LeserclubWenn in Leipzig über die Politik des Liegenschaftsamtes diskutiert wird, dann gehört auch die Rolle des Stadtrates in diese Diskussion. Ganz im luftleeren Raum arbeitet das Amt nicht, auch wenn es immer wieder mit Immobilienverkäufen auffällt, die augenscheinlich den strategischen Plänen der Stadt zuwiderlaufen. Denn selbst der Umfang der Verkäufe ist vom Stadtrat beschlossen.

Zuletzt geriet das Liegenschaftsamt mit dem Verkauf der Immobilie Friederikenstraße 37 in die Kritik, ein ehemaliges Lehrlings- und Studentenwohnheim in Dölitz, das sich geradezu angeboten hätte zur vorübergehenden Unterbringung von Asylsuchenden in Leipzig. Doch dann schnappte der Freistaat sich die Immobilie, um darin eine interimistische Erstaufnahmeeinrichtung unterzubringen. Also wollte die L-IZ von der Stadtspitze zumindest erfahren, wo das UFO Liegenschaftsamt eigentlich angedockt ist und wer seine Arbeit regelt.

Die Pressestelle des Rathauses hat die Antworten zusammengesammelt.

1. Wer bestimmt eigentlich derzeit die Politik im Liegenschaftsamt? Die LVZ mutmaßte ja, die Nichtbesetzung der Amtsleiterstelle seit nunmehr drei Jahren wäre der Grund für die nicht abgestimmte Verkaufspolitik. Aber das kann ja keine Begründung dafür sein, dass dieses Amt nicht wirklich auf die Anfragen anderer Ämter (z.B. Sozialamt) eingeht. Woran liegt diese Nichtabstimmung?

Der Umgang der Stadt mit Liegenschaften ist ein gesamtstädtisches Anliegen und richtet sich ausschließlich nach den Aufgaben, die die Stadt zu erfüllen hat. Stadtrat und Oberbürgermeister zusammen bestimmen dabei die Politik der Stadt.

Jedes Amt erfüllt dafür bestimmte Aufgaben aufgrund von Gesetzen, Stadtrecht und Ratsbeschlüssen.

Das gilt auch für das Liegenschaftsamt, dessen Aufgabe der Grundstücksverkehr in der Stadt Leipzig ist. Es ist zuständig für den Ankauf von Grundstücken, die von der Verwaltung benötigt werden und für den Verkauf von Grundstücken, die keiner Aufgabenerfüllung dienen.

In Zeiten, in denen eine Stadt wächst, und Leipzig wächst derzeit immens, ist eine stärkere Diskussion um Grund und Boden nur natürlich. Prioritäten und Bedarfe wandeln sich ständig. In der Kritik stehen deshalb keine Personalien. Es geht vielmehr um den Umgang mit Immobilien, insbesondere der Bedarf der Fachämter an Immobilien zur Erfüllung ihrer Aufgaben.

2. Gibt es von der Verwaltungsspitze Vorgaben, wieviel und in welchem Umfang an städtischen Liegenschaften pro Jahr zu verkaufen sind? Und wenn ja: in welcher finanziellen Gesamtsumme?

Die Vorgaben sind in der Haushaltssatzung festgelegt, welche vom Stadtrat beschlossen wurde. Für das Jahr 2014 waren Einzahlungen in der Höhe von rund 9 Millionen Euro aus Grundstücksverkäufen zu erwirtschaften. Dem standen geplante Ausgaben für Grundstücksankäufe in Höhe von rund 5,7 Millionen Euro gegenüber.

3. Wer kontrolliert die Verkaufspläne auf die strategischen Ziele der Stadt hin (Familie, Arbeitsplätze …) oder wird da einfach geschaut, ob auf der Vorlage ein Kreuz gemacht wurde oder nicht?

Die strategischen Ziele werden auf der Vorlage gekennzeichnet. Die Verwaltung kontrolliert bei den Verkäufen die Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen.

4. Gibt es überhaupt eine strukturierte Vorgabe der Verwaltung, wie die Verkaufspolitik des Liegenschaftsamtes in die strategischen Ziele der Stadt eingefügt wird? Wenn nein: Warum nicht? – Wenn ja: Kann man sie irgendwo nachlesen?

