Manchmal staunt man ja, wie lange dieses Verweigern, Aussitzen und Aufschieben schon so geht. Obwohl es alle wissen – die da oben genauso wie wir hier unten. Alle. Ja, auch Leipzigs Stadtverwaltung, die es genauso draufhat, die Dinge im Ämterkreislauf schön auf kleiner Flamme zu halten. Als wäre der Klimawandel ein Problem, das man in aller Ruhe mal angehen kann. Später. Vielleicht nach der vierten Bürgerumfrage zum Klimawandel. Jetzt kommt erst mal die dritte.

Das klingt ein bisschen bissig. Soll es auch. Nicht nur in Bezug auf eine Stadtverwaltung, die sich nach der ersten Bürgerumfrage zum Klimawandel 2014 überhaupt noch nicht bemüßigt sah, das Thema besonders hochzuhängen und gar die Stadtpolitik danach auszurichten.

So ein bisschen munter wurden alle erst nach Paris 2015. Bis zu einem wirklich mit Maßnahmen untersetzen Energie- und Klimaschutzprogramm dauerte es bis 2022. Jetzt bekommt es der Stadtrat endlich vorgelegt.

Wissen ist noch lange nicht Handeln

Aber die Bürger der Stadt sind ganz und gar nicht außen vor. Denn die Umfrage von 2018 zeigte, dass die meisten wissen, was da auf uns zukommt. Viele gaben auch an, ihr Verhalten ändern zu wollen. Nur: passiert ist es nicht.

Die folgende Grafik zeigt, wie verbreitet das Wissen um die Folgen des Klimawandels ist. Wie man sieht, stellen sich nur 10 bis 15 Prozent richtig dumm.

Das Wissen der Leipziger um die Folgen des Klimawandels. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage zum Klimawandel 2018
Das Wissen der Leipziger um die Folgen des Klimawandels. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage zum Klimawandel 2018

Und die nächste zeigt den ganzen Widerspruch: Der Großteil der Leipziger weiß, was da auf uns zukommt. Die meisten sagen, man müsste sein eigenes Verhalten ändern. Und dann stellen wohl dieselben 79 Prozent fest, dass „der größte Teil der Bevölkerung sich wenig klimabewusst verhält“.

Aussagen der Leipziger zum Klimawandel. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage zum Klimawandel 2018
Aussagen der Leipziger zum Klimawandel. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage zum Klimawandel 2018

70 Prozent denken auch noch beunruhigt an die Welt, in der ihre Kinder und Enkel dann leben müssen.

Und dann? Handeln wir danach?

Die nächste Grafik zeigt, was sich die Befragten vorstellen konnten, an ihrem Verhalten zu ändern. Da wird es schon etwas magerer, obwohl man sieht, dass eine ganze Menge Leute seit 2014 begriffen haben, dass „weniger Fliegen“, „weniger Autofahren“ und „weniger Fleisch essen“ zwingend dazu gehört. Und auch mehr öffentliche Verkehrsmittel nutzen.

Was Leipziger sich vorstellen konnten, an ihrem Verhalten zu ändern. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage zum Klimawandel 2018
Was Leipziger sich vorstellen konnten, an ihrem Verhalten zu ändern. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage zum Klimawandel 2018

Die Zahlen aus der jährlichen Statistik der Stadt zeigen davon freilich noch nicht viel.

Aber mit den Jahren 2018 bis 2020 hatten wir ja schon die ersten drei Dürrejahre hintereinander. Und der Sommerbeginn 2022 hatte es auch in sich.

Vielleicht wird ja aus dem „könnte ich mir vorstellen“ tatsächlich mal eine spürbare Verhaltensänderung. Denn dass selbst die hitzebelastete Stadt für viele Leipziger/-innen zum Problem wird, hatte schon die Umfrage 2014 gezeigt.

Da kann man auf die Umfrageergebnisse 2022 durchaus gespannt sein.

