen, alle Elefanten und Gnus zu töten. In einer artenreichen Natur braucht es so einen Mechanismus nicht, denn dort regulieren sich Jäger und Gejagte auf ganz natürliche Weise.

Und Tiere fressen nicht mehr, als sie brauchen, sie horten auch nichts – es sei denn Nüsse für den harten Winter. Sie kennen das Gefühl nicht, nie genug zu haben. Und wahrscheinlich kommen sie auch nicht mal auf den Gedanken, ihnen könnte etwas fehlen. Das ist nämlich menschliches Denken – samt Neid, Gier und Besitzdenken. Ein Tier, das keine Grenzen akzeptiert und in Wehklagen ausbricht, wenn es auf etwas verzichten soll, weniger verbrauchen, weniger verbrennen, weniger konsumieren.

Auf einmal taucht ein ganz gegenwärtiges Diskussionsthema mitten in der Analyse menschlichen Werdens auf. Das, was einige Leute „Wachstumszwang“ nennen, obwohl es eigentlich nur eine Sucht ist, die Ausnutzung einer ganz menschlichen Eigenschaft – zu sinnlosen Zwecken, könnte man meinen. Denn zwangsläufig beschäftigen sich Krause und Trappe im letzten Teil des Buches mit der Menschheit im heutigen Zustand, in dem sie alle Ecken des Planeten besiedelt hat – und damit die planetaren Grenzen erreicht hat. Was ja ein paar überkandidelte Leute immer wieder davon tröten lässt, jetzt wäre der Punkt gekommen, an dem die Menschheit andere Planeten und am Ende gar das Weltall besiedeln müsste.

Planet-to-go?

Märchen für Leichtgläubige darf man das wohl nennen. Denn wie irre ist das, den Mars mit seiner Durchschnittstemperatur von minus 63 Grad Celsius besiedeln zu wollen, während wir gerade den Planeten, auf dem wir herrlich leben können, zerstören. Als wäre das ein Wegwerf-Planet, ein Planet-to-Go.

Kann es sein, dass schon Millionen Zivilisationen im Kosmos entstanden sind und alle daran gescheitert sind, diese riesigen Abgründe zu überwinden und andere Planeten zu besiedeln? Dass wir tatsächlich allein sind und sich an unserem Alleinsein auch nichts ändern wird, solange es die Erde gibt? Dass wir tatsächlich vor einer völlig anderen Aufgabe stehen: nämlich diesen Planeten mit seiner Artenvielfalt zu bewahren und zu lernen, die Grenzen unserer Ressourcen zu akzeptieren?

Eine berechtigte Frage, die Johannes Krause und Thomas Trappe natürlich nicht beantworten können, weil erst jetzt so langsam klar wird, was das alles heißt und was das für eine Zumutung für ein Lebewesen ist, das bislang deshalb so viel Erfolg hatte, weil es einfach keine Grenze akzeptiert hat. Der Aufschrei ist ja jedes Mal groß, wenn auch nur angedeutet wird, dass Bewohner unserer Wohlstandsgesellschaft mal verzichten müssen, Dinge nicht mehr tun dürfen.

Dann ist sofort ein Geschrei von „Verbotspolitik“ in der Luft, als wäre das nur eine Zumutung irgendwelcher Leute „da oben“, die einem den Urlaubsflug, das fette Nackensteak oder das dicke Auto wegnehmen wollen. Und nicht eigentlich die Erkenntnis, dass wir auf der Erde die Grenzen unseres Wachstums erreicht haben. Und überschritten haben – was eben heißt: Wir haben damit begonnen, unsere Lebensgrundlagen zu zerstören.

Das Erfolgsmodell wird zum Problem

Krause und Trappe stellen mit „Hybris“ eine sehr spannende Frage. Denn wenn jetzt ausgerechnet das Erfolgsmodell, das uns moderne Menschen die Herrschaft über die gesamte Erde beschert hat, zum Problem wird, weil wir unfähig sind, die lebenswichtigen Grenzen unseres Daseins zu akzeptieren, dann wird es brandgefährlich.

Denn die Geschichte lehrt eben auch, dass Menschen in solchen Momenten, wo sie sich in die Enge gedrängt fühlen, meistens sehr irrational und aggressiv reagieren. Die Frage ist tatsächlich: Scheitern wir jetzt – und wissen auch noch, warum wir so dämlich scheitern? Oder schaffen wir es, im Einklang mit diesem Planeten zu leben, der weit und breit der einzige ist, auf dem Leben überhaupt möglich ist? „Jetzt gilt es, das Gewonnene nicht zu verjubeln. Es ist Zeit für den nächsten großen Sprung: der Sprung in eine Welt, die uns genügt“, lauten die letzten Sätze dieser aufregenden Reise durch die Menschheitsgeschichte.

Die anderen Möglichkeiten liegen allesamt exemplarisch in den Vitrinen der Archäologie: Seitenzweige der Menschheit, die gescheitert und ausgestorben sind. Nicht mal aus eigenem Verschulden. Die Evolution ist voller Sackgassen, in denen oft auch erfolgreiche Spezies landen.

Neu wäre freilich, dass wir uns selbst den Saft abdrehen und die Erde zu einem aufgeheizten Planeten machen, auf dem vielleicht andere überleben werden. Aber nicht wir. Vielleicht, so hoffen die beiden Autoren, werden künftige Generationen mal mit Stolz auf uns zurückschauen, weil wir es geschafft haben, diese Grenzenlosigkeit in unseren Köpfen zu zähmen und das Ruder herumzureißen.

Aber das ist nur eine Hoffnung. Wir haben noch nicht mal damit begonnen.

Johannes Krause; Thomas Trappe Hybris, Propyläen Verlag, Berlin 2021, 24 Euro.

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