Seit Februar baut der Fußballclub RB Leipzig an der Capastraße seine neue Geschäftsstelle. Leipzigs Verwaltung war sogar froh, dass der Club das Grundstück an der Capastraße gefunden hat und kaufen konnte, denn dadurch wurde ein länger währender Konflikt um das Gelände des ehemaligen Schwimmstadions entschärft, wo die Stadt eine Schule bauen möchte. Aber durfte denn RB Leipzig einfach so bauen an der Capastraße, wollte Marcel Otte in einer Einwohneranfrage wissen.

Immerhin grenzt auf der anderen Seite der Capastraße genau jenes artenreiche Wäldchen an, um dessen Erhalt sich gerade NABU Leipzig und Grünen-Fraktion bemühen. Und RB Leipzig baut ganz unübersehbar groß. Der Charakter der Capastraße an dieser Stelle wird sich deutlich verändern.

„RB Leipzig hat mit dem Bau einer neuen Geschäftsstelle am Standort Capastraße/Ecke Erich-Köhn-Straße begonnen“, stellte Marcel Otte fest. Und formulierte auch gleich seine Besorgnis: „Zwischen der Kleinen Luppe im Westen und Auwaldausläufern im Osten befand sich hier eine überwiegende Freifläche mit zahlreichen Gehölzen.

Im Integrierten Stadtentwicklungskonzept Leipzig 2030 (INSEK) ist die Fläche dem Schwerpunktgebiet ‚Grün- und Gewässerverbund‘ zugeordnet. Der gültige Bebauungsplan 384.1 umfasst Teile der Brache Capastraße/Ecke Erich-Köhn-Straße. Hier wird ein Bereich mit Wald sowie eine naturnahe Parkanlage festgeschrieben.“

Dürfte hier also eigentlich gar nicht gebaut werden?

Platz für einen kleinen Wald

Auf dem gesamten Grundstück sicher nicht, stellt das Stadtplanungsamt in seine Antwort fest: „Der Standort des Vorhabens befindet sich teilweise im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 384.1 ‚westlich vom Cottaweg – nördlicher Teil‘. Zu den vom Bebauungsplan überplanten Flächen gehören Teilflächen entlang der Luppe mit einer Tiefe von ca. 30 m und entlang der Erich-Köhn-Straße mit einer Tiefe von bis zu ca. 45 m.

Die Teilflächen sind im Freiflächenplan des Bauantrags als öffentlicher Wald sowie entlang der Luppe als Freizeit- und Erholungsflächen des Vorhabens gekennzeichnet. Das Gebäude der Geschäftsstelle liegt nicht innerhalb des o.g. Geltungsbereich. Die Beurteilung dieser erfolgte auf Grundlage des § 34 BauGB.“

Genau zu diesem Konflikt hatte Otto eine spezielle Frage: „Hat der Bau Auswirkungen auf die im Bebauungsplan 384.1 ausgewiesene Waldfläche und Parkanlage? Falls ja, welche? Falls nein, warum nicht? Wann ist die Initiierung der Waldfläche sowie das Anlegen der Parkanlage vorgesehen?“

Zu sehen ist von Park und Wald zwar noch nichts. Aber der Wald sei trotzdem geplant, antwortet das Stadtplanungsamt: „Der Neubau der Geschäftsstelle hat keinen Einfluss auf die im Bebauungsplan ausgewiesenen Waldflächen, die Flächen werden im Zuge der Baumaßnahme angelegt und werden öffentlich zugänglich sein.“

Ausgleichsmaßnahmen nicht notwendig

Mit einer Ausnahme: „Bezüglich der im Bebauungsplan festgesetzten öffentlichen Grünfläche mit der Zweckbestimmung ‚naturnahe Parkanlage‘ wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans erteilt, da hier zum Teil die Freizeit- und Erholungsflächen der Geschäftsstelle entstehen werden. Die Befreiung konnte erteilt werden, da das grundsätzliche Ziel des Bebauungsplans (Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Entwicklung eines Trainingszentrums) nicht berührt wurden.

Die Befreiung ist auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Ein Verstoß gegen nachbarschützende öffentliche-rechtliche Vorschriften oder öffentliche Belange war nicht erkennbar.“

„Sind in diesem unmittelbaren Nahbereich Ausgleichsmaßnahmen oder andere Vorhaben vorgesehen, die den Biotopverbund zwischen dem nördlichen Auwald und dem südlichen Auwald westlich des Cottawegs gemäß der Festsetzung im integrierten Stadtentwicklungskonzept stärken?“, wollte Otte noch wissen.

Aber das sei gar nicht nötig, erwidert das Stadtplanungsamt: „Die nachgefragten Flächen stellten sich bis zum Baubeginn der RB Geschäftsstelle als hochverdichtete Lagerfläche eines Gewerbetreibenden dar. Mit der nun begonnenen Baumaßnahme werden die im Bebauungsplan dargestellten Grünmaßnahmen umgesetzt, was insgesamt zu einer Verbesserung der ökologischen Situation führen dürfte.

Weitere, darüber hinaus reichende Ausgleichsmaßnahmen, sind nicht vorgesehen.“

Welche Chancen hat die Fahrradstraße?

Und dann wird es für Radfahrer interessant, wie Marcel Otte feststellte: „Es ist vorgesehen, die Erich-Köhn-Straße und die Capastraße als Fahrradstraße auszuweisen. Die Durchfahrung der Capastraße ist für Kraftfahrzeuge gesperrt (LVB frei). Für die Geschäftsstelle von RB Leipzig sind 140 Kfz-Stellplätze (80 Tiefgarage, 60 zusätzlicher Parkplatz) vorgesehen. Wie wird die Stadtverwaltung baulich sicherstellen, dass das Durchfahrverbot der Capastraße durchgesetzt wird? Wie wird die Stadtverwaltung sicherstellen, dass der motorisierte Ziel- und Quellverkehr der Geschäftsstelle von RB Leipzig den Radverkehr auf dieser Fahrradstraße im Hauptnetz Rad nicht beeinträchtigt?“

Das sind eine Menge Parkplätze, die hier entstehen. Bedeutet das also das Aus für die gewünschte Fahrradstraße?

Das bedeute es nicht, versichert die Stadt: „Für die neue Geschäftsstelle ist nach unserem Kenntnisstand eine vordergründig nicht öffentliche Nutzung durch Besucher vorgesehen. Die ca. 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Gäste von RB erreichen die Geschäftsstelle über die Capastraße bzw. die Erich-Köhn-Straße. Mit diesem Neubau wird das Areal städtebaulich aufgewertet.“

Und der Antrag aus dem Stadtbezirksbeirat, hier eine Fahrradstraße zu schaffen, sei in Bearbeitung: „Parallel werden momentan Varianten der Verkehrsführung und Verkehrsraumaufteilung für die Erich-Köhn-Straße und Capastraße geprüft und final abgestimmt.

Dabei wurden die Anliegen des Stadtbezirksbeirats Alt-West entsprechend der Beschlusslage zum Antrag VII-A-07218 ‚Tempo 30 in der Erich-Köhn-Straße dank Fahrradstraße‘ in die Prüfung einbezogen, d.h. u.a. Ausweisung Fahrradstraße, Modalfilter, Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung. Sobald die Abstimmung erfolgt ist, kann eine genaue Zeitschiene für die Planung und Umsetzung veröffentlicht werden.“

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