Am 4. Oktober tagte in der Konsumzentrale in der Industriestraße erstmals das Forum Leipziger Auwald, in dem erstmals wirklich fast alle Akteure zusammensaßen, die in irgendeiner Weise dabei sein sollten, wen es um die Wiederbelebung des Leipziger Auensystems geht. Eingeladen hatte Sachsens Umweltminister Wolfram Günther. Drei Tage später fand dann eine weitere Veranstaltung statt, das 4. Internationale Leipziger Auenökologiesymposium.

Wälder unter Hitzestress

Zu diesem hatte der NuKLA e. V. eingeladen, der sich seit Jahren besonders um den Erhalt des Auenwaldes bemüht und dabei vor allem die Forstpraktiken in Sachsens Wäldern kritisiert. Immerhin war es ihm – zusammen mit der Grünen Liga – ja schon gelungen, die Leipziger Forstwirtschaftspläne auszubremsen und damit auch die rigiden Eingriffe in die gewachsenen Baumbestände.

Das war noch vor den drei viel zu heißen und trockenen Jahren 2018 bis 2020, die auch den Forstbehörden im Freistaat endlich gezeigt haben, wie schnell die bewirtschafteten Wälder im Freistaat unter Hitzestress geraten, Hitzestress, der sich sogar im eigentlich als gesund gedachten Leipziger Auwald zeigte.

Umweltminister Wolfram Günther ließ es sich nicht nehmen, auch am Auenökologiesymposium teilzunehmen und dort deutlich zu machen, dass sein Ministerium sehr wohl sieht, dass der sowieso schon massiv gestresste Auenwald viel, stärker vor forstlichen Eingriffen geschützt werden muss.

Pläne des Umweltministers

„Stadt und Freistaat sind übereingekommen, alte Bäume zu erhalten und mehr Totholz im Wald zu lassen“, sagte er in Bezug auf die nun deutlich veränderten Leipziger Forstwirtschaftspläne.

„Wir sorgen für mehr auwaldtypische Überflutungen in Teilen des Waldes und nehmen insgesamt 200 Hektar komplett aus der forstlichen Nutzung. Außerdem schreiben wir gemeinsam die Maßnahmepläne für die Natura 2000-Gebiete im Leipziger Auwald fort. Dies sind gute und wichtige Ansätze. Darüber hinaus arbeiten wir an einem Gesamtkonzept für die Flussauenlandschaft der Weißen Elster, in dem unterschiedliche Ansprüche sowie Behörden und verschiedene regionale Akteure einbezogen werden. Das wird die Basis für kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen sein.“

Konkrete Schritte nicht vor 2022

Das wird freilich noch Zeit brauchen. Und zum Vergleich: Allein der Leipziger Auwald umfasst ein Gebiet von 5.900 Hektar.

Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal kündigte das Auenentwicklungskonzept für die Leipziger Nordaue für 2022/2023 an, das für die Südaue für 2024. Und dann wird es trotzdem noch Jahrzehnte brauchen, bis Deiche zurückgebaut sind, alte Gewässerläufe wieder Wasser bekommen und die Sohle der tiefeingeschnittenen Nahle und Neuen Luppe um die lebensnotwendigen drei Meter wieder angehoben sind.

Die teilnehmenden Vereine und Initiativen am 4. Internationalen Leipziger Auenökologiesymposiums finden freilich die angekündigten 200 Hektar noch zu wenig. Sie haben eine Resolution verabschiedet, in welcher die Forderung erhoben wird, Auwälder komplett aus der forstlichen Nutzung zu nehmen.

Forderung: natürliche Überflutungsdynamik wiederherstellen

Denn: „Auen sind besonders gefährdete Lebensräume in Europa. Nur noch 9 Prozent der Flussauen in Deutschland sind ökologisch funktionsfähig. (…) Dabei sind Auen, insbesondere Auwälder, zudem von großer Bedeutung für den Klima- und Artenschutz (Erhöhung des Kaltluftaustauschs, der Kohlendioxid-Deposition und der Lebensraumvernetzung).“

In ihrer gemeinsamen Resolution fordern unter anderem der NuKLA e. V., die Grüne Liga Sachsen, die Bürgerinitiative WALDWENDE JETZT! aus Speyer, die BundesBürgerInitiative WaldSchutz aus Pegnitz und die Michael Succow Stiftung aus Greifswald, „Auwälder generell aus der forstlichen Nutzung zu nehmen und dies auch gesetzlich zu verankern! Stattdessen muss in Auen und Auwäldern schnellstmöglichst die natürliche Überflutungsdynamik wieder hergestellt werden!“

Die Zeit drängt massiv

Handlungsdruck besteht bei Leipziger Auwald schon lange. Im Grunde ist er seit 100 Jahren fast komplett von natürlichen Überflutungen abgeschnitten, hat also auch schon in großen Teilen seinen ursprünglichen Auwaldcharakter verloren. Einen Charakter, den die zuständigen Forstverwaltungen damit versuchten irgendwie zu erhalten, indem sie forstlich eingriffen und künstliche Waldverjüngung zu betreiben versuchen.

