Auch wenn es hart klingt, es ist trotzdem wahr: Friedrich Merz und die CDU sind in eine selbst gestellte Falle gelaufen. Erst einen Wahlkampf pro Schuldenbremse und gegen die Grünen machen, und kaum sind sie gewählt, ist alles ganz anders. 2023 klagten 197 Abgeordnete der Unionsfraktion im Bundestag gegen die Verschiebung von 60 Milliarden Euro nicht ausgegebener Mittel aus dem Corona-Fonds in den Klima- und Transformationsfonds, weil die Ampel-Regierung damit die Schuldenbremse umgehen wolle. Das Bundesverfassungsgericht gab ihnen recht.

In dem Zusammenhang kündigte Mathias Middelberg an, auch das 200 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für die Energiepreisbremsen prüfen zu lassen, weil es ebenfalls die Schuldenbremse umgehen würde.

Nichts davon hatte nach der Wahl Bestand, es wurde ein Sondervermögen für Infrastruktur von 500 Milliarden Euro im Grundgesetz verankert und für Verteidigung wird ein Freibrief ausgestellt. Anders kann man die Änderung der Schuldenbremse nicht bezeichnen, wenn Ausgaben für Verteidigung über 1 % BIP ungedeckelt von der Schuldenbremse ausgenommen werden.

Dazu brauchte man die Grünen. Also wurde vereinbart, dass 100 Milliarden fest für Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft eingeplant werden. Seitdem ist es der CDU wichtig zu betonen, dass damit das Ziel „Klimaschutz“ nicht im Grundgesetz verankert wird. Als ob es keine anderen Probleme gäbe.

Es ist unerheblich für die Betrachtung, ob diese Maßnahmen richtig oder falsch sind. Das Kippen sämtlicher Wahlkampfversprechen bezüglich Schuldenbremse und Finanzstabilität, die Vorwürfe gegen die Ampel, insbesondere die Grünen, wegen „Taschenspielertricks“, „Schummelpolitik“ und „Finanztrickserei“ werden allen demokratischen Parteien auf die Füße fallen – wenn die neue Regierung keinen Erfolg hat.

Man muss Christian Lindner nicht mögen. Aber er hat am 16. Januar 2025 im Leipziger Westbad gesagt: „Und das, was jetzt neu kommt, das wird entscheidend sein für das, was 2029 passiert.“

Schauen wir uns den neu gewählten Bundestag an: Es gibt mit AfD und Linken eine Sperrminorität gegen Grundgesetzänderungen, das ist auch der Grund, weshalb dieses noch vom alten Bundestag geändert werden soll. Die Grünen wurden von CDU/CSU und FDP demontiert in den Augen der Wählerinnen und Wähler, was sich eindeutig im Wahlergebnis widerspiegelte.

Und die SPD hat ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis eingefahren. Mit 28,52 Prozent konnten CDU/CSU zwar stärkste Kraft werden, aber nicht so stark, wie sie es gewünscht hätten. Was passiert, wenn es nicht vorwärtsgeht mit der Wirtschaft und dem Lebensstandard, wie es sich die Wählerinnen und Wähler, besonders die von CDU/CSU, erhofften?

2029, vor der nächsten Bundestagswahl, werden diese sich an die Tricksereien der jetzt neuen Regierungskoalition erinnern, dafür wird schon die Opposition sorgen, und diese abstrafen. Die Ränder im politischen Spektrum werden stärker. Das ist zu befürchten, besser gesagt zu erwarten.

Eine der Fragen, die sich stellen, ist jetzt, ob ein künftiger Bundeskanzler Friedrich Merz weitermacht wie im Wahlkampf. Schlägt er, flankiert von Carsten Linnemann, blind um sich, mal gegen Migranten, mal gegen Bürgergeldempfänger? Bedient er die Rentner als wichtiges Wahlklientel mit Geschenken oder verpflichtet er diese zu längerer Arbeit?

Oder ist er in der Lage, ruhig und effizient Sachpolitik zu betreiben?

Besonders kompliziert wird es für die Grünen. Sie wurden jetzt als Mehrheitsbeschaffer gebraucht und im neuen Bundestag werden sie wohl, trotz ihres Oppositionsstatus, immer wieder an ihre staatspolitische Verantwortung erinnert werden, wenn es zwischen CDU/CSU und SPD zu Verstimmungen kommt. Aus dieser heraus werden sie wohl handeln, was sie daran hindern wird, durch Oppositionsarbeit an Profil zu gewinnen.

Fazit: Diese neue Regierung muss erfolgreich sein. Das weiß Friedrich Merz und er weiß auch, dass die anderen demokratischen Parteien viele Kröten schlucken werden, damit 2029 nicht zum Desaster wird. Es stellen sich die Fragen: Wie kann man damit umgehen? Und: Ist Merz als Kanzler geeignet?

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