Am Ende ging es eigentlich recht schnell, ohne große Diskussion. Denn diskutiert wurde lange genug. Über zehn Jahre hat es gedauert, den Bebauungsplan Nr. 397.1 „Stadtraum Bayerischer Bahnhof – Stadtquartier Lößniger Straße“ zur Beschlussreife zu bringen. Selbst Baubürgermeister Thomas Dienberg war das am Ende zu lang. Aber die Gründe dafür, dass solche Bauleitverfahren immer länger dauern, liegen nur zum kleineren Teil bei Kommune und Bauherr. Überbordende Bundesgesetze machen Bauplanungen geradezu zum Hindernislauf.
Wenn dann freilich noch der Wunsch der Stadt und des Stadtrates hinzukommt, wichtige stadtgestalterische Qualitäten mit unterzubringen, wird es zur Sisyphus-Arbeit. Und natürlich zu einem zähen Verhandeln mit dem künftigen Investor – in diesem Fall der BUWOG.
Und in seiner kurzen Einführung für die Vorlage ging Thomas Dienberg auch darauf ein, dass auch diese bilateralen Verhandlungen schon fünf Jahre gedauert haben und – unter schwierigen Bedingungen – in der Corona-Zeit begonnen haben.
Aber aus Sicht der Stadt wurden am Ende wichtige Bausteine Teil der Vorlage. Die BUWOG will hier an der Lößniger Straße in der Südvorstadt knapp 1.100 Wohnungen bauen. Die Leipzig dringend braucht, wie SPD-Stadtrat Marius Wittwer feststellte, der gleich noch aus seinem Leben als Stadtführer erzählte und seinen fleißigen Ansagen an die Gäste seiner Führungen, dass hier nun bald gebaut werde.
Aber ohne beschlossenen Bebauungsplan wird nun einmal nicht gebaut. Vertraglich gesichert hat die Stadt mit der BUWOG auch, dass 30 Prozent der neuen Wohnungen als Sozialwohnungen entstehen. Eine Bereicherung für ein Stadtquartier, in dem es zum Zeitpunkt – so Wittwer – nur noch ganze 36 Sozialwohnungen gibt.
Ein Park für den Süden
Gesichert ist jetzt im B-Plan auch der Park zwischen Wohnbebauung und S-Bahn-Gleisen samt dem Nordstück der geplanten Aktivachse Süd, die vom Bayerischen Bahnhof einmal bis nach Markkleeberg führen soll.
Wenn denn die Deutsche Bahn mitspielt, mit der die Gespräche in letzter Zeit geradezu zäh geworden sein müssen, wie die Fraktionsvorsitzende der Linken, Franziska Riekewald, andeutete. Weshalb die Linksfraktion extra noch einen Änderungsantrag geschrieben hatte.
Weil das ein echtes Problem ist, sei hier einmal der ganze Änderungsantrag der Linksfraktion zitiert: „Die Wegeverbindung Richtung Unterführung der Semmelweisbrücke wird als direkte Verbindung zum S-Bahnhaltepunkt MDR, wie im ursprünglichen Entwurf (VII-DS-07502) vorgesehen, festgesetzt. Dem Hinweis der Deutschen Bahn aus der erneuten Beteiligung nach § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB wird nicht gefolgt (siehe Kapitel 8.5).“
Und das begründet die Linksfraktion auch: „Die Deutsche Bahn hat in ihrer Stellungnahme zum B-Plan Entwurf ausgeführt, dass die von der Verwaltung favorisierte Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmungen ‚Fuß- und Radweg‘ im südlichen Planbereich geändert werden soll. Konkret soll nach Wunsch der Bahn der Wegeteil in Richtung Unterführung der Semmelweisbrücke entfallen. Dieser stellt aber die fußläufig kürzeste Verbindung zwischen dem neuen Quartier und dem S-Bahn-Haltepunkt MDR dar.
