Die Linken preschten mit einer Anfrage zum Wilhelm-Leuschner-Platz schon mal vor, die SPD-Fraktion in Leipziger Stadtrat macht jetzt gleich Nägel mit Köpfen und hat jetzt einen richtigen Antrag ins Verfahren gebracht: „Modernes Verwaltungs- und Bürgerzentrum - Neues Stadthaus - auf dem Areal Wilhelm-Leuschner-Platz“. Ein Ortstermin - auf dem Rossplatz.

Denn um den geht es, wenn von den der Stadt gehörenden Grundstücken am Wilhelm-Leuschner-Platz die Rede ist. Hier – zwischen Grünewaldstraße und Bowlingtreff – besitzt die Stadt wichtige Grundstücke in bester City-Lage. Ideal geeignet – zum Beispiel für eine Firmenzentrale für die LVV. Das war der Grundtenor der Anfrage der Linksfraktion.

Aber eigentlich brennt der Stadtverwaltung das Thema Verwaltungsliegenschaften selbst unter den Nägeln. Und nicht immer sind es – wie beim Rathaus Wahren – eigene Liegenschaften, in denen städtische Ämter untergebracht sind. Mal ist es ein angemietetes ehemaliges Versicherungsgebäude – wie das Technische Rathaus in der Prager Straße – mal sind es völlig überalterte Unterbringungen wie im Bau der ehemaligen Stasi-Zentrale. Mal muss eine Liegenschaft erst teuer angemietet werden, weil die Aufgaben der wachsenden Stadt ebenfalls wachsen – wie jetzt aktuell bei der Anmietung der Otto-Schill-Straße 2 diskutiert.

Tatsächlich schwelt das Thema eines neuen Verwaltungsstandortes seit 2004. Damals diskutierte der Stadtrat intensiv über den Bau eines neuen Technischen Rathauses an der Nonnenmühlgasse. Alles sprach dafür – nur der städtische Haushalt stand dagegen. Die Investition war nicht drin. Da war der Verwaltungsbürgermeister froh, für das recht moderne Versicherungsgebäude an der Prager Straße kurzfristig Mietverträge abschließen und das alte, sanierungsreife Technische Rathaus verlassen zu können.

Was aber das Grunddilemma nicht gelöst hat: Wichtige Ämter sind im ganzen Stadtgebiet verteilt. Die einen sitzen in der Naumburger Straße in Plagwitz, die nächsten am Sportforum. Und der geplante Umzug des Bürgeramtes Mitte in die Otto-Schill-Straße zeigt, dass eigentlich auch ein großer Anlaufpunkt für die Bürger und Neuankömmlinge in der Stadt fehlt. Also weniger ein Stadthaus im alten Sinn, sondern ein richtiges Bürgerhaus, wie SPD-Stadträtin Ingrid Glöckner betont.

Eine vage Vision: Der alte Entwurf von Wolf / Pelcak, in den die SPD-Fraktion einfach mal den neuen Verwaltungssitz eingemalt hat.
Eine vage Vision: Der alte Entwurf von Wolf / Pelcak, in den die SPD-Fraktion einfach mal den neuen Verwaltungssitz eingemalt hat.

„Eigentlich sind wir seit Dezember dran an dem Thema“, sagt Manfred Rauer, früher selbst mal Stadtrat in der SPD-Fraktion, jetzt aktiv im Stadtbezirksbeirat Leipzig-Mitte. Damals hatte der Stadtrat die Rahmenrichtlinien für das Areal Wilhelm-Leuschner-Platz/Markthallenviertel beschlossen, um endlich die Entwicklung auf diesem nach wie vor brachliegenden Gelände in Gang zu bringen. Da steckte nicht nur der Bau der Markthalle mit drin, sondern auch die Möglichkeit, am Rossplatz vielstöckig zu bauen.

Und was liegt näher, als dass die Stadt hier selbst baut und endlich die vielen Verwaltungseinheiten, die heute übers ganze Stadtgebiet verstreut sind und auch den Bürgern oft elend lange Anfahrtswege bescheren, an dieser Stelle zu bündeln. Rechnen sollte sich das, sagt SPD-Stadtrat Heiko Oßwald und verweist auf den Neubau der LWB, die damit langfristig preiswerter kommt, als hätte sie sich weiter in einer privaten Immobilie eingemietet. Und auch in der Konzernspitze der LVV wird ernsthaft über den Bau einer eigenen Konzernzentrale nachgedacht, die vor allem auch die Steuerungsfunktionen aller drei Tochterunternehmen bündelt.

„Was läge da näher, als auch darüber nachzudenken, vielleicht sogar die LVV zu beauftragen“, sagt Oßwald. „Es muss ja nicht die Stadt selber bauen, man kann ja auch die LVV beauftragen.“ Die habe ja selbst großen Bedarf an einem großen Kundencenter. Warum sollte man das nicht verbinden und – so Oßwald – „ein Bürger- und Kundencenter“ bauen, das alle Bedarfe bündelt? Unter einem großen, gelben L, versteht sich.

