Es ist die Zeit nach der Bundestagswahl, in der man früh aufwacht und schon wieder sieht (oder liest), dass die CDU unter Friedrich Merz einen Rückzieher von ihren grundlegenden Positionen im Wahlkampf gemacht hat. Das ist per se nicht schlimm, versprach Friedrich Merz, flankiert von Carsten Linnemann, doch oft einfache Lösungen, die zwar beim Wahlvolk gut ankamen, aber den Realismustest nicht bestehen würden. Schlecht daran ist allerdings, dass Wählerinnen und Wähler der CDU sich fragen werden, warum sie rot/grün abgewählt haben.
Zuerst war die heilige Kuh des CDU-Wahlkampfes geschlachtet und filetiert worden, die Schuldenbremse soll doch bitteschön noch vom alten Bundestag geändert und ein Sondervermögen für die Infrastruktur aufgelegt werden. Vorbei waren die Pläne, mit Entbürokratisierung, Streichungen beim Bürgergeld und anderen einfachen Aktionen die Haushaltslücken zu schließen.
Einige Leserinnen und Leser erinnern sich vielleicht an einen harten Typen namens Carsten Linnemann, den Generalsekretär der CDU, der nach erfolgreichem Abschuss eines Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium lauthals forderte, das „Heizungsgesetz“ zu stoppen. Korrekterweise handelte und handelt es sich hierbei um eine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes, welches von der vorherigen GroKo beschlossen wurde. Nur die Novelle kam aus Habecks Ministerium.
Das ist Geschichte, am 5. März 2025 (10 Tage nach dem Wahlsieg der CDU) heißt es: „Carsten Linnemann ändert seine Ablehnung des Heizungsgesetzes. Anstelle der Abschaffung plädiert der CDU-Generalsekretär für Technologieoffenheit.“
Man könnte fast meinen, das Ganze folge einem bereits vor der Wahl vorliegendem Skript. Nach einem harten, teils unsachlichen Wahlkampf übernimmt man die Positionen des Wahlverlierers peu à peu und versucht mit Zusätzen, wie in dem Fall der „Technologieoffenheit“, diese als eigene Ideen zu verkaufen.
Ja, diese viel geliebte und zitierte Technologieoffenheit, was ist das eigentlich?
Da gibt es im Heizungsbereich verschiedene Auslegungen. Hubert Aiwanger in Bayern meint, Holz sei klimaneutral, weil es ja nur das gespeicherte CO₂ bei der Verbrennung wieder freisetzt. Hingegen schwärmte Jens Spahn, der ehemalige Gesundheits- jetzt Wirtschaftsexperte beim Forum Wärmepumpen von „grünem Öl“, übrigens zum Erschrecken der anwesenden Wirtschaftsvertreter. Er meint damit wahrscheinlich so etwas wie eFuels.
Der Nachteil an dieser Technologieoffenheit ist, dass Holz letztendlich ein zwar nachwachsender, aber trotzdem endlicher Rohstoff ist, der auch gern in anderen Branchen wie dem Bauwesen genutzt wird. Das „grüne Öl“ ist durchaus eine Realität, allerdings teuer in der Herstellung, und ob es überhaupt in den Mengen, die zum Heizen benötigt werden, hergestellt werden kann, steht in den Sternen. Umweltaspekte und andere sind bei dieser Betrachtung bewusst ausgenommen.
Die gute Nachricht ist, dass es da noch Friedrich Merz als erklärten Freund der Wärmepumpe gibt. Wenn die Liebe zu dieser auch eher auf die Liebe zu Investoren zurückgeht, hat er sich doch bei der Eröffnung der Enpal-Wärmepumpenakademie entsprechend geäußert.
Was kommt als Nächstes? Fordert Julia Klöckner die Gleichstellung von Cannabis mit Bier? Will der von Söder favorisierte Günther Felßner plötzlich Pestizide reduzieren, um die Biodiversität zu fördern? Das geht dann wohl doch zu weit.
Fazit: Der Bundestagswahlkampf der CDU war ein Feuerwerk des Populismus. Das wussten die Beteiligten auch von vornherein. Jetzt, nach der Wahl, sollen diese populistischen Thesen schnell aus dem Gedächtnis der Wählerinnen und Wähler verschwinden. Dass man Positionen aufgibt, wird mit forschem Auftreten bei der Präsentation der „neuen“ Positionen kaschiert.
Kein Grund zur Trauer, es ist besser, die CDU gibt ihre Wahlkampfforderungen auf, statt zu versuchen sie wirklich umzusetzen. Oder um es mit Konrad Adenauer zu sagen: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“
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Es gibt 2 Kommentare
Hoffentlich wird diese unsägliche Schuldenbremse endlich komplett gestrichen. Tatsächlich gibt es schon eine Schuldenbremse, nennt sich EU-Konvergenzkriterien und auch die wurde schon falsch (dank Mr. Augenbraue) konstruiert. Vermutlich werden die Olivgrünen aber so ziemlich allem zustimmen. Die GEG Novelle (zwei Jahre früher, manchmal Spendierhosen + Marktverunsicherung) aus dem Habeck Ministerium war ja ein voller Erfolg, bis hin zum “LNG-Beschleunigungsgesetz”. Es ist wohl die DNS einer Volkspartei populistisch zu sein. Bei den Nachfahren der Nazibewunderer (z.B. Zentrum u.a.) in Form der Unionsriege wurde dies immer so gehandhabt. Jeder Unions BK war ein Rechtspopulist. Da man mit der Änderung des Wahlgesetzes die Parteiendemokratur noch verstärkt hat, geht es halt immer so weiter und weiter und weiter und weiter und weiter und weiter. Fin
Ich hoffe, dass die Grünen die Änderung der Schuldenbremse ablehnen.
Gern können dann die selbsternannten Profis der CDU/CSU einmal schauen, wie sie es regeln.
Wir brauchen nicht wieder eine Regierung, die mit Milliarden um sich wirft.