Das aber, was zwingend geschehen muss – nämlich die Öffnung der Auwälder zum Wasser hin und die Renaturierung der Gewässerläufe – ist nicht passiert und wird jetzt Teil der Auenentwicklungskonzepte werden müssen, die ohne millionenschwere Förderung nicht umsetzbar sein werden.

Bei den Zielen ist man sich inzwischen einig. Jetzt geht es natürlich auch um Tempo und um die Frage, ob der Mensch Vertrauen darauf hat, dass ein Auenwald sich ohne permanente menschliche Eingriffe auch selbst wieder regenerieren kann.

Die Resolution:

Anlässlich des 4. Internationalen Leipziger Auenökologiesymposiums zum Thema „Auen, Wald, Klima – Wie geht es weiter?“ fordern die Teilnehmenden, die anwesenden Umweltverbände und der Veranstalter NuKLA e. V. Leipzig, mit dieser Resolution:
Sämtliche rezenten Auenwälder in Deutschland und alle Wälder auf ehemaligen Auenstandorten, die durch Wiederherstellung des natürlichen Wasserregimes wieder zu echten Auenwäldern entwickelt werden können, werden aus dem forstlichen Management durch Gesetz ausgeschieden.

Wir empfehlen dies durch das Bundesnaturschutzgesetz zu regeln. Nach dem Stand des Wissens ist dies die schnellste und wirksamste Maßnahme des politisch durchzusetzenden Hochwasserschutzes und gleichzeitig ein effektiver Beitrag zum Klimaschutz (Erhöhung des Kaltluftaustauschs, der Kohlendioxid-Deposition und der Lebensraumvernetzung).

Die Teilnehmenden fordern die verhandelnden Koalitionsparteien auf, diese Resolution zur Agenda ihrer Koalitionsvereinbarungen zu machen.

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Es gibt 10 Kommentare

Werter Saschok, ja, es gibt durchaus einen Albedo-Effekt, aber die Sache ist doch etwas komplizierter, als sie es sich denken. Schauen sie, Wälder sind ja nun nicht einfach nur irgendwie dunklere Flächen, sondern in und um und durch Wälder passiert auch was, und Wälder sind auch nicht einfach nur eine platte Fläche, sondern die Bäume ragen so einige Meter in die Höhe. Sie bemerken korrekt, dass Wälder CO2 binden, aber dass diese insgesamt generell einen “einen Temperatur steigenden Einfluss auf die Athmosphäre” hätten, da bin ich mir nun wirklich nicht sicher, ob das stimmen kann. Schauen sie, Wälder transpirieren ja auch, und dadurch bilden sich Wolken und die Wolken haben natürlich auch einen Einfluss auf die Albedo, auf die Temperatur der Athmosphäre und vor allem regnet es ja auch aus den Wolken heraus, was auch wieder einen Einfluss hat auf das Klima. Weiterhin spielen ja beim Klima Winde eine Rolle, welche durch Wälder auch beeinflusst werden.

Somit tragen Wälder also zur Entstehung von Wolken bei, was prinzipiell temperatursenkend wirkt (und die Wolken beeinflussen auch wieder die Albedo der Wälder).

Auch tragen Wälder zur Entstehung von Niederschlag bei (Klima ist ja nicht nur Temperatur!).

Und dazu brechen Wälder noch den Wind, welcher auf einer Ebene ohne Wälder bspw. austrocknend wirkt.

Dazu muss man ja auch folgende Gedanken mit einbeziehen: Nadelwälder sind immer dunkel, Laubwälder mitnichten. Bei letzteren muss man bedenken, dass es Sommer und Winter gibt, also hier würde das mit dem Albedo-Effekt nur für den Sommer gelten, nicht wahr? Boreale Nadelwälder profitieren dagegen vom Albedo-Effekt sogar, las ich mal. Wälder in den Tropen/Subtropen dagegen produzieren oft sehr viele Wolken (Stichwort Regenwald), also auch diese Wälder sind wieder speziell und durch die Wolken wird der Albedo dort natürlich auch beeinflusst.