Wer genau was bauen soll, das will die SPD-Fraktion mit ihrem Antrag noch gar nicht vorgeben. „Das ist jetzt ein Auftrag an die Verwaltung”, sagt Oßwald. Die muss die Bedarfe, die ja nun einmal eindeutig bestehen, ermitteln und dem Stadtrat dann ein schlüssiges Konzept vorlegen. „Das hätten wir eigentlich erwartet, bevor die Vorlage zur Otto-Schill-Straße kommt“, sagt Oßwald. Aber dass man die Flächen kurzfristig brauche, wäre ja verständlich. „Aber was ich nicht verstehe, ist, dass man da gleich Mietverträge über 25 Jahre machen muss.“

„Das weiß doch kein Mensch, wie die Verwaltung in 25 Jahren aussieht und welcher Bedarf da noch besteht“, ergänzt Glöckner.

Jedenfalls werde man darauf dringen, dass der Mietvertrag in der Otto-Schill-Straße für einen deutlich kürzeren Zeitraum abgeschlossen werde.

Und wie schnell soll es am Rossplatz gehen? „Das ist eindeutig ein mittelfristiges Projekt“, sagt Heiko Oßwald. Mit acht Jahren müsse man schon rechnen, wenn man die Größenordnung und den Platz bedenke, an dem gebaut werden solle. Es solle ja an so prominenter Stelle auch kein langweiliger 08/15-Bau werden.

Wie groß aber gebaut wird, ob gleich das ganze Technische Rathaus einziehen könnte oder die LVV baut und vor allem publikumsträchtige Ämter einziehen, das müsse jetzt die Verwaltung prüfen. „Es ist ein einmaliges Zeitfenster“, sagt Ingrid Glöckner. Auch weil die Grundstücke in einer ideal angebundenen Innenstadtlage lägen. Die Straßenbahn-Haltestellen Rossplatz und Wilhelm-Leuschner-Platz liegen direkt vor der Tür. „Das wäre ideal für alle“, sagt Glöckner. „Zentrumsnah und für jeden erreichbar. Besser geht’s nicht.” Und an den Bau eines großen Parkhauses würde man auch nicht denken müssen. “Ein echter Beitrag für die autoarme Innenstadt.“

Einziger Wermutstropfen für Manfred Rauer: mit dem Leitlinienbeschluss von 2015 hat der Stadtrat auch beschlossen, die Baukante an der Markthallenstraße enden zu lassen und das gar nicht so kleine Dreieck bis zum eigentlichen Wilhelm-Leuschner-Platz nicht zu bebauen. „Da hätten wir uns auch im Stadtbezirksbeirat gewünscht, dass die Raumkante bis vor geht.“ Das hätte auch noch weitere Möglichkeiten für die Bebauung im einstigen Markthallenviertel ergeben. Aber da war die Mehrheit im Stadtrat nicht zu überzeugen. Oder hatte es mal wieder zu eilig.

Jetzt ist die SPD-Fraktion erst mal gespannt, wie die Verwaltung auf ihren Antrag reagiert. Die Zeit drängt – auch für die Verwaltung, die für viele ihrer Außenstellen nur befristete Mietverträge laufen hat, und für die die Bündelung an zentraler Stelle auch ein finanziell sinnvoller Schritt wäre.

Der Antrag der SPD-Fraktion.

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Es gibt 3 Kommentare

Bitte beachten Sie die Bildunterschrift: Es handelt sich nur um den vagen Entwurf von Wolf und Pelcak für eine mögliche Gestaltung des Gebietes. Wie die wirklichen Gebäude aussehen werden, müssen erst noch Architekturwettbewerbe klären.

Echt, dieses Trafohäuschen soll die Markthalle sein?

Noch schlimmer als auf dem Augustusplatz die Tiefgarageneinfahrt und die Milchtöpfe.

Gute Nacht, Leipzig. Du warst mal eine echt schöne Stadt.

Um eine Konzernzentrale zu haben muss man nicht bauen, da kann man auch erstmal mieten – oder wie wird der Konzern denn jetzt gesteuert???

Kundencenter, Konzernzentrale: Wären die Firmen echt an Vorteilen für Bürger interessiert, und würden nicht so unverschämte Preise für schlechte Leistungen verlangen, dann ja, städtisches Eigentum für einen guten Zweck.
So, wie seit Jahren agiert wird: NEIN!

“Zentrumsnah und für jeden erreichbar”; kein Parkhaus.
Aha! Am Leuschnerplatz fährt sehr nah ÖPNV.
Aber auch dort, wo die Leute herkommen, die dort arbeiten sollen???
Leipzigs Einwohnerzahl wächst, Leipzig’s ÖPNV schrumpft.

Der Entwurf ist kein großer Wurf. Langweilig.
Ideenlos kopierte Bäume auf einem unsinnigen Platz.
Einfallsloses Bürogebäude links.
Eine nicht benötigte und armselig architektierte Markthalle in der Mitte.

Was passiert eigentlich mit dem Bowlingtreff?
Der ja zu feucht ist, keine Fenster hat; eigentlich für nichts mehr zu gebrauchen? Wer WILL denn da einziehen?
(Der liegt statisch unter dem Bürogebäude links…)

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