Es ist in den letzten Wochen rauf- und wieder runterdebattiert worden. Von „Klima-RAF“ bis berechtigter, gewaltloser Protest gegen die Nichteinhaltung deutscher Klimaziele reicht dabei die Skala der Beurteilungen. Einigkeit herrscht hingegen bei einer Tatsache: vor allem an den Straßenbesetzungen samt Festklebung der Hände kommt keiner vorbei. Im übertragenen wie wortwörtlichen Sinne auch am heutigen Morgen erneut in Leipzig.

Sie gehen weit, sehr weit für ihre Überzeugungen. Festnahmen in Bayern und polizeiliche Durchsuchungen im Rahmen von Strukturermittlungen bis nach Leipzig prägten die letzten Wochen. Zuletzt waren vermehrt auch kritische Töne zu mit Essen beworfene Schutzscheiben an Gemälden aufgekommen, vor allem die konservative Bubble reagierte zunehmend genervt auf die Aktionen.

Und kamen dennoch nicht umhin, damit auch das einzuräumen, was die „Letzte Generation“ für ihre ständige Mahnung an die Bundesregierung benötigt: Aufmerksamkeit.

All das hält die Bewegung „Letzte Generation“ offenkundig nicht auf. Nach eigenen Darstellungen haben die Aufregungen der vergangenen Wochen eher weiteren Zulauf gebracht, von über 1.000 neuen Mitmachern ist die Rede. Und sie setzen ihre Aktionen fort, so auch heute in Leipzig auf dem Innenstadtring.

Wie schon bei der letzten größeren Aktion am 13. Juni 2022 auf dem Ring gab es zuvor einige erste Hinweise auf diesen 2. Dezember 2022 und ein Treffen kurz vor 8 Uhr irgendwo in der Innenstadt. Nach Besetzungen am Goerdelerring und einer Brücke hieß es dieses Mal im Vorfeld „Nähe Hauptbahnhof“. Wie stets wurde vorab nicht genaues über den Inhalt der konkreten Aktion bekannt, dass es um eine erneute Blockade des morgendlichen Berufsverkehrs gehen könnte, war die Ahnung.

Auch ein Anruf vorab brachte keine weitere Erkenntnis – also zum leicht eingeschneiten Treffpunkt und abwarten, was geschieht.

Die Aktion (live vor Ort) in Bildern/Videos

Aktuell um 8:15 Uhr ist der Ring auf Höhe der Oper dicht. Zwei Aktivisten haben sich auf der Straße festgeklebt, der Autostau reicht bis Höhe Hauptbahnhof. Kurz darauf ist die Polizei mit den ersten beiden Beamten vor Ort.

Zwei weitere Aktivistinnen wurden mittlerweile von der Straße gezerrt und stehen mit Bannern am Rand des Ringes.

Als die ersten Autofahrer halten müssen, dauert es nicht lang. Zumindest einmal wird gemeinsam gehupt, dann kommt ein Mann aus den dahinter stehenden Autos zur Barrikade gelaufen. Er habe Verständnis für die Aktionen, aber „da hinten ist ein Auto mit Kindern, die wollen zur Kinderklinik, die haben einen Termin zur Operation“.

Dabei blickt er zu den Aktivist/-innen, anschließend auf die sich bereits bis zum Bahnhof aufgestaute Autoreihe, die keine Rettungsgasse gebildet hat. Hier käme kein Einsatzfahrzeug weiter, weniger wegen der vier Aktivisten, nachdem die Polizei praktisch die Straßenmitte geräumt hat.

Die beiden außen sitzenden – eine junge Frau und ein Mann – Aktivisten haben sich unterdessen mit jeweils einer Hand auf der Fahrbahn festgeklebt. Eben das wird die angelaufene Polizeiaktion in die Länge ziehen.

Diese selbst verursacht ab ca. 8:20 Uhr auf der gegenüberliegenden Fahrbahn durch eilig auf der Fahrbahn abgeparkte Polizeifahrzeuge einen eigenen Stau, später zähfließenden Verkehr.

Ab 8:30 Uhr: Das erste Statement der Polizei

Wie unschwer zu erkennen ist, wurde die Presse Leipzigs eingeladen und kam. Die große Anwesenheit ist es dann auch, die den gegen 8:30 Uhr eintreffenden Polizeisprecher Olaf Hoppe schlussfolgern lässt, es handele sich bei der Straßenblockade zudem um eine nicht angemeldete und auch keine spontane Versammlung. „Sie wurden doch eingeladen“, begrüßt Hoppe die anwesenden Fotografen, Journalist/-innen und TV-Teams.

Man habe ja nun schon einige Erfahrungen mit solchen Aktionen sammeln können, das Olivenöl zum Ablösen der Hände immer mit dabei und habe die Arbeit routiniert aufgenommen.

Die Kollegen hätten also begonnen, auch die Personalien der im Stau stehenden Autofahrer/-innen aufzunehmen, da nun dem Tatvorwurf der Nötigung nachgegangen würde. Bislang sei es, im Gegensatz zu Bayern, in Leipzig noch zu keinen Gewahrsamnahmen von Aktivist/-innen bei solcherlei Aktionen gekommen, weicht Hoppe der Frage nach einer möglichen Mitnahme der Aktivist/-innen von „Letzte Generation“ aufs Polizeipräsidium aus.

Es wird also eher zur Aufnahme der Personalien kommen und danach zur Strafverfolgung wegen der vorgeworfenen Nötigung.

Die Aktivist/-innen fordern unterdessen unter anderem die Wiedereinführung des deutschlandweiten 9-Euro-Tickets und ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen.

Die Aktion ist mittlerweile (9:30 Uhr) abgeschlossen. Verkehrsbehinderungen für den ÖPNV gab es keine, der Stau hat sich aufgelöst.

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Es gibt 10 Kommentare

Respekt letzte Generation! Danke für Euren Mut. Wie wir dank des Verfassungsgerichtes wissen, handelt der Staat verfassungswidrig, weil er keine oder nur unzureichende Maßnahmen zum Abwenden der Klimakatastrophe ergreift und uns alle in einen Notstand zwingt.

“Was ich so beruhigend finde ist, dass es sich ja immer um die geleichen Gesichter handelt…”

Da muss ich Sie dann wohl leider beunruhigen @gerd stefan. Allein hier im Archiv sind zu dem Thema viele verschiedene Gesichter. Ich weiß nicht, wo Sie da immer nur dieselben sehen.

Weil man ja offensichtlich keine Massen mobilisieren kann, muss man zu solchen Aufsehen erregenden Aktionen greifen, an denen sich dann auch immer die gleichen Auserwählten beteiligen. Dahingehend wäre die vorbeugende Festsetzung, derer, die auch unverbesserlich fortwährend mit dem Selben drohen, höchst effektiv.

Immerhin Gesichter! Gibt ja durchaus aus Demoteilnehmer in anderen Spektren, die sich bis auf einen Sehschlitz einmummen, oder deren im Nachhinein digital nachverholfen wird. Dass man mit dem Gesicht zu dem steht, was man fordert, ist doch schon mal was.

Was ich so beruhigend finde ist, dass es sich ja immer um die geleichen Gesichter handelt, die da medienwirksam vermarktet werden. Was noch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde , wäre so eine Art Klimaflagellatismus, sich einfach selbstgeiselnd als Vertreter der sündigen menschliche Art im Schnee zu wälzen und “Klimahölle” gen Atmosphäre zu rufen. Schreikinder haben das schon im Bettchen gelernt, dass dann immer jemand kommt um nachzuschauen.

Die 100km/h auch innerorts? und die 9€ sind dann Mindestlohn oder was?

@TLpz:
noch mehr Aufmerksamkeit und gleichzeitig mangelnde Reflexion auf die Außenwirkung.

So unterstützenswert das Unruhestiften ist (außer bei Kulturgütern, mMn), so schlecht ist deren Auftreten

So sehen Helden aus (jedenfalls meine). Ach und den Radweg müssen sie nicht blockieren, der wird ja in Leipzig bei Schnee traditionsgemäß nicht geräumt und ist nicht benutzbar.

@Tobias
> Demnächst kleben die sich vielleicht noch vor eine Krankenhauszufahrt, würde in das Desaster bei denen passen

Warum sollten sie das tun, mit welchem Ziel? Welches Desaster?

Sich auf den zweispurigen Ring, ausgerechnet kurz vorm Blitzer, mit einer Forderung “100 km/h und 9€ für Alle” (Fehler im Original) zu stellen finde ich aber auch ganz neckisch. 😀
Das ist dann vielleicht so eine Art Mindestgeschwindigkeitsforderung.

Kommunikativ mal wieder eine super dämliche Aktion.
Bei Schneefall, wo sowieso schon Verkehrschaos ist, fällt das Geklebe eh nicht auf und der gemeine Bürger denkt bei Schnefall eh nicht an Klimakatastrophe.

Demnächst kleben die sich vielleicht noch vor eine Krankenhauszufahrt, würde in das Desaster bei denen passen

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