Fast dachte man schon: Das gibt jetzt richtig Zoff, als CDU-Stadtrat Michael Weickert in der Ratsversammlung am 15. März ans Rednerpult trat und mahnende Worte zur Zukunft der Leipziger Kulturhäuser äußerte. Immerhin lag die Vorlage aus dem Kulturdezernat auf dem Tisch, mit der die finanziellen Grundlagen der Häuser bis 2026 geklärt werden sollten.

Und wer schon etwas länger im Leipziger Stadtrat sitzt – wie Grünen-Stadträtin Annette Körner –, erinnerte sich auch daran, dass die CDU-Fraktion noch vor zehn Jahren kein Problem darin sah, bei Leipzigs großen Kulturhäusern auch heftige Einschnitte in Kauf zu nehmen. Damit war die CDU-Fraktion nicht allein. Zeitweilig war von der Gründung von Städtischer Bühne die Rede, die Musikalische Komödie stand regelrecht auf der Abschussliste.

Und scheinbar bestätigte das für 135.000 Euro bestellte actori-Gutachten, dass es tatsächlich schwer werden würde, die steigenden Kosten für Oper, Gewandhaus, Musikschule, Schauspiel und Theater der jungen Welt künftig noch aufzubringen. Von einer aufklaffenden Finanzierungslücke war gar die Rede.

Die eigentