Eigentlich macht der Earth Overshoot Day alles richtig. Er zeigt an, wann wir über unsere Verhältnisse leben. Er spricht den Verbraucher in uns an. Nur: Der berühmte Verbraucher hat ein Problem. Er hat kein Gefühl dafür, wann genug einfach genug ist, wann das Shoppen in die Schulden führt. Und die hemmungslose Gier nach immer mehr unseren Planeten zerstört. Am morgigen 2. August ist offiziell Earth Overshoot Day. Der deutsche Ich-krieg-nie-genug-Tag war übrigens am 4. Mai.

„Wenn das eigene Budget aufgebraucht ist, wenn es keinen Kredit gibt, wie lebt man dann weiter?“ Mit dieser Frage fordern Bonner Klimagruppen und Parents for Future Germany anlässlich des Earth Overshoot Day 2023 dazu auf, sich mit Lösungen für den katastrophalen Zustand unserer Erde auseinanderzusetzen.

Der Earth Overshoot Day (Erdüberlastungstag) markiert das Datum, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen, welche die Erde innerhalb eines Jahres zur Verfügung hat und wiederherstellen kann, aufgebraucht hat. Dieses Jahr fällt er global auf den 2. August. Das bedeutet: Die Menschheit lebt ab diesem Tag auf Kosten der eigenen Kinder, der nachfolgenden Generationen, auf Kosten der Natur, die unser Leben erst ermöglicht. Die eine Erde, die wir haben, reicht nicht aus, um all die Ressourcen bereitzustellen, die wir verbrauchen.

„Wir müssen das ändern, schnell – politisch, wirtschaftlich, als einzelne, als Gesellschaft, national und international!“ fordert Lasse Scherbarth von Fridays for Future Bonn. Denn: „Wir sind auf dem Highway in die Klimahölle und haben den Fuß auf dem Gaspedal“, so UN-Generalsekretär Guterres.

Kopf hoch! Handeln!

„Wir alle sehen, was die menschengemachte Hitze gerade für Leid und Zerstörung durch Waldbrände und Dürre oder Überschwemmungen und Hagel verursacht. Aber wir könnten noch bremsen, wenn wir jetzt sofort mutig und konsequent handeln statt zu verdrängen, zu taktieren, zu negieren“, ermuntern die Parents for Future, gerade jetzt nicht den Kopf hängenzulassen.

Für die einzelnen Länder ist der Tag, an dem sie die ihnen jeweils „zustehenden“ Ressourcen verbraucht haben, an sehr unterschiedlichen Terminen – abhängig davon, wie belastend ein Land insgesamt handelt. Deutschland liegt dabei sehr weit oben, mit seinem Erdüberlastungstag bereits am 4. Mai. In einer Gruppe mit Frankreich, Japan, Israel und Saudi-Arabien. Das heißt: Wenn alle Menschen so leben würden wie wir in Deutschland, bräuchten wir nicht eine, sondern drei Erden.

„Länder wie Indien, Jemen, Pakistan haben keinen Erdüberlastungstag“, betont Luis Pauly von Greenpeace Bonn. „Trotzdem sind es gerade diese Länder, die schon jetzt besonders unter den Folgen der weltweiten Klima- und Umweltkrise leiden.“

Und damit ist die Lebensweise der Menschen selbst bedroht.

„Klimakrise, Artenverlust und knappe, begrenzte Ressourcen (Wasser, fruchtbare Böden, Holz, Rohstoffe etc.) sind Fakt, Kipppunkte stehen vor der Tür“, mahnt Susanne Walter von Parents for Future Bonn. „Wir müssen JETZT handeln – je schneller und konsequenter, desto besser kann unsere Zukunft noch sein. Verändern müssen wir uns und verändern wird sich unser Leben auf jeden Fall, die Frage ist nur, wie stark.“

50 wertvolle Jahre vertrödelt

Gründe für die so frühe Erdüberlastung sind vor allem der enorme fossile Energieverbrauch, also von Gas, Kohle und Öl, mit viel zu hohem CO₂-Ausstoß in Haushalten, Industrie, Flug-, Auto- und Schiffsverkehr, sowie die Massentierhaltung, unser Wegwerf-Konsumverhalten und fehlendes Recycling, die Art der Landbewirtschaftung, die Verunreinigung von Böden, Luft und Gewässern. Das alles ist in den letzten gut 50 Jahren passiert: 1970 ging der Verbrauch der Erdbevölkerung insgesamt noch nicht über das Budget der Erde hinaus.

Das Global Footprint Network hat mehr als 100 Lösungsansätze zusammengetragen, um das über-unsere-Kosten-Leben zu reduzieren. Besonders wichtige Bereiche sind Energie, Ernährung, Verkehr und Konsum. Es gilt vor allem, den Verbrauch der Fossilenergien Gas und Öl schnellstens massiv zu reduzieren.

So bieten beispielsweise ein höherer CO₂-Preis, ökologisch orientiertes Wirtschaften, weniger Fliegen und Autofahren, Strom- und Heizungsumbau auf erneuerbare Energien, Recycling/Kreislaufwirtschaft, Plastikvermeidung, längere Nutzungsdauer unserer Kleidung und eine andere Ernährung Möglichkeiten, den Erdüberlastungstag vor allem in hoch entwickelten Industrieländern wie Deutschland wieder nach hinten zu verschieben.

„Es steht eine wirklich große Veränderung, eine Transformation an. Denn wir müssen wieder ein Gleichgewicht bei Verbrauch und Angebot der Biokapazitäten unserer Erde erreichen, um als Menschen zu überleben“, macht Raimund Gerber von der Initiative „Stop Ausbau A565“ klar. „Und wir müssen jetzt aufholen, was über Jahrzehnte wider besseres Wissen verschlafen, verdrängt oder von der KlimaSchmutzlobby gezielt hintertrieben worden ist und immer noch wird.“

„Dazu sollten wir auf alternative Wirtschaftsformen setzen, die ein gutes Leben für alle ermöglichen, jenseits von dogmatischem Wachstumszwang“, so Elmar Keul von Extinction Rebellion Bonn. Denn auf einer Erde mit begrenzten Ressourcen kann es ohnehin kein „ewiges Wachstum“ geben.

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Es gibt 3 Kommentare

Wenn man von langfristig und nachhaltig spricht habe ich gerade 6 Mrd. gelesen. Sind wir ja schon mal zu viel…

Da gibt es sehr viele Propheten und Hobbyrechner; man hat schon mit bis zu 13 Milliarden Menschen gerechnet, je nach Institution. Vom Gewicht her ist es kein Problem 🙂

Entscheidender aber ist letzten Endes, wie viel Ressourcen diese Menschen verbrauchen, wie schnell sie nachwachsende Rohstoffe ernten bzw. mit wie viel umgewandelten fossilen Rohstoffen diese Menschen das Ökosystem der Erde beeinflussen.
Die Frage ist: wie klug geht man mit den zur Verfügung stehenden Rohstoffen um!

Hat sich schon mal jemand Gedanken gemacht wieviel Menschen unsere Erde versorgen kann. Vielleicht gibt es zu viele “Verbraucher “. Zu meiner Schulzeit gab es 2 Mrd., jetzt sind wir beim ca.drei-vierfachen.

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