Eigentlich war zu erwarten, dass es nicht so einfach geht, dass die Anforderungen an den heutigen Wohnungsbau mittlerweile so hoch sind, dass auch die stadteigene Wohnungsgesellschaft LWB keine Wohnungen mehr unter 10 Euro Mietpreis je Quadratmeter bauen oder sanieren kann. Auch die heiß umkämpften Wohnungen in der Hardenbergstraße werden nicht preiswerter, teilt die LWB jetzt mit.

Zur vergangenen Stadtratssitzung hatte Stadträtin Juliane Nagel von der Linken nach dem Stand der Sanierung und nach dem Umgang mit Mieter*innen von LWB-Objekten in Connewitz und der Südvorstadt gefragt. Inzwischen liegt die Antwort der LWB vor.

Hintergrund der erneuten Anfrage ist der Plan der LWB, im Leipziger Süden 340 zum Teil noch bewohnte Wohneinheiten sanieren zu wollen. Fast 100 MieterInnen der betroffenen Häuser wendeten sich im Januar 2017 an die LWB und forderten „Transparenz bei der Planung von etwaigen Sanierungsvorhaben, sozialverträgliche Mieten auch nach möglichen Sanierungen oder Instandsetzungen, eine Beteiligung der Mieter*innen an den Planungen sowie die Bereitschaft der LWB, Modelle der Mieter*innenselbstverwaltung zu erproben.“

„Laut Antwort auf die aktuelle Stadtratsanfrage sind diese Forderungen nicht im Ansatz erfüllt“, stellt Juliane Nagel nun fest. „So stiegen die Mieten im Komplex Brandvorwerkstraße 62-64 und der Hardenbergstraße 4-6 nach der Sanierung von 3,71 Euro auf zirka 10 Euro.“

Was übrigens vom Aufsichtsrat der LWB so beschlossen wurde: „Gemäß Aufsichtsratsbeschluss werden wir in der Hardenberg-/Brandvorwerkstraße im Durchschnitt für zehn Euro pro Quadratmeter vermieten. Die Durchschnittsmiete lag vor der Sanierung bei 3,71 EUR/qm“, heißt es in der Antwort der LWB.

Und als Grund für den deutlich gestiegenen Mietpreis gibt die LWB an: „Es handelte sich um eine komplexe Baumaßnahme. Das heißt unter anderem, dass umfassende Grundrissänderungen vorgenommen wurden. So konnten wir neben Zwei-Raum-Wohnungen auch größere Familienwohnungen mit drei und vier Räumen, für die es einen großen Bedarf gibt, schaffen. Alle 24 Wohnungen haben einen Balkon erhalten und die Häuser wurden umfangreich energetisch saniert. Die Sanierung erfolgte im unbewohnten Zustand. Zwei frühere Mieter erwägen den Wiedereinzug.“

Das sind nicht die einzigen Wohnungen, die die LWB jetzt im Süden saniert.

Aus den im Jahr 2018 zur Sanierung anstehenden Objekten in der Richard-Lehmann-Straße 39-43 sind zahlreiche MieterInnen durch den mangelnden Substanzerhalt, mangelnde Reparaturen und infolge der Sanierungsankündigung bereits ausgezogen. Hier freilich will die LWB Mittel für sozialen Wohnungsbau zum Einsatz bringen, so dass nachher wenigstens Mietpreise um die 6 Euro möglich sind.

„Einvernehmliche Lösungen mit den wenigen verbleibenden BestandsmieterInnen sind nicht in Sicht. Statt echten Beteiligungsmöglichkeiten gibt es nur einseitige, unverhandelbare Angebote“, kritisiert Juliane Nagel.

Auf einen zweiten Offenen Brief der MieterInnen aus der Richard-Lehmann-Straße 39-43 vom August 2017, mit dem die MieterInnen ihre Forderung nach Erhalt von KdU-fähigen und preiswerten Mieten auch nach den Sanierungen/Modernisierungen und einer angemessenen Einbeziehung erneuerten, reagierte die LWB lediglich mit der Bitte um Benennung von AnsprechpartnerInnen aus den betroffenen Häusern, merkt Nagel an. „Die Mieter*innen setzten mit ihrer Organisierung aber gerade nicht auf Vereinzelung, sondern auf eine organisierte, alle betroffenen Häuser umfassende Kommunikationsplattform und eine Gesamtlösung im Sinne des Erhalts bezahlbaren Wohnraums in den beiden Ortsteilen.“

Die LWB hatte lieber das Einzelgespräch gesucht: „Die Möglichkeit einer Detailabstimmung vor Ort wurde von drei Mietparteien genutzt. Bei einigen Mietern gibt es Überlegungen bzgl. eines Umzugs innerhalb des Objektes.“

Das Problem, so Juliane Nagel: „Und die MieterInnen haben Recht: In den vom Stadtrat am 12.04.2017 beschlossenen Eigentümerzielen für die LWB wird klar festgehalten, dass preisgünstige und mittelpreisige Wohnungen nach Sanierung/Modernisierung im gleichen Marktsegment erhalten bleiben sollen (Vorgehensziel 1.1.8). Zudem soll in Stadtteilen, in denen die durchschnittliche Bestandsmiete oberhalb des gesamtstädtischen Durchschnitts liegt, der Bestand an Wohnungen, die den Angemessenheitskriterien der Richtlinie ‚Kosten der Unterkunft‘ (KdU) entsprechen, gehalten bzw. wenn möglich erhöht werden (Vorgehensziel 1.1.11). Diesen vom Stadtrat auferlegten Zielen wird die LWB hier also klar nicht gerecht. Denn: Die Mieten in Connewitz und in der Südvorstadt liegen über dem städtischen Durchschnitt und haben in den vergangenen Jahren kräftige Sprünge nach oben gemacht.“

Der Punkt 1.1.8. in den 2017 beschlossenen Eigentümerzielen lautet tatsächlich: „Modernisierungsmaßnahmen der LWB sollten im mietpreisgünstigen oder mittelpreisigen Bestand grundsätzlich nur in dem Maße durchgeführt werden, dass die Bestände auch nach der Sanierung im gleichen Marktsegment gehalten werden können.“

„Das Prozedere und die Mietentwicklung bei den bereits sanierten Häusern aus den in Rede stehenden LWB-Beständen lässt in Bezug auf den Umgang mit den folgenden Häusern in Connewitz und der Südvorstadt nichts Gutes erwarten“, zieht Juliane Nagel ihren Schluss aus der Entwicklung. „Es erhärtet sich der Eindruck, dass die LWB die Wohnhäuser gezielt leer zieht und damit die Verantwortungsübernahme für BestandsmieterInnen umgeht. Aber: Niemand darf verdrängt werden! Bezahlbare Mieten sind gerade im Leipziger Süden – auch angesichts der Miethöhen die im Neubau aufgerufen werden – dringend zu bewahren. Nicht zuletzt bieten die engagierten MieterInnen für die LWB die Chance neue Formen der Kooperation und Beteiligung zu erproben.“

Für die ersten 500, 600 neuen Wohnungen hat die LWB schon sehr konkrete Pläne

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