„Was es auch sei, ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen.“ So lässt Vergil den Laokoon in der Aeneis sagen. Ob die CDU unter Friedrich Merz die Vorlage des Verfassungsschutzgutachtens zur AfD wohl als solches sieht? Es ist aber schon auffällig, dass das Gutachten des Verfassungsschutzes just vier Tage vor der Regierungsneubildung vorgelegt wurde.
Rekapitulieren wir: Noch im Oktober 2024 wollte der damalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang (CDU), das Gutachten noch im Jahre 2024 vorlegen. Ende März/Anfang April 2025 fragte ZDF Frontal beim Bundesinnenministerium (BMI) nach und erhielt die Antwort: „So ein Gutachten wird fertig, wenn das Bundesinnenministerium will, dass es fertig ist.“
Da das BMI nur fachlich prüft, ist aus heutiger Sicht zu vermuten, dass diese Prüfung bereits in vollem Gange war. Das Bundesamt für Verfassungsschutz war wohl schon fertig mit seiner Einschätzung.
Diskussionen über AfD-Verbot
Bereits seit längerer Zeit gibt es Bestrebungen für ein Verbot der AfD. Bereits am 30. Januar 2025 diskutierte der Bundestag über zwei Initiativen zu einem AfD-Verbotsverfahren, ohne einen Beschluss. Es wurde nicht einmal abgestimmt, auch nicht über den Antrag der Grünen. Diese wollten wenigstens die Erfolgsaussichten eines etwaigen Verbotsantrags prüfen lassen.
Das Ganze geschah fast zeitgleich mit den bekannten Vorstößen der CDU zur Verschärfung in der Migrationspolitik. Sie erinnern sich gewiss an den 5-Punkte-Plan, der im Bundestag eine Mehrheit fand, und an das Zustrombegrenzungsgesetz, welches abgelehnt wurde. Die CDU übernahm hier in der Migrationspolitik die Positionen der AfD.
Es war keine Rede mehr von einer „Brandmauer“, Friedrich Merz bestritt sogar, den Begriff benutzt zu haben, und die CDU stellte lieber kurz vor der Wahl noch 551 Fragen zur politischen Neutralität staatlich finanzierter NGOs an die Bundesregierung.
Nach der Wahl keine Zusammenarbeit mit der AfD
Nach der Wahl zeigte sich das Dilemma: CDU/CSU hatten mit der Annäherung nach rechts keine Stimmzuwächse verzeichnen können, die AfD wurde mit einem Rekordergebnis zweitstärkste Kraft. Friedrich Merz hielt sich aber an sein Versprechen, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, und nahm Koalitionsgespräche mit der SPD auf.
Diese führten zum allseits bekannten, wenn auch viel kritisierten Koalitionsvertrag, der auch von den Parteigremien bestätigt wurde. Am 5. Mai soll er unterzeichnet werden und am 6. Mai stellt sich Merz der Wahl zum Bundeskanzler.
Am 2. Mai warf, man kann es kaum anders nennen, die scheidende Bundesinnenministerin dem künftigen Kanzler und ihrem potenziellen Nachfolger im Amt das Verfassungsschutzgutachten zur AfD vor die Füße.
Jens Spahn muss sich positionieren
Das wird Auswirkungen haben. CDU und CSU müssen sich jetzt damit beschäftigen. Ein Fraktionsvorsitzender namens Jens Spahn, der noch kürzlich den Umgang mit der AfD normalisieren wollte – anders kann man die Aussage „Mit der AfD umgehen wie mit jeder anderen Oppositionspartei“ kaum bezeichnen –, muss sich jetzt positionieren. Die CDU muss sich gut überlegen, ob sie weitere Anträge einbringt, die nur mit den Stimmen der AfD Erfolg haben.
Die SPD ist fein raus. Sie ist als kleinerer Partner zwar in der Regierung, aber die Leitlinien der Politik bestimmt der Bundeskanzler. Das nennt man dann Richtlinienkompetenz. Man könnte fast vermuten, dass Olaf Scholz die Sache mit dem AfD-Verbot einfach ausgesessen hat.
Fazit: Jetzt muss sich die neue Regierung, mit einer knappen Regierungsmehrheit im Parlament, damit beschäftigen. Auch wenn die AfD im Verfassungsschutzgutachten „aufgrund der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft wird, bleibt der Ausgang offen.
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Keine Kommentare bisher
Ach, Thomas Köhler, es ist wirklich schade: >>„Was es auch sei, ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen.“ So lässt Vergil den Laokoon in der Aeneis sagen.<<
Mit einem solch aufgeblasenen Einstieg schmeißt man potentielle Leser*innen raus, behaupte ich mal. Denn wer dieses Zitat nicht sofort zuordnen kann, wird sich dem restlichen Text auch nicht gewachsen fühlen. So auch ich. Nochmal schade.