Wer mich noch aus dem Stadtrat kennt, weiß, dass der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Sofortmaßnahmenplan Parkchaos“ prinzipiell meine Zustimmung gefunden hätte. Allerdings weist er methodische Mängel auf, die sich aber auch im Verwaltungsstandpunkt wiederfinden. So wird das spezielle Problem Großveranstaltungen mit dem allgemeinen Thema Verkehrssicherheit vermischt.

Ich persönlich finde das problematisch, weil Großveranstaltungen zeitlich und örtlich eng begrenzte Maßnahmen erfordern. Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit sind zeitlich und örtlich unbegrenzt erforderlich.
Meines Erachtens wären zwei Anträge, einer zu Großveranstaltungen und einer zur allgemeinen Verkehrssicherheit, besser gewesen.

Ein dritter Antrag müsste sich dann mit den Umweltschäden durch Falschfahrer und Falschparker, z.B. auf Grünflächen, beschäftigen.

Durch die Vermischung aller Themen war es für die Verwaltung in ihrem Verwaltungsstandpunkt ein Leichtes zu sagen: „Für die Punkte 1-5 machen wir ein Konzept.“

Dieses wird wohl, wenn es kommt, relativ allgemein ausfallen. Genau wegen der Vermischung von den drei Problematiken.

Zu geringe Bußgelder

Der Punkt 6 aus dem Antrag der Grünen-Fraktion „Die Stadt soll auf eine Anpassung des Bußgeldkatalogs bei Parkverstößen hinwirken“ ist gut gemeint und ich verstehe die Ablehnung durch die Verwaltung nicht. Ja, der aktuelle Bußgeldkatalog ist angepasst, aber es ergeben sich immer noch zu geringe Bußgelder.

So wird für das Parken auf einem Radweg, Gehweg, einer Feuerwehrzufahrt oder einem Rettungsweg oder dem Grünstreifen seit dem 9. November 2021 ein Verwarnungsgeld von 55,00 Euro erhoben.

Einmal Schwarzfahren mit der Tram kostet 60,00 Euro und die Chance erwischt zu werden ist in beiden Fällen gleich hoch – bei den LVB gibt es aber keine „Höflichkeitszettel“.

Ablehnung mit Knallhart-Ansage

Persönlich liegt mir natürlich der Punkt 7 am Herzen.

„Der Regelfall soll das Abschleppen von verkehrswidrig geparkten Fahrzeugen sein, sofern eine Gefahrenlage durch Behinderung von Fuß-, Rad- und Rettungswegen sowie eine Befahrung von öffentlichen Grünanlagen besteht.“

Der Begriff „verkehrswidrig“ ist eigenwillig gewählt. Ich meine, es müsste rechtswidrig und/oder verkehrsbehindernd heißen. Das aber nur als Anmerkung.

Der eine oder andere Leser erinnert sich vielleicht an den Antrag der Freibeuter zum gleichen Thema, der die Ratsversammlung in mehreren Sitzungen beschäftigte.

Die Formulierung des Punktes im aktuellen Antrag ließ keine andere Antwort erwarten als eine Ablehnung, die wie folgt begründet wird:

„Hinsichtlich des Vorstoßes: ‚Regelfall‘ ist auf das Kommunalstreitverfahren zum Antrag VII-A-00898 ‚Abschleppen von verkehrsbehindernd geparkten Kraftfahrzeugen‘ hinzuweisen, zu welchem ein Gutachten von Rechtsanwalt Dr. Georg Brüggen beigezogen worden ist (konkret: Gutachten vom 15.01.2021 zur Rechtmäßigkeit des Stadtratsbeschlusses der Stadt Leipzig: ‚Abschleppen von verkehrsbehindernd geparkten Fahrzeugen‘ vom 07.10.2020).

Hier wiedergegeben als Auszug aus den Gutachtenergebnissen (S. 25 f.) heißt es darin unter Punkt 7.2.2.3.3 u. a.: ‚Ermessensleitende Vorgaben für das Abschleppen in bestimmten Gefahrensituationen greifen in die Vollzugszuständigkeit der unteren Straßenverkehrsbehörde und/oder des Ordnungsamts als Kreispolizeibehörde ein. […]‘.“

Immerhin kein Verstecken hinter „Einzelfallentscheidung“ oder „Mildestes Mittel“, sondern knallhart: „Ihr habt da nichts zu sagen!“

Befugnisse des Oberbürgermeisters

Ich bezweifle allerdings die Gültigkeit der Aussage.

Zur Erinnerung, die Freibeuter haben in der Folge um die Einsicht in die Arbeitsanweisungen des Ordnungsamtes zum Abschleppen gekämpft und erreicht, dass die Mitglieder des Fachausschusses Umwelt/Ordnung/Klima diese einsehen können. Wahrscheinlich war ich der einzige.

Der Inhalt war weniger interessant – es ging um die Unterschrift. Diese Arbeitsanweisungen unterschreibt der Leiter des Ordnungsamtes der Stadt Leipzig. Dieser ist dem Oberbürgermeister der Stadt Leipzig unterstellt. Juristisch kann der Stadtrat in die Erfüllung von Pflichtaufgaben der Stadt tatsächlich nicht mit Beschlüssen eingreifen.

Der Oberbürgermeister, der immerhin erkannt hat, dass die parkenden Fahrzeuge das Problem sind, könnte – wenn er denn wollte.

Wie formuliert man das in einem Antrag?

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