Die Stiftung Friedliche Revolution hat in Leipzig am Mittwoch, 2. März, ihren Konzeptvorschlag für das Wettbewerbsverfahren rund um die künstlerische Gestaltung des zukünftigen nationalen Freiheits- und Einheitsdenkmals vorgelegt. Das vielleicht einmal nur noch Freiheitsdenkmal heißen wird. Denn in Leipzig ging es 1989 nun einmal zuallererst um Freiheit und den Mut, diese Freiheit einzufordern. Und auch wenn das Denkmal trotzdem auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz stehen soll, soll sich im Wettbewerb einiges ändern.

Das Papier ist im Neuen Rathaus an Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung übergeben worden. Damit gibt die von der Stadt mit der Realisierung des Denkmals beauftragte Stiftung dem Stadtrat Empfehlungen zum Wettbewerbsverfahren und den Wettbewerbszielen an die Hand.

Mit dem künstlerischen Wettbewerb verfolgt das Konzept drei wesentliche Ziele. Zum einen empfehlen die Experten eine künstlerisch zeitgemäße Gestaltung des Denkmals. Diese sollte der nationalen Bedeutung und der internationalen Strahlkraft gerecht werden. Außerdem schlägt das Gremium eine Bildsprache vor, die von der Leipziger Stadtgesellschaft und ihren Gästen heute wie in Zukunft verstanden werden soll.

Was das überreichte Papier noch etwas deutlicher beschreibt: „Ermittlung einer erinnerungskulturell diskursiven und prononcierten Ikonographie (Bildaussage) des Freiheitsdenkmals, die für heutige Stadtbürger und die Gäste der Stadt lesbar ist und dies prognostisch auch in den nächsten Jahrzehnten bleiben sollte“.

Zugleich sollten die Entwürfe Lösungen für eine gestalterische, funktionale sowie städtebauliche Verzahnung von Denkmal und dem neu entstehenden Quartier rund um den Leipziger Wilhelm-Leuschner-Platz als Standort des Denkmals liefern. Wobei es diesmal nicht um eine gesamte Platzgestaltung geht, die im ersten Wettbewerb so diffuse Ergebnisse geliefert hat, sondern darum, dass die künftige Platzgestaltung auf das Denkmal Rücksicht nimmt und das Denkmal auf die künftige Platzgestaltung.

Künstlerische Qualität gefragt

Das von der Stiftung Friedliche Revolution bestellte Gremium aus drei Expert/-innen hatte das Konzept in den vergangenen zwei Monaten in intensiver Arbeit erstellt. Zum Gremium gehören Ulrike Wendland vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz in Berlin, Lydia Hempel vom Landesverband Bildende Kunst Sachsen e. V. sowie Professor José Gutierrez Marquez von der Bauhaus-Universität Weimar.

„Ich wünsche den Bürgern der Stadt Leipzig Toleranz und Entschlusskraft im Prozess der Denkmalsetzung und hoffe, dass schließlich ein Kunstwerk und Erinnerungsmal von künstlerischer Qualität und internationaler Strahlkraft entsteht“, sagte Dr. Wendland bei der Konzeptübergabe.

Lydia Hempel äußerte sich optimistisch zum Realisierungsprozess des Denkmals: „Indem wir das neue Verfahren insgesamt nicht nur in der Findung eines Denkmalobjekts, sondern in einem Diskussionsprozess als anhaltendes und fortdauerndes diskursives Ergebnis definieren, bin ich sehr optimistisch, sowohl für den Gewinn des Verfahrens zugunsten einer produktiven Aktivierung stadträumlicher Gedanken- und Entwicklungsräume, als auch für fachlich prononcierte künstlerische Beiträge, die weiter tragen.“

Marquez, Wendland und Hempel empfehlen in ihrem Konzept eine maximale Qualität beim Wettbewerbsverfahren bei zugleich maximaler Transparenz. Die Teilnehmer sollten aus allen anerkannten künstlerischen Berufen stammen, die Teilnahme gemischter Teams zum Beispiel von Architektur, Garten- und Freiraumplanung sei möglich und erwünscht.

Die Teilnehmenden sollten die wesentlichen Erfahrungen und Bedürfnisse der Leipziger Bevölkerung berücksichtigen. Zum Verfahren empfiehlt das Gremium einen internationalen künstlerischen Realisierungswettbewerb mit stufenweisem Auswahlverfahren der künstlerischen Entwürfe durch eine Jury, die unabhängig, aber gleichzeitig in der Bürgerschaft verankert ist. In einem ersten Schritt empfehlen die Experten eine bundesweit offene Themensammlung.

Zusammen mit dem Standortvorschlag für das Denkmal, den die Stiftung vor drei Wochen bekannt gegeben hatte, kann die Stadt Leipzig nun auf einen im Sommer vorgesehenen Stadtratsbeschluss hinarbeiten. Ziel ist es, am 9. Oktober 2024 mit der Realisierung des Denkmals zu beginnen. 2008 hatte der Bundestag beschlossen, in Leipzig ein bundesdeutsches Freiheits- und Einheitsdenkmal zu errichten. Der erste Anlauf war 2014 gescheitert.

Entscheidung zum Wettbewerbsverfahren im Stadtrat

Der Wettbewerb wird – anders als beim vergangenen Verfahren – halb offen gestaltet: 12 Bewerber werden vorab auf Grundlage ihrer Expertise und Erfahrung ausgewählt, 24 weitere sollen über ein internationales Bewerbungsverfahren an dem Wettbewerb teilnehmen können. Über das Wettbewerbsverfahren soll der Stadtrat voraussichtlich im Juni entscheiden.

Das Begleitgremium für das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal, in dem die Stadtratsfraktionen vertreten sind, hatte am Dienstagabend grünes Licht gegeben und mehrheitlich dem Vorschlag des Expertenrats zum Wettbewerbsverfahren zugestimmt. Im Februar hatte sich ein Bürgerrat für den Wilhelm-Leuschner-Platz als Standort des künftigen Denkmals ausgesprochen.

Oberbürgermeister Burkhard Jung zeigte sich am Dienstag optimistisch, dass der künstlerische Wettbewerb ein Ergebnis bringen wird, das auf Zustimmung in der Stadtgesellschaft stoßen wird. „Der Begleitausschuss des Stadtrates steht mit großer Mehrheit hinter dem Prozess; ich bin sicher, dass wir renommierte internationale Künstlerinnen und Künstler und Teams gewinnen können, sich mit dem Thema Demokratie und Bürgerrechte auseinanderzusetzen“, sagte Jung.

„Dass Demokratie nicht selbstverständlich ist, dass wir für sie dankbar sein können in dem Wissen, dass sie auch verteidigt werden muss, erleben wir in diesen Tagen leider allzu deutlich.“

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