Am Dienstag, dem 7. Februar 2023, sah sich die Fraktion der Linken im Leipziger Stadtrat zur Herausgabe einer Korrekturmeldung veranlasst, nachdem die Leipziger „Bild“-Zeitung suggeriert hatte, die gesamte Fraktion kämpfe für ein Recht auf Mittagsschlaf für Angestellte der Stadt Leipzig. Tatsächlich existiert eine einschlägige Forderung, die aber nur auf einen Mann zurückgeht: Stadtrat Thomas Kumbernuß (Die PARTEI), der zwar zur linken Fraktion gehört, aber diesen Antrag als Einzelner gestellt hat. Was sagt er zu der Angelegenheit?

Genau zu dieser Sache, die unser Redakteur Ralf Julke bereits in einem Artikel verarbeitet hat, haben wir noch einmal extra bei Thomas „Kuno“ Kumbernuß nachgehakt. Der 52-Jährige sitzt für Die PARTEI im Leipziger Stadtrat und gehört dort zur Fraktion der Linken.

Guten Tag, Herr Kumbernuß! Sie fordern in Ihrem Antrag die Einführung des Mittagsschlafes für Angehörige der Stadtverwaltung, zunächst als Pilotprojekt. Was hat Sie zu diesem Antrag bewogen?

In diesem Antrag geht es in erster Linie um die Gesundheit der Mitarbeiter/-innen in der Verwaltung der Stadt Leipzig. Diese Mitarbeiter/-innen stehen vor neuen, stetig wechselnden Herausforderungen in ihrer Arbeit einerseits, andererseits ist Leipzig eine ständig wachsende Stadt und mehr Einwohner/-innen bedeuten auch mehr Arbeit für die Verwaltung.

Da setzt dieser Antrag an, er soll den Mitarbeiter/-innen Ruhephasen gewährleisten, damit sie erholter und damit konzentrierter ihre Arbeit bewältigen können. Eine leistungsfähige Verwaltung kann sich keine stressbedingten Ausfälle leisten oder gar, Mitarbeiter/-innen durch Burnout zu verlieren!

Soll das Ganze Ihrer Ansicht nach auf Freiwilligkeit beruhen, wenn es umgesetzt wird?

Es geht nur mit Freiwilligkeit! Und die einzelnen Mitarbeiter/-innen sollen auch selbst entscheiden (dürfen), wie viel Zeit von diesen zwei möglichen Stunden sie benötigen. Viele werden sich mit einer halben Stunde für ein sogenanntes Powernapping begnügen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Mitarbeiter/-innen der Verwaltung ihre Arbeit gerne und verantwortungsbewusst erledigen!

Was jedoch ausdrücklich nicht beabsichtigt ist, dass Mitarbeiter/-innen diese Pause für andere Beschäftigungen wie beispielsweise Shopping oder Besuche im Fitnessstudio missbrauchen. Körper und Geist sollen zur Ruhe kommen und sich nicht anderen Belastungen aussetzen.

Wie stehen Sie zur heutigen Meldung von „Bild“ Leipzig (online), die fälschlich suggeriert, dass die gesamte Fraktion der Linken im Stadtrat für das Projekt kämpfe und die Sie, ebenfalls nicht korrekt, als fraktionslosen Stadtrat bezeichnet?

Na ja, es ist halt die „Bild“, ich wusste nicht, dass ich fraktionslos bin. Ich werde morgen vor der Ratsversammlung aber mal bei der Fraktion nachfragen, ob da was im Busch ist (lacht).

Hat die „Bild“ Sie dazu befragt oder Kontakt mit Ihnen gehabt?

Nein, bis jetzt haben sich bei mir nur Qualitätsmedien gemeldet.

Offiziell gilt Ihr Ansinnen, wie heute klargestellt wurde, nicht als Teil des Forderungskatalogs der Linksfraktion, sondern als Einzelantrag. Welche Rückmeldungen haben Sie bisher aus Ihrem politischen Umfeld und darüber hinaus erhalten?