Die neue Bürgerumfrage 2022

Zum „Klimawandel in Leipzig 2022“ erhalten in den nächsten Tagen 3.000 zufällig ausgewählte Leipzigerinnen und Leipziger per Post einen Fragebogen für eine Online-Umfrage mit einem Zusatzkennwort. Die Teilnahme ist freiwillig, teilen das Amt für Umweltschutz und das Amt für Statistik und Wahlen mit. Allerdings sind die Ergebnisse umso zuverlässiger, je mehr angeschriebene Bürgerinnen und Bürger den Fragebogen beantworten.

Sie betonen auch: „Alle Angaben werden streng vertraulich nach den Bestimmungen des Sächsischen Datenschutzgesetzes und des Statistikgesetzes des Freistaates Sachsen behandelt. Die Auswertungen erfolgen nur für große Bevölkerungsgruppen. Rechtsgrundlage der Befragung ist die vom Leipziger Stadtrat beschlossene Satzung über die kommunalen Erhebungen der Stadt Leipzig.“

Unter ökologischen Gesichtspunkten wird die Umfrage papiersparend als Online-Befragung durchgeführt. Wer keinen Zugang zum Internet hat oder aus anderen Gründen lieber einen Fragebogen auf Papier ausfüllen möchte, erhält diesen im Rahmen einer Erinnerungsaktion. Um eine Beantwortung der Fragen innerhalb der nächsten drei Wochen wird gebeten.

Erste Ergebnisse der Befragung sollen dann im 1. Quartal 2023 vorliegen. Für Rückfragen stehen die
Mitarbeiter des Amtes für Umweltschutz unter Tel. 123-1642 und des Amtes für Statistik und Wahlen unter Tel. 123-2826 und -2827 zur Verfügung.

Eine Herausforderung für alle Stadtbürger

Die Anpassung an den Klimawandel stellt eine gesellschaftliche Herausforderung des 21. Jahrhunderts dar, die nur gemeinschaftlich unter aktiver Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger gemeistert werden kann, betonen die beiden beteiligten Ämter.

Über das Monitoring sollen fortlaufende Erkenntnisse zur Auswirkung des Klimas auf die Stadtgesellschaft generiert und umweltrelevante, strategische Ziele erreicht werden. Die Bürgerumfrage „Klimawandel in Leipzig 2022“ fungiert auch als wichtiges Instrument der Bürgerbeteiligung.

Auf Initiative des Amtes für Umweltschutzes waren unter Federführung des Amtes für Statistik und Wahlen bereits 2014 die erste Bürgerumfrage „Klimawandel in Leipzig“ durchgeführt und die Ergebnisse publiziert worden.

Gegenstand der Befragung waren verschiedene Themen im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Klimawandels wie etwa persönliche Betroffenheiten, gesundheitliche Auswirkungen, Verhaltensänderungen oder auch die Ausbreitung nicht einheimischer Tier- und Pflanzenarten.

Entsprechend einem vierjährigen Turnus erfolgt nun die zweite Wiederholungsbefragung. Sie dient dazu, Trends abzuleiten und die Anstrengungen der Verwaltung zur Anpassung an den Klimawandel an aktuellen Befunden zur orientieren.

Somit ist die Bürgerumfrage „Klimawandel in Leipzig“ auch eine wesentliche Daten- bzw. Informationsgrundlage für die Planungen der Stadt und ein regelmäßiges Berichtswerk für strategische Entscheidungen der Kommunalpolitik und der Stadtverwaltung.

Die Ergebnisse der aktuellen Befragung werden mit den Ergebnissen von 2014 und 2018 verglichen. Vor dem Hintergrund der in Leipzig regelmäßig auftretenden Starkregenereignisse sowie der diesjährigen Hitzeperiode mit der einhergehenden Dürre soll herausgefunden werden, ob sich die Betroffenheit und die Erkenntnisse der Leipzigerinnen und der Leipziger zum Klimawandel geändert haben, betonen beide Ämter noch.

Womit man wieder bei der zögerlichen Rolle der Stadt wäre bei der Umsetzung eigener Klimaanpassungsmaßnahmen. Aber das ist eine andere Geschichte, die wir ja schon mehrfach thematisiert haben.

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