Sie sehen, es ist komplex! Und wahrscheinlich kommt es, zusammengefasst gesagt, auf den jeweiligen Waldstandort (Waldart, Standort, geografische Lage usw. usf.) an, ob die Albedo alle anderen Auswirkungen übersteigt, oder ob sich das gegeneinander aufhebt oder ob die anderen Auswirkungen die Wirkung der Albedo übersteigen.

Aber nun wird es noch schwieriger mit ihrem Albedo-Effekt!

Ein intakter Auwald ist ja durchzogen von Fließgewässern und wäre an vielen Stellen durch die regelmäßigen Hochwasser dort sehr licht und hätte somit doch theoretisch einen gewissen Anteil von Flächen, die vom Albedo eher Grünland entsprächen. Auch andere naturnahe Wälder haben hier und da Lichtungen usw. usf. (wieviel und wo, kommt eben immer drauf an…).

Zudem kann ja die gesamte Landfläche der Erde nie komplett mit Wald bedeckt sein. Selbst wenn es uns Menschen nicht gäbe, gäbe es ja doch noch auch viele Gebirge und Wüsten, es gäbe auch freilebende Tiere, die auf die Vegetation einwirken würden – je nach Region mehr oder weniger. Ein sehr großer Teil von Deutschland bestand auch mal aus Mooren, da wäre auch kein dichter Wald. Leider sind fast alle unserer Moorlandschaften durch uns zerstört worden, was übrigens ebenfalls sehr schlecht ist fürs Klima wie auch den Wasserhaushalt der Landschaften als auch für die Artenvielfalt, aber Moore können auch neu entstehen. Und anderswo auf der Welt gibt es nach wie vor noch große Moore… Gerade in Sibirien und Alaska gibt es gigantische Wälder, in denen Waldbrände natürliches Geschehen sind (die Wälder sind sogar daran angepasst), auch hier wird das dann auch wieder schwierig mit dem Albedo, es gibt da ja immer auch offene Flächen ohne Bäume.

Sie sehen, das ist alles sehr komplex, und auch wenn sie prinzipiell recht haben, dass es den Albedo-Effekt gibt und bspw. Nadelwälder durchaus temperatursteigernd wirken können, sind unsere Welt wie auch die vielen unterschiedlichen Wälder dennoch zu komplex für solch pauschale Thesen.

Im Falle des Leipziger Auwaldes gab es übrigens eine Studie der Stadt Leipzig, die es gemessen hat, dass der Auwald eine kühlende Funktion hatte. Ich meine, man findet dazu auch Informationen auf der Internetseite der Stadt.

ein Wald (grün und dunkel) einen höheren Albedo hätte als eine waldfreie und damit mutmaßlich hellere Fläche (eine Sandwüste?).

Das alles aber haben Sie ja wohl gut durchdacht und machen jetzt den Willy-weiß-es.

Dann hätte es für den Klimaschutz am meisten Sinn, den Auwald abzuholzen… Sehr scharfsinnig.

Kikamodus ist gut. Aber “Atmosphäre” mit zwei h schreiben.

Sie weichen schon wieder aus, zu begründen, warum Überschwemmungen und Rodungen im Auenwald nichts mit Klimaschutz zu tun hätten, wie Sie es im ersten Kommentar behauptet haben.
Aber von diesem Ihren ersten Kommentar wollen Sie jetzt nichts mehr wissen.

Steile These, dass ein Wald einen höheren Albedo hat als eine waldfreie Fläche. “Albedo” heißt wörtlich “Weißheit”. Typischerweise haben helle Flächen einen höheren Albedo als dunkle Flächen. Dass

Also jetzt im Kikamodus. 1.ich habe mich zu Überschwemmungen und Klimawandel überhaupt nicht geäußert sondern nur gesagt dass der Auwald regelmäßige Überschwemmungen braucht. 2. Wald hat unabhängig von der etwas höheren Co2 Bindung gegenüber waldfreien Standorten aufgrund des deutlich niedrigen Albedowertes insgesamt einen Temperatur steigenden Einfluss auf die Athmosphäre ob man das jetzt ökolog. sinnvoll findet oder nicht. Wäre die gesamte Landfläche der Erde zukünftig mit Wald bedeckt wäre die Atmosphäre wärmer als heute

Tja, Saschok, da erwischen Sie aber mindestens einen Falschen…

Wollen Sie nicht einfach mal eine zusammenhängende Argumentation präsentieren, warum Überschwemmungen und Rodungen – wie von Ihnen beschrieben – nichts mit Klimaschutz zu tun haben, statt ein Buzzword wie “Albedo” plakativ einzutippen und dann wie eine Sphinx auf die nächste Entgegnung zu warten? Das hätte nun wirklich nicht sein müssen.