Überwiegend positive! Einige haben zunächst geschmunzelt, in Gesprächen konnten sie schnell überzeugt werden. Es geht ja nicht um „Das Recht auf Faulheit“ (Paul Lafargue), sondern um die Gesundheit der Mitarbeiter/-innen und die Attraktivität der Stadt Leipzig als Arbeitgeberin.

Nun ist ja plötzlich ein mediales Interesse aufgeploppt – Sie haben auch mit dem MDR gesprochen und RTL hatte sich bei Ihnen gemeldet!

Auch hier bin ich positiv überrascht, das Interesse zeigt aber einmal mehr, dass viele progressive Ansätze der Partei Die PARTEI mittlerweile auch als solche wahrgenommen werden. Es mag sein, dass der Antrag zunächst als Satire aufgefasst wird, inhaltlich geht es aber darum, die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts den Bedürfnissen der Arbeitnehmer/-innen anzupassen.

Wie soll es mit dem Antrag weitergehen?

Der Antrag geht zunächst ins Verfahren und die Verwaltung wird einen entsprechenden Standpunkt erarbeiten, auf den ich sehr gespannt bin. Ziel des Antrages ist ja, dass erst ein Pilotprojekt gestartet wird. Die Ergebnisse dieses Pilotprojektes sollen dann ausgewertet und entsprechende Vorschläge für die Verwaltung erarbeitet werden.

Sollte eines dieser Ergebnisse sein, dass eine Stunde Mittagsschlaf ausreichend ist und von den Mitarbeiter/-innen auch so bevorzugt wird, kann ich damit auch sehr gut leben. Es geht nicht um mich, es geht um die Mitarbeiter/-innen der Verwaltung der Stadt Leipzig und ihre Gesundheit!

Vielen Dank für das Gespräch! 

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Es gibt 10 Kommentare

Wo ich komplett bei “Der Michel” bin: was sollen solche Anträge, wenn man in seiner Pause doch schon heute machen kann, was man möchte?
Und sollte es tatsächlich so sein, das in den Arbeitsverträgen eine feste Pausendauer steht, könnte ein weniger polemischer Antrag zum Nutzen der Arbeitnehmer sein “Einführung flexibler Pausenzeiten” oder ähnlich. Aber nein, “Mittagsschlaf” trifft den Nerv eines Piraten, und so manch Anderen, natürlich viel besser…

@Der Michel: Ich habe ehrlich gesagt den Eindruck, Sie missverstehen hier so manches. Dass mir eine Meinung missfällt, würde voraussetzen, dass eine solche (zum Thema des Textes, wohlgemerkt) überhaupt erkennbar ist. Sie scheinen hier aber ganz grundsätzlich auf Thomas Kumbernuß herumzuhacken, weil Ihnen sein Hintergrund, seine Art bzw. sein Stil nicht zusagen. Das ist Ihr gutes Recht, und ich habe auch schon sehr anständige Menschen getroffen, welche Die PARTEI generell eher kritisch sehen und auch ihre Gründe dafür haben. Anderes Thema.

Ist das jetzt aber ein Grund, sich den “Mittagsschlaf-Antrag” nicht mal zumindest ergebnisoffen anzuschauen statt nur augenrollend zu reagieren? Immerhin reden wir über ein Thema, das in der hiesigen Arbeitskultur (noch) nicht auf breiter Front angekommen scheint, aber vielleicht von großer Bedeutung für das Wohlergehen ist – und letztlich dazu beitragen kann, dass die Administration ihr nicht kleiner werdendes Arbeitspensum weiter effektiv erledigen kann. Ein berechtigter Wunsch, den ich auch aus Ihrem ersten Post herauslese 😉

Ganz unironisch mögen Sie auch noch einen angenehmen Tag haben! Liebe Grüße aus der Redaktion.

