Wenn da das eine oder andere Medium in Leipzig erst mal alle Gemüter aufregt und suggeriert, das Chaos würde demnächst ausbrechen, beschäftigt das natürlich auch postwendend die Leipziger Stadträte. So wie den Linke-Stadtrat Oliver Gebhardt, der die Botschaft mitnahm: Wenn die Sanierung der Zeppelinbrücke verschoben werden muss, dann kollidiert das mit der Europameisterschaft im Fußball 2024, bei der Leipzig einer der Austragungsorte ist. Also fragte er schnell mal nach.

Immerhin hatte das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) im Juli 2022 zur geplanten Sanierung der Zeppelinbrücke mitgeteilt: „Im Zuge der Bauwerksprüfung und einer Schadensanalyse wurde festgestellt, dass die Stirnwände der Zeppelinbrücke gravierende Schäden aufweisen und zeitnah instandgesetzt werden müssen.“

Aber was bedeutet zeitnah? „Im Rahmen der Debatte hat die Stadtverwaltung deutlich gemacht, dass die Instandsetzung unbedingt noch vor der Euro 24 begonnen werden muss“, stellte Oliver Gebhardt in seiner Anfrage fest.

„Die Kritik daran wurde bereits durch mich und die kommunale Medienberichterstattung wiedergegeben. Es ist kaum vermittelbar, dass einer der Hauptwege zum Veranstaltungsort bei einem der größten europäischen Events eine Baustelle ist. Durch den Stopp der Sanierung entsteht nun wiederum der Eindruck, dass die Sanierung vor der Euro 24 doch nicht so notwendig ist wie stets dargestellt.

Sofern der Zustand so desolat wie ursprünglich befürchtet ist, wäre die Vollsperrung der Brücke aus baulichen Gründen zur Euro 24 zu erwarten. Diese wäre tatsächlich eine Peinlichkeit, die den internationalen Gästen kaum zu vermitteln wäre.“

Zustand laut Stadt seit 2021 stabil

Ist hier also tatsächlich ein dringendes bauliches Problem herangereift, das Leipzig 2024 um die Ohren fliegt?

Ganz und gar nicht, teilt das Dezernat Stadtentwicklung und Bau mit: „Nein, die Bausubstanz entspricht unverändert dem in der Prüfung von 2021 festgestellten Zustand.“

„Steht aufgrund der ‚gravierenden Schäden‘ eine vollständige Sperrung der Zeppelinbrücke bevor?“, wollte Gebhardt wissen.

Doch davon kann keine Rede sein, betont das Baudezernat: „Eine Sperrung ist nicht erforderlich. Wir gehen davon aus, dass auch bis zur Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme keine gravierende Verschlechterung des Bauzustandes mit der Notwendigkeit kurzfristiger Sperrmaßnahmen eintritt.“

Es geht eher um die LVB als um die Fußball-EM 24

Aber warum dann der ganze Eiertanz um die Fußball-EM und das Jahr 2024?

„Der ursprünglich geplante Baubeginn vor der EM 2024 resultierte maßgeblich aus dem angezeigten Baubedarf der LVB für die Aufweitung der Gleisanlage von der Bowmanstraße bis zur Zeppelinbrücke in 2023/2024“, erklärt das Baudezernat jetzt. Denn ab 2024 nehmen die LVB die neuen, breiteren Straßenbahnen in Betrieb und wollen sie wenigstens schon mal auf zwei Hauptlinien einsetzen, wo der größte Teil der Gleise schon auf den neuen Abstand gebracht wurde. Das sind die Linien 15 und 16. Doch auf der Zeppelinbrücke gibt es noch eine Engstelle.

„Da die Gleisaufweitung den Bereich der Zeppelinbrücke beinhaltet und damit zwangsläufig auch den Instandsetzungsteil der Brückenmaßnahme im Bereich unter den neuen Gleisen, wurde stadtseitig entschieden, die ohnehin für den Gleisbau notwendigen Bauzustände und unabdingbaren Sperrzeiten für die Instandsetzung der Brücke mitzunutzen, um die unvermeidbaren Beschränkungen für den Verkehr und die Baukosten zu minimieren“, so das Baudezernat. „Weitere Synergien sollten durch eine gemeinsame Ausschreibung der Baumaßnahmen von LVB, LWW und der Stadt entstehen.“

Weitere Sicherungen bis zum nun für 2024 geplanten Baubeginn seien nicht notwendig, so das Baudezernat: „Bis zur Instandsetzungsmaßnahme sind derzeit keine weiteren Maßnahmen vorgesehen.“

Aber wie das nun mit der Fußball-EM 2024 wird, wollte Gebhardt ja wissen: „Welche Auswirkungen hat eine mögliche Nicht-Sperrung der Zeppelinbrücke auf das noch nicht vorliegende Verkehrskonzept für Großveranstaltungen am Sportforum, insbesondere der Euro 24?“

Das Dezernat Stadtentwicklung und Bau: „In Folge der Verschiebung der Baumaßnahme wird das Verkehrsführungsszenario angepasst. Der Sperrkreis wird zurzeit von einem externen Ingenieurbüro überarbeitet und erneut beschrieben. Der Mehraufwand wird als gering eingeschätzt.“

Auch bei einem pünktlichen Baubeginn im Mai 2023 hätte die Sanierung der Zeppelinbrücke die EM 2024 tangiert, denn die Bauarbeiten werden volle zwei Jahre in Anspruch nehmen. Mit Baubeginn im Jahr 2024 – wenn diesmal ein machbares Ausschreibungsergebnis hereinkommt – werden die Arbeiten alle Nutzer der Brücke bis 2026 in Atem halten.

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