Robin w und Stefan scheinen in Physik, Geographie und Meteorologie doch wohl Recht schläfrig gewesen zu sein. Man kann natürlich pauschal Waldschutz mit Klimaschutz ( Verhinderung des weltweiten Temperaturanstieg) gleichsetzte, es klingt ja auch so schön
Dann aber bitte Mal unter Albedo bei Wikipedia zum Thema Rückstrahlung in die Atmosphäre nachblättern. Vielleicht geht ja doch ein kleines Licht auf. Nicht immer nur Plakate nachquatschen wie Annalehna

Wie immer wieder zu lesen ist, gibt es zumindestens zwei recht unterschiedliche Ansätze um die Struktur des Auwaldes zu bewahren. Beide Ansätze wollen sicher nur positives Bewirken, der Eine mit menschlicher Einwirkung, der Andere durch Selbstüberlassen. Jetzt kommt die Frage der Zeit unbedingt ins Geschehen – hat der Auwald noch ausreichend Zeit um sich selber zu generieren? Hat er aus meiner Sicht leider nicht, denn zuerst müssten wir den Gewässerknoten aus den vergangenem Umbau im Auwaldsystem der letzten fast 100 Jahre rückgängig machen – das dauerte, wenn alle Betroffenen guten Willens mitwirken, mindestens 10-20 Jahre. Und dann gäbe es bei weiteren Trockenjahren wie 2018-20 schon keinen Auwald mehr.
Also muss von der verschiedenen Akteuren eine möglichst gemeinsame Strategie gefunden werden. Und das scheint ja jetzt durch das Einwirken vom sächsischen Umweltminister einigermaßen in die Gänge zu kommen. Kann man als den Auwald gern nutzender Bürger nur hoffen, das auch die Stadtverwaltung dabei mit zieht.

@ Sachok und Stefan: Dass Waldschutz Klimaschutz ist, und das auf ganz verschiedenen Ebenen, ist natürlich nicht populistisch, sondern ganz schlicht und ergreifend ein Fakt (auch wenn man mit dem Begriff Fakt vorsichtig umgehen sollte).
Allerdings ist vielen Wissenschaftlern offensichtlich nicht klar, dass ein Wald keine Rodungen benötigt und sich aus sich selbst heraus entwickeln kann – in der Aue sowiso noch die besondere Bedeutung der Dynamik hervorstechend ist – , so Professor Wirth und sein Team im iDiv, die mit plumpen und tatsächlich populistischen Slogans wie “Reiner Prozessschutz gefährdet die Artenvielfalt” die Forstlobby bedienen und damit den eigentlichen Begriff ihrer Institution, die Biodiversität, ad absurdem führen und letztlich nur zeigen, dass sie mit ihren rückständig statischen, redusktionistischen Ansätzen den Begriff der systemischen Waldökologie leider überhaupt nicht verstanden haben. Deshalb glänzten sie wohl auch beim Auenökologiesymposium von NuKLA durch Abwesenheit…

Saschok, dass Sie den populistisch verführten Kommentarlesern aber auch gar keinen Hinweis geben, warum Überschwenmungen und Rodungen – wie von Ihnen beschrieben – nichts mit Klimaschutz zu hätten, hätte nun wirklich nicht sein müssen.

Beim Lesen des Artikels wird dem doofen Gutmenschen das Stichwort “Hitzestress” vorgesagt. Ist es das, was Sie meinen?

Dass der Auenwald Wasser (regel- und unregelmäßíge Überschwemmungen) braucht und bis auf die Verkehrssicherung keine Rodungen ist Fachleuten klar und bei der Nutzung durchzusetzen. Schade nur, dass man in der Resolution der populistischen Klimaschutztheorie hinterherläuft, da die zwei Grundgedanken (Aussetzen der Nutzung, Wiedervernässung) nichts damit zu tun haben. Das hätte nun wirklich nicht sein müssen.

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