@Thomas_2
Ich empfinde es als ein leider sehr oft auftretendes Phänomen in Diskussionen über politische und gesellschaftlichen Themen: In den letzten Jahren nimmt es doch sehr zu, dass man in “die andere Schublade” gesteckt wird, wenn gewisse Verhaltensweisen oder Ausdrucksformen (scharf) kritisiert werden. Es bedeutet ja z. B. nicht, um bei unserer Diskussion zu bleiben, dass mir persönlich Arbeitschutz und human gestaltete Arbeitsplätze nicht wichtig wären. Ganz im Gegenteil: Ich habe selbst lange Jahre u. a. in der Pflege und auch in der Industrie gearbeitet und meine Gesundheit ist auch deshalb derart im Eimer, dass ich leider nicht mehr arbeiten kann. Dies waren nicht die einzigen Gründe, aber diese hatten einen großen Einfluss.

Aus meiner Kritik an Herrn Kumbernuß haben Sie vermutlich den Kampfbegriff “Haben wir denn keine anderen Probleme” herausgelesen. Den benutzen auch z. B. viele Menschen, die überhaupt keine Lust auf Diskussion haben. Ja, es kann triggern, durchaus. Doch wie soll ich’s anders ausdrücken. Ich empfinde es tatsächlich so. Und lass mich hier trotzdem auf die Diskussion ein.

Nur als erläuterndes Beispiel (nicht um das Thema extrem auszuweiten):

Ich hasse auch die Genderei (sag ich frei und offen von der Leber weg), aber ich nenne es nicht “Genderwahn”, weil’s auch ein Kampfbegriff ist, der die Polarisierung unnötig verschärft. Auch hier das Problem der Kategorisierung; wenn ich die Genderei ablehne, bedeutet dies absolut nicht!, dass ich gar gegen Gleichberechtigung der Geschlechter wäre oder nicht mein eigenes Verhalten als Mann reflektieren würde. Nein, ganz im Gegenteil, dies ist wichtig. Den Inhalt stelle ich überhaupt nicht in Frage. Aber die Methoden lasse ich mir nicht vorschreiben.
Leider hab ich (wie viele andere auch) das Pech, dass die braunen Brüder der AfD gleichfalls das Gendern ablehnen. Lange Zeit hab ich daher meine Meinung in diesem Punkt nicht öffentlich dargestellt, weil es einfach ein Schei …gefühl ist, wenn man mit diesen Leuten Schnittmengen hat (und sei’s nur in diesem Punkt).

Fazit:
Nein, ich halte Arbeitsschutz für wichtig. Ja, der Antrag wirkt auf mich lächerlich (sowohl in der Ausformulierung, der Thematik und im Zeitpunkt) , obwohl er von der Intention her wohl gut gemeint ist.
Genauso sinnbefreit wie der Antrag von Herrn Kumbernuß zur Öffnung des Thomanerchores für Mädchen.
Gut gemeint, ist nicht immer gut gemacht (auch so ‘ne Phrase, ich weiß)

Ich möchte vorsorglich den Slogan “Leipzig sucht den Power-Napster” ins Spiel bringen. Daraus kann sich was Großes entwickeln.

@Lucas Böhme
Das ist irgendwie das Schöne an der LIZ; es findet eine richtige Diskussion statt und selbst die Redakteure melden sich oft nochmals zu Wort und reagieren nicht selten auch mal durchaus emotional oder ironisch. Nicht falsch verstehen: Dies meine ich explizit jetzt – nicht – ironisch.
Von daher: Nur zu, wenn ihnen meine Meinung nicht so recht passt, dann nur drauf und mit Hallali. Sofern Sie meine Antworten aushalten, dann nur feste druff jehaun.

Ich versuche meine Beiträge immer sorgfältig auf die Einhaltung der Netiquette zu prüfen. Falls mir dies einmal nicht gelingen sollte, dann weisen Sie mich gerne darauf hin. In manchen Foren wird allerdings Kritik oder auch Ironie als persönlicher Angriff aufgefasst oder gar als Beleidigung, auch wenn dies überhaupt nicht der Fall ist. Bisher haben Sie in mir jedoch nicht den Eindruck erweckt, als ob man mit ihnen nicht die Klingen kreuzen könnte.

