So ein paar Details aus der Ratsversammlung vom 20. September sind noch nachzuholen. Denn diesmal tagte die Ratsversammlung ja nur einen Nachmittag. Man redete nicht so viel, hielt sich kurz und knapp. Und es war trotzdem noch Zeit, ein wenig die Verwaltung zu schelten. Obwohl die nun gerade für die massiven Kostensteigerungen am Bau ja gar nichts kann. Was ja auch zum Verschieben der Sanierung der Zeppelinbrücke geführt hat.

Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) und die Stadt hatten im März mitgeteilt, dass die zwei eingegangenen Angebote für die Ausschreibung den vom Stadtrat vorgegebenen Kostenrahmen von 7 Millionen Euro deutlich gesprengt hatten und die Ausschreibung deshalb am 28. März wegen Unwirtschaftlichkeit aufgehoben wurde. Sodass die Brücke auch nicht mehr vor der EM 2024 angepackt werden kann.

Es war übrigens nicht der Stadtrat, der die Ausschreibung aufhob, auch wenn das in der kurzen Rede von FDP-Stadtrat Sven Morlok so anklang, sondern es waren die LVB als Herr des Verfahrens. Also eben nicht „wir“, wie Sven Morlok meinte.

Und ob die Ausschreibungsergebnisse im Rahmen dessen lagen, was jetzt die Stadt in ihrer Vorlage beziffert hat, ist auch so eindeutig nicht. Dort stehen jetzt statt der 7 Millionen 10,5 Millionen Euro.

Und die Vorlage erzählt eben auch davon, dass Leipzig inzwischen mit einer Tatsache konfrontiert ist, die es so in der jüngeren Stadtgeschichte nicht gab: Dass es auf schon mit Puffer kalkulierte städtische Ausschreibungen weniger und dafür deutlich teurere Angebote gibt. Was dann in diesem Jahr dazu geführt hat, dass gleich mehrere Bauvorhaben nicht stattfanden und verschoben werden mussten.

Ein ganzes Problembündel

„Die Ursache für die Kostensteigerung muss mit der aktuellen Marktsituation begründet werden. Aufgrund der momentanen geopolitischen Lage, den beschlossenen Sanktionspaketen, den resultierenden Lieferproblemen wegen der Verknappung der Baumaterialien, der sich abzeichnenden Energiekrise und der allgemeinen Inflation kommt es zu überdurchschnittlichen Preissteigerungen“, beschreibt die Vorlage aus dem Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) das Problem.

„Die steigende Nachfrage nach Bauleistungen nach drei Jahren Corona trägt ihrerseits zur wahrnehmbaren ‚Preisrallye‘ bei. Dem alten Bau- und Finanzierungsbeschluss (VII-DS-07063) liegt wie üblich eine Kostenberechnung der Leistungsphase 3 HOAI (Entwurfsplanung) zugrunde. Der in den berechneten Gesamtkosten inkludierte Baukostenanteil liegt bei ca. 6,1 Mio. € (brutto). Dieser Baukostenanteil erhöht sich im Ergebnis der Ausschreibung auf ca. 9,6 Mio. €. Das bedeutet eine Preissteigerung gegenüber der Kostenberechnung von ca. 57 %. Die Kostensteigerung für das Leistungspaket der LVB liegt bei ca. 17 %. Nach Aufhebung der Ausschreibung durch die LVB (kein wirtschaftliches Angebot) soll die gemeinsame Baumaßnahme (LVB, LWW, VTA) noch in diesem Jahr neu ausgeschrieben werden und beginnend nach der Fußball-EM 2024 (07/2024) bis Ende 2026 realisiert werden.“

Baubeginn nach der EM

Denn da in diesem Jahr nicht gebaut wird, ist der Fertigstellungstermin zur Fußball-EM nicht zu halten.

„Da die Realisierung des Vorhabens dennoch erforderlich ist und priorisiert wurde, wird die Baumaßnahme im Anschluss an die Fußball-EM 2024 umgesetzt. Die Ausschreibung wird gem. der Bauherrenvereinbarung durch die LVB realisiert“, schrieb das VTA.

Änderungsanträge aus den Ratsfraktionen gab es nicht. Denn was will man ändern an einem Bauprojekt, das dringend erforderlich ist? Die Zeppelinbrücke ist auch schon 105 Jahre alt. Da drängt die Generalkur, die in diesem Fall ja auch mit dem Beseitigen einer Engstelle im Straßenbahnnetz zusammenhängt. Die Gleise liegen auf der Brücke noch zu dicht beieinander, sodass hier die breiteren Straßenbahnen, die ab 2025 rollen sollen, nicht aneinander vorbeikommen.

Da bleibt nur der Biss in den sauren Apfel und die Zustimmung zur deutlich höheren Ausschreibungssumme. Wirkliches Bauchgrummeln war da nur bei der Linksfraktion sichtbar, bei der sich fünf Stadträt/-innen bei der Abstimmung enthielten. Die Mehrheit der Ratsversammlung segnete die Vorlage ab. Die Ausschreibung kann raus, damit nach der Fußball-EM, die im Juni und Juli 2024 stattfindet, losgebaut werden kann.

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