Die strategische Liegenschaftspolitik ist in Beschlüssen des Stadtrates und des Oberbürgermeisters festgelegt. Sie wandelt sich mit den Bedürfnissen der Stadt. Zurzeit sind mehrere Bedürfnisse gleichermaßen prioritär, da die Stadt wächst und deshalb auch mehr Akteure Bedarf mit unterschiedlichen Interessen haben. Der Bedarf einer wachsenden Stadt ist vielschichtig. Im Vergleich zu vor 15 Jahren werden beispielsweise mehr Schulen und Kindertagesstätten benötigt. Allein diese Umstände haben eine automatische Änderung der Grundstückspolitik zur Folge, der die Stadt folgt.

Oft bestimmen Art, Lage und Größe des Grundstücks, welchem strategischen Zweck eine Veräußerung dient. Kommen ausnahmsweise mehrere Zwecke in Betracht, werden diese abgewogen und dem dringlicheren Interesse der Vorzug gegeben.

Die Stadt Leipzig verfügt auch über Grundstücke, die für keinerlei strategische Zwecke nutzbar sind. Auch und gerade diese müssen veräußert werden, da sie nicht benötigt werden.

 

Die Gebäude Riebeckstraße 37-47. Foto: Ralf Julke
Die Gebäude Riebeckstraße 37-47. Foto: Ralf Julke

5. Das Sozialamt hat dezidiert kritisiert, dass das Liegenschaftsamt bei der Suche nach möglichen Asylbewerberunterkünften nicht wirklich kooperativ war. Wurde das Liegenschaftsamt dann wenigstens von der Stadtspitze beauftragt, den Bestand nach möglichen Immobilien zu durchforsten? Oder wurde der Sozialdezernent in dieser Frage allein gelassen?

Die Unterbringung von Asylbewerbern ist eine gesamtstädtische Aufgabe. Selbstverständlich wirken bei einer solchen gesamtstädtischen Aufgabe alle beteiligten Dezernate und Ämter mit. Eine Kritik des Sozialamtes am Liegenschaftsamt ist nicht bekannt.

6. Einige Immobilien, die der Stadt gehören, – wie jetzt wieder vorgeschlagen die Gebäude des einstigen Feierabendheims in der Riebeck-/Ecke Witzgallstraße – scheinen sich durchaus für strategische Ziele der Stadt zu eignen. Doch nach wie vor gelten für diese Häuser Abrisspläne von 2012. Gibt es Überlegungen, die veraltete Abrisspolitik der Stadt zu beenden und den Bestand auch für die Unterbringung von Asylsuchenden zu nutzen?

Der Stadt Leipzig ist der hohe Bedarf an Unterkünften für Asylbewerber bekannt. Deshalb werden zahlreiche Objekte hinsichtlich ihrer Eignung für die Unterbringung von Asylbewerbern geprüft. Zu dem Objekt RiebeckstraßeEcke Witzgallstraße gibt es verwaltungsinterne Abstimmungen.

7. Warum taucht so ein Investitionsposten im Doppelhaushalt 2015/2016 nicht auf, obwohl der Bedarf der Stadt mit 600 fehlenden Plätzen eindeutig da ist?

Alle geplanten Investitionen der Stadt der Jahre 2015/2016 werden auch im Doppelhaushalt 2015/2016 dargestellt.

Zum Beispiel sind im Investitionshaushalt 2015/2016 die Aufwendungen für die Sanierung der Asylbewerberunterkunft Torgauer Straße geplant.Zur Deckung des Bedarfs an weiteren Unterkünften ist es vorgesehen, Objekte anzumieten. Hierfür sind entsprechende Mittel im Ergebnishaushalt berücksichtigt.

8. Wie konkret sehen die Pläne für die erwähnten Immobilien an der Riebeckstraße aus?

Zu dem Objekt Riebeckstraße/Ecke Witzgallstraße gibt es verwaltungsinterne Abstimmungen.