Bei ZEIT-Online wurde einmal einer meiner Kommentare vom zuständigen Mitarbeiter des Nachtdienstes der Redaktion gelöscht, als ich kurz und lapidar schrieb, dass ich zwei Flaschen Schampus aufmachen werde, wenn Donald Trump mal abdankt (Hab ihm nicht den Tod gewünscht! und es ging im kommentierten Artikel auch um DT und seine Machenschaften). Kam dem armen Praktikanten in der Redaktion wohl zu “scharf” vor. So nach dem Motto “Lieber mal löschen” 🙂

Doch was unser gemeinsames Thema angeht (Ich kann’s einfach nicht lassen 😉 ):

Ich halte Herrn Kumbernuß nach wie vor für eine eine Art Hofnarr des Leipziger Stadtparlaments. Auch wenn ein kurzer Mittagsschlaf durchaus für manche Menschen vielleicht Erholung bringt, solche Anträge nerven mich. Selbst wenn sie auch (versehentlich?) “seriöse” Brocken enthalten. Ja – das war jetzt ironisch 😉

Zumindest in wichtigen Fragen der ökologischen Umgestaltung unserer Stadt wäre ich hingegen sein Mitstreiter.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag (nicht ironisch gemeint!)

P.S
Leider bin ich materiell sehr von der Inflation und der Energiekrise betroffen. Daher bin ich nicht finanziell in der Lage ein Soli-Abo der LZ abzuschließen. Ich hoffe, ich kann in der Zukunft dies mal tun.

Was könnte denn „wirklich wichtiger“ sein als die Gesundheit von uns Menschen?
Auch, wenn das nur Satire sein sollte, kann die Stadt als Arbeitgeber hier mit gutem Beispiel vorangehen.
Mutmaßlich wichtiger ist immer irgendetwas. Diese „Argumentation“ ist genauso bescheuert, wie die: Ihr braucht keine Lohnerhöhung, es gibt viele, die noch weniger verdienen. WOW

@Der Michel: Ich habe ja mal gelernt, dass Wortbeiträge besonders glaubhaft wirken, wenn sie argumentieren und sich sachlich mit Dingen auseinandersetzen. Also, nur Mut! 😉

PS. Dass z.B. ein sog. Power-Nap Wohlbefinden und Leistung tatsächlich steigert, ist vielfach erwiesen.

MfG aus der Redaktion

Wir leben in einer Zeit, in der wirklich sehr wichtige Themen auf der Tagesordnung stehen. Es ist zu befürchten, dass Herr Kumbernuß durch die unnötige Publicity, die er bekommen hat, jetzt noch mehr Anträge dieser Art stellt, als er es ohnehin schon tut. Ein Luxus, den man sich in den Jahren der Dauerkrise eigentlich nicht leisten kann. Parlament und Verwaltung haben ohnehin genug zu tun.

Gut, wenn er es in Zukunft noch mehr übertreibt und extrem schräge Anträge formuliert, kann er sich hinterher immer noch damit herausreden, dass es ja nur Satire sein sollte. Wobei man sagen muss, dass Martin Sonneborn in dieser Hinsicht wesentlich witziger und kreativer ist.

Andererseits: In Zeiten der Krise erfüllen die Hofnarren, die uns zum Lachen bringen, auch eine sinnvolle Funktion.

Mal sehen, was er das nächste Mal auf die Bühne bringt 😉

Sofern die Mitarbeiter über ein Gleitzeitkonto verfügen, wovon ich aufgrund zweier Freunde die dort arbeiten mal ausgehe, kann doch schon heute Jeder seine Pause durch Notieren der Arbeitszeit selbstständig lang oder kurz gestalten.

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