Mit Verwunderung und großer Empörung haben viele Beschäftigte der Leipziger Verkehrsbetriebe sowie Vertreter der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft auf die in den letzten Tagen veröffentlichte Berichterstattung reagiert.

So war am 24. März in der Leipziger Volkszeitung zu lesen, dass die LVB-Beschäftigten seit Januar einen Inflationsausgleich in Höhe von 300 Euro erhalten. Das ist faktisch falsch. Richtig ist, dass die Verkehrsbetriebe in Chemnitz, Dresden und Zwickau seit dem 1. Oktober 2022 einen Inflationsausgleich von 200 Euro netto zahlen, der sich am 1. April 2023 auf 300 Euro erhöht und bis Jahresende gezahlt wird. Diese Zahlung leisten die Leipziger Verkehrsbetriebe an ihre Beschäftigten nicht.

Dazu Paul Schmidt, ver.di Fachbereichsleiter und Verhandlungsführer für den Tarifvertrag Nahverkehr (TV-N Sachsen): „Die LVB haben sich – anders als andere kommunale Verkehrsunternehmen in Sachsen – dazu entschieden, ihren Beschäftigten den Inflationsausgleich vorzuenthalten. Damit gehen den LVB-Mitar-beitern während der Laufzeit des Inflationsausgleichs im Vergleich zu ihren Kollegen in Chemnitz, Dresden und Zwickau 3.000 Euro netto verloren. Dass sie deswegen erbost sind, dürfte jeder verstehen.“

Vereinbart wurde lediglich, dass die Vergütung bei der LVB genauso wie bei den anderen kommunalen Verkehrsunternehmen in Sachsen mit Wirkung zum 1. Januar 2024 um 300 Euro brutto angehoben wird. Im Ergebnis verdienen die Beschäftigten dann jedoch immer noch mehrere hundert Euro weniger als beispielsweise in Regionalverkehrsunternehmen gezahlt werden. Auch der entgangene Netto-Inflationsausgleich ist damit nicht ersetzt.

Die medial herausgehobene Darstellung der bereits im Jahr 2020 vereinbarten und jetzt umzusetzenden Arbeitszeitverkürzung auf 38 Stunden erweckt einen falschen Eindruck. Dazu Schmidt: „Obwohl beispielsweise in Sachsen-Anhalt und Thüringen jeden Monat mehrere hundert Euro mehr bezahlt werden, wurde die Arbeitszeit dort schon vor Jahren auf 38 Stunden abgesenkt. Die LVB zahlt also nicht nur deutlich schlechter als andere Unternehmen, die Beschäftigten mussten für weniger Geld also auch noch jahrelang länger ar-beiten.“

Die Krönung des Ganzen erfolgte jedoch in der Onlineausgabe der Leipziger Volkszeitung am 25. März 2023. Hier bezeichnet LVB-Sprecher Marc Backhaus, sicher mit Rückendeckung der LVB-Geschäftsführung, die Berichterstattung über den laufenden Tarifkonflikt als „einseitig“ und mit einer „schiefen Außenwirkung“. Diese Darstellung führt bei den Kolleginnen und Kollegen und der Leipziger Verkehrsbetriebe zu erheblicher Unruhe. Betriebsräte beschreiben teils gar den Betriebsfrieden als gefährdet.

Paul Schmidt schildert dazu sein Unverständnis: „Die LVB erwecken den Eindruck, als würden wir sie in der Öffentlichkeit bewusst schlechtreden. Der Blick auf die Fakten verrät, dass das eine völlig surreale Unterstellung ist. Fassen wir zusammen: Die Leipziger Verkehrsbetriebe zahlen die mutmaßlich schlechtesten Löhne aller kommunalen Verkehrsunternehmen bundesweit.

Berufseinsteiger verdienen monatlich bis zu 800 Euro weniger als sie für die gleiche Tätigkeit bei Regionalverkehrsunternehmen in Sachsen bekommen würden. Gleichzeitig hat die LVB-Geschäftsführung ihren Mitarbeitern die Zahlung einer Inflationszulage verweigert, deren Zahlung in Chemnitz, Dresden und Zwickau jedoch möglich war.

Inwiefern es sich bei der Benennung dieser skandalösen Zustände um eine ,schiefe Außenwirkung‘ oder ,einseitige Darstellung‘ handeln soll, ist für uns schlicht unbegreiflich.“

„Vielleicht sollte die LVB-Geschäftsführung damit aufhören, sich öffentlich für neue Straßenbahnen, breitere Gleise oder Zusatzangebote wie ,Flexa‘ zu feiern und sich lieber in gleicher Weise für faire Löhne für ihre Beschäftigten einsetzen. Dann braucht es auch keine Streiks. Wenn bei der LVB endlich fair bezahlt wird, dann wird es auch deutlich leichter gelingen, freie Stellen nachzubesetzen“, so ver.di-Vertreter Paul Schmidt.

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