Fazit: Wie man sieht, bekommt man auf unterschiedliche Fragen manchmal die selben Antworten. Und in Leipzigs Verwaltungsspitze kann man eisern schweigen, wenn es um einige Vorhaben geht.  Und wenn der Stadtrat der Haushaltssatzung zugestimmt hat, die den Verkauf von Grundstücken im Wert von 9 Millionen Euro im Jahr vorsieht, ist das natürlich auch eine Bringepflicht. Ob es das richtige Mittel ist, die Grundstückspolitik in Leipzig transparent zu steuern, ist hingegen eine hochaktuelle Frage.

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Es gibt 3 Kommentare

Das wirklich und grundsätzlich bedauerliche ist weniger, dass Politiker und Stadtbedienstete Lakaien vorgekauten Blödsinn bis hin zur wissentlichen Lüge, gedankenlos oder absichtlich plappern, denn mehr die Tatsache, dass die “l-IZ” nicht in Papierform in unserer Stadt herumliegt.
Wir hier wissen, dass z..B. “olala” absolut richtig liegt, aber die Leser der Papierzeitung dieser Stadt, die in jedem Krankenhausflur, jeder Umkleide, jeder Eckkneipe tausende Zufallsleser findet, die wissen davon nichts.
Das Internet wirkt an dieser Stelle wie ein Kokon. Leider.

Für mich stellt sich das als typisches Abwiegeln, mancher würde sagen Gewäsch, der Stadt dar.
Zukunft wird nach Haushaltslage gemacht damit der Haushalt genehmigungsfähig ist.
Alle, auch und im besonderen die Stadtverordneten tragen Mitschuld und Verantwortung.
Dabei wäre das Debakel leicht zu lösen seitdem die Stadt im Rahmen der Dopikeinführung alle ihre Grundstücke einzeln erfasst und bewertet hat!

1. Für Grundstücksverkäufe wird im Haushalt ein Leertitel geschaffen. Damit ist die unbedingte “Planerfüllung” gegenstandslos geworden.

2. Eine Übersicht aller und ich meine alle zur Zeit nicht für Verwaltungszwecke genutzten Grundstücke sind zusammen mit ev. Bebauung und Größe (Flurstückskarte) an alle Amtsleiter zu übergeben.
Diese haben innerhalb einer kurzen Frist zu prüfen ob und für welche Grundstücke Bedarf besteht. Diese Grundstücke stehen dann min. 1 Jahr nicht zum Verkauf!

3. Das Liegenschaftsamt hat alle Grundstücke vor der Ausschreibung innerhalb der Stadt nochmals den Ämtern anzudienen!
Sollte nicht innerhalb eines Jahres der Kaufvertrg notariell beurkundet sein, ist das Procedere zu wiederholen. Dr Kaufvertrag kann danach geschlossen werden.

4. Einnahmen aus Grundstücksverkäufen dürfen nur für Grundstückskäufe verwendet werden!

Durch diese kostenlosen Maßnahmen ist sofort sichergestellt, dass sich Millionenverschwendungen nicht ständig wiederholen.

Wie gesagt: Das kostet nur einen Stadtratsbeschluß, keine Steuergelder

“Die Unterbringung von Asylbewerbern ist eine gesamtstädtische Aufgabe. Selbstverständlich wirken bei einer solchen gesamtstädtischen Aufgabe alle beteiligten Dezernate und Ämter mit. Eine Kritik des Sozialamtes am Liegenschaftsamt ist nicht bekannt.”

Ist das nicht eine hervorragende Einschätzung der Presseabteilung der Stadt Leipzig? Das eigentlich bedauerliche und zugleich unverschämte ist, dass solche Märchen sogar der Öffentlichkeit erzählt werden, ohne wahrscheinlich ein schlechtes Gewissen zu haben. Eine solche unfähige und unrealistische Presseabteilung in dieser Besetzung ist ein schlechtes Aushängeschild für die Stadtverwaltung Leipzig, ein miserables Aushängeschild. Andererseits wundert mich diese Aussage nicht. da sie sich nahtlos an die groben Schnitzer der Pressesprechers einreiht.

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