In der Vorlage wird dies damit begründet, dass die Bahn im Beteiligungsverfahren angeregt hat, die ‚Markierung‘ als Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung zu streichen, da sie aufgrund der geringen Breite an dieser Stelle keine Haupterschließung des Haltepunkts vorsieht. Tatsächlich ist diese Wegebeziehung auch nicht als Haupterschließung gedacht, diese erfolgt weiterhin südlich der Semmelweisbrücke. Im Sinne eines autoarmen Quartiers sollte dieser Durchgang als zusätzlicher und kurzer Weg erhalten bleiben.“
Das heißt im Klartext: Die Stadt hat diese logische Verbindung unter der (von der Stadt gebauten) Semmelweisbrücke mit geplant. Die Deutsche Bahn hat einfach „Nö“ gesagt. Übrigens nicht nur in diesem Fall: So stur gibt sich das Unternehmen augenscheinlich auch auf dem südlichen Verlauf der geplanten Aktivachse Süd.
Als säße da schlicht ein Mitarbeiter, der sich einen Spaß daraus macht, alle Anfragen zu Wegen am Bahngelände mit der Sturheit eines Staatsunternehmens abzulehnen, dem an einer Kooperation nicht die Bohne gelegen ist.
Baubürgermeister Thomas Dienberg bat trotzdem lieber darum, den Änderungsantrag wieder zurückzuziehen, weil sonst der ganze Beschluss wieder hätte aufgedröselt werden müssen und damit wieder wertvolle Zeit verloren ginge. Als Protokollnotiz aber wolle er das Anliegen übernehmen. Heißt: Mit der sturen Abteilung der Bahn noch einmal reden.
Denn natürlich hat Franziska Riekewald recht, wenn sie davon ausgeht, dass der Trampelpfad unter der Brücke auch weiter genutzt wird, wie er heute schon existiert. Hier einen ordentlichen Weg anzulegen, müsste eigentlich auch im Interesse der Bahn liegen.
Eine deutliche Zustimmung
Kritik an diesem Mammutwerk von Bebauungsplan gab es am 27. August in der Ratsversammlung keine mehr. Dazu steckt von allen Seiten schon zu viel Arbeit drin. Und am Ende gab es eine klare Befürwortung des vorgelegten Bebauungsplans mit 61:1 Stimmen. Parallel wurde auch der Städtebauliche Vertrag mit der BUWOG abgestimmt und der bekam sogar die volle Zustimmung der 63 anwesenden Ratsmitglieder.
Da kann Marius Wittwer den Gästen seiner Führung wohl tatsächlich bald Bagger zeigen, die aufs Gelände rollen und den Bau der BUWOG-Häuser vorbereiten.
Offen ist eher der städtische Teil, wie der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dr. Tobias Peter, es ansprach. Denn wenn hier zeitnah – und nicht erst Jahre nach Fertigstellung der Wohnungen – der Park entstehen soll, den die Stadt plant, müssen auch ziemlich bald die Mittel für die Parkgestaltung (und die Aktivachse) in den Haushalt der Stadt eingestellt werden. Nächstmöglicher Zeitraum dafür ist der Doppelhaushalt 2027/2028.
Und man ahnt es ja schon: Das wird ein zähes Ringen, wenn Leipzig dann vor denselben Haushaltsproblemen steht wie derzeit.
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So wurde also jetzt ultimativ die Zerstörung einer weiteren wertvollen und artenreichen Brache beschlossen. Daran ändert auch nichts die Herstellung einer intensiv genutzten Grünanlage, in der kaum Arten leben können. Mitzerstört wird zudem auch eine ausgewiesene Kalt- und Frischluftschneise. Aber das war allen Stadträtinnen und Stadträten – bis auf ein einziges fraktionsloses NEIN – wurscht. Die Grünen und Linken – die gerne so schön fürs Klima reden … – stimmten einig mit SPD, CDU und AFD für die Zubetonierung und gegen das Klima, und gegen die Natur sowieso. Gerne werden ja auch (s. Haushaltsdebatten) Klimaleugnende benannt und an den Pranger gestellt… aber mir kommt das doch mittlerweile eher lächerlich vor, wenn die Anklagenden gleichzeitig allen Projekten, die zur Aufheizung der Stadt führen, zustimmen (und dieses Projekt ist bekanntermaßen nur eines von vielen). Wenn man den Klimaschutz ernst nimmt muss man schlussendlich zum Ergebnis kommen, dass sich wieder einmal ALLE Stadträtinnen und Stadträte (bis auf einen) als faktisch Klimaleugnende geoutet haben.