Es ist schon seltsam: Da trifft sich die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen mit dem US-Präsidenten Donald Trump, nicht etwa im Weißen Haus, sondern in der Trump-Residenz am Rande eines Golfplatzes in Schottland. Besser kann man die Einstellung Trumps zur EU kaum beschreiben. Am Ende kommt dabei ein Deal heraus, der von Seiten der EU als Kompromiss gelabelt wird. Was steckt aber dahinter?

Trump hatte die Einfuhrzölle einseitig erhöht, im Falle der für Deutschland wichtigen Automobilindustrie auf 27,5 Prozent. Was hat die EU gemacht? Nichts, es wurde nur angekündigt, über eine Reaktion nachzudenken. Bis dahin wurde verhandelt, zumindest dem Anschein nach. Waren das wirklich Verhandlungen? Hat die EU dem protektionistischen US-Präsidenten die sprichwörtliche Pistole auf die Brust gesetzt, hat die EU mit „breiter Brust“ gesagt: Das hat auch für Euch Konsequenzen?

Wir waren bei den Verhandlungen nicht dabei, es hat aber eher den Anschein, dass Trump gnädigerweise sagte: Okay, 27,5 Prozent sind vielleicht ein bisschen viel. Letztes Angebot ist 15 Prozent. Da haben alle genickt und sogar Bundeskanzler Merz meint: „Wir haben so unsere Kerninteressen wahren können.“

15 Prozent Zoll für die Einfuhr europäischer Autos in die USA, dafür 0 Prozent für US-Autos in die EU, das klingt ja wirklich toll. Obwohl, die Europäer kaufen ja nur wenige US-Autos, nicht wegen eines Zolls, sondern weil diese in Europa nicht massentauglich sind. Andererseits lösen „nur“ 15 Prozent Zoll nicht die Probleme von VW, Porsche & Co. beim Export. Der chinesische Markt ist, aufgrund des Fehlens von Elektro-Modellen, weggebrochen.

Eine ganz andere Nummer, die ziemlich im Grundrauschen untergeht, ist die Zustimmung der EU, Energie aus den USA im Wert von 750 Milliarden US-Dollar, bis zum Ende von Trumps Amtszeit, zu beziehen. Hier handelt es sich selbstverständlich um fossile Energieträger, was den Zielen der EU zuwiderläuft. Das Dokument: „Senkung der Treibhausgasemissionen in der EU: nationale Ziele für 2030“ legt die Ziele der einzelnen EU-Staaten fest, jetzt kommt eventuell eine Aufteilung der fossilen Importe aus den USA auf die Mitgliedsstaaten.

Katherina Reiche wird es freuen, sie will ja sowieso neue Gaskraftwerke.

Wie viel an fossilen Energieträgern bekommt Europa eigentlich für 750 Milliarden US-Dollar? Hier wird es durchaus spannend. Clyde Russel, Kolumnist mit Schwerpunkt Rohstoffe in Asien und Energie bei Reuters, meint: „EU’s pledge for $250 billion of US energy imports is delusional“. Er begründet das damit, dass einerseits die EU nicht wüsste, wie sie diese Steigerung hinbekommen solle, andererseits könnten die US-Produzenten das auch nicht liefern. Wir können die Rechnung nicht vollständig prüfen, es klingt aber plausibel, wenn er ausführt:

„Die Zusammenstellung des Wertes der EU-Importe von US-Rohöl, LNG und metallurgischer Kohle ergibt 2024 insgesamt rund 64,55 Milliarden Dollar. Das sind etwa 26 % der 250 Milliarden Dollar, die die EU pro Jahr im Rahmen des Rahmenabkommens für US-Energie ausgeben soll.“ und „Die Zusammenlegung des Wertes aller drei Energierohstoffe [Export der USA 2024, d.Red.] ergibt insgesamt 165,8 Milliarden Dollar, was bedeutet, dass, selbst wenn die EU das gesamte Volumen kaufen würde, sie immer noch deutlich unter den 250 Milliarden Dollar liegen würde.“

Nimmt man diese Zahlen (wie gesagt, wir konnten sie nicht vollständig prüfen), so scheint der Deal unerfüllbare Inhalte zu haben.

Es sei denn, Trump hebt die Sanktionen gegen Russland auf, kauft dort Öl und Gas und verlangt, dass die EU dieses abnimmt. Das wäre allerdings selbst für ihn ein (zu) starkes Stück. Vielleicht kommt die Endsumme aber auch durch massive Preissteigerungen zustande.

Fazit: Wir werden wohl oder übel abwarten müssen, wie das Ganze sich entwickelt. Abzusehen ist allerdings, dass es für die Energiewende nicht gut ausgeht.

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