Man muss sich rechtzeitig sorgen, bevor irgendwo in Leipzig neue Baupläne aufgestellt werden. Das haben auch die Grünen im Leipziger Stadtrat inzwischen gelernt. Seit zwei Jahren wird ja intensiv über die Zukunft des Kleinmessegeländes am Cottaweg diskutiert. Und ans Kleinmessegelände grenzt ja auf der Westseite ein richtiges Wäldchen. Das aber als Wald noch gar nicht richtig gesichert ist. Hier müsste eigentlich der Bestand gesichert werden, meint Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek.

Der Naturschutzbund Leipzig (NABU) hat zum Gelände westlich des Festplatzes in Altlindenau ein Gutachten zu Brutvogelpopulationen vorgelegt und an die Stadtverwaltung übergeben. Die Untersuchung zeigt den hohen Wert der Flächen im Biotopverbund auf.

Ein Korridor auch für die Wildkatze

„Wie soll es weitergehen mit dem Gelände der Kleinmesse?“, fragte sich der NABU Leipzig. „Darüber wird in Leipzig diskutiert, und das war Anlass für den NABU Leipzig, die Brutvogelfauna auf dem Gelände und den angrenzenden Flächen zu untersuchen. Dabei kam heraus, dass das Waldstück westlich des Kleinmessegeländes eine herausragende Bedeutung für den Biotopverbund zwischen nördlichem und südlichem Auwald hat. Auch die Europäische Wildkatze (Felis silvestris) nutzt das Areal als Korridor.“

Der NABU Leipzig fordert deshalb, die „Sonderbaufläche mit hohem Grünanteil“ aus dem Flächennutzungsplan der Stadt Leipzig zu streichen und die ökologische Funktion des Areals für den Biotopverbund zu erhalten. Das Wäldchen reicht im Westen bis an die Capastraße, wo RB Leipzig seit Februar seine neue Geschäftsstelle baut.

Die Baustelle der neuen Geschäftsstelle von RB Leipzig an der Capastraße. Foto: Ralf Julke
Baustelle der neuen Geschäftsstelle von RB Leipzig an der Capastraße. Foto: Ralf Julke

Die Ergebnisse der Brutvogelkartierung hat der NABU Leipzig am 22. Mai 2023 an die Stadtverwaltung und die Ratsfraktionen übergeben – am Internationalen Tag der Biologischen Vielfalt. Ein symbolischer Tag, um darauf hinzuweisen, dass Leipzig seinen Verpflichtungen zum Schutz der Biodiversität nachkommen muss.

„Das untersuchte Gebiet mit dem Wald und der daneben liegenden Kleinmesse ist somit ein Areal, welches eine wichtige Rolle für die Vogelwelt spielt. Diese Wertigkeit wird zusätzlich dadurch untermauert, dass es sich bei dem als ‚Sonderbaufläche mit hohem Grünanteil‘ im FNP der Stadt Leipzig deklarierten Gebiet um ein Nadelöhr zwischen nördlichem und südlichem Auwald handelt“, stellte der NABU fest.

„Der Leipziger Auwald ist ein zusammenhängendes SPA- und FFH-Gebiet des Schutzgebietssystems Natura 2000, welches östlich an das untersuchte Gebiet angrenzt. Für zahlreiche Vogel-, Säugetier-, Amphibien-, Reptilien-, Insekten- und Pflanzenarten sind das Untersuchungsgebiet sowie der östlich daran angrenzende schmale Natura-2000-Streifen ein bedeutsames Biotopverbundelement. Diese zusammenhängenden Grünstreifen (Wald, parkartige Strukturen, Uferbereiche, Wasserfläche) benötigen einige Arten, um zwischen nördlichem und südlichem Auwald hin- und herzuwandern.“

Das Auensystem muss hier repariert werden

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützt die Forderung, dass es keine weitere Bebauung in diesem Bereich geben darf. Derzeit ist das Areal im Flächennutzungsplan aber eben als Sonderbaufläche mit überwiegendem Grünanteil festgesetzt. Das ist aus Sicht von Jürgen Kasek, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, nicht ausreichend.

„Es handelt sich um einen sensiblen Bereich des Leipziger Auensystems, wo die Verbindung zwischen Nordwestaue und südlichem Auwald ohnehin schon gestört ist. Aus dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept 2030 ergibt sich klar, dass es dort um die Stärkung des Grünzugs gehen muss“, sagt Kasek. „Bevor auch die Renaturierung des Elsterbeckens nicht voranschreitet, um eine Biotopverbindung wenigstens wiederherzustellen, darf es keine weitere Bebauung oder Zerschneidung geben.“

Aber auch um das Elsterbecken wird seit Jahren gerungen. 2019 lehnte Leipzigs Verwaltung eine Untersuchung zur Renaturierung des Elsterbeckens noch rundweg ab. Das war 2022 dann schon spürbar anders, als sie dem Antrag, ein Gutachten zur Renaturierung des Elsterbeckens erstellen zu lassen, zustimmte. Versprochen war das Gutachten für 2023. Da warten also schon einige Leute drauf.

Aber auch andere Bebauungen in diesem schmalen Auwald-Korridor stellt Kasek infrage: „Darüber hinaus muss es perspektivisch auch um eine Renaturierung weiterer Bereiche im Auwald wie Motodrom und Schießkeller gehen, und nicht um eine Verfestigung des jetzigen, aus umweltpolitischer Sicht, unbefriedigenden Zustandes.“

Für die Zukunft des Motodroms gab es 2022 aber noch keine Lösung. Und zur Zukunft des Schützenhauses mit den Schießanlagen auch nicht. Hier hat der Stadtrat die Entscheidung bis 2045 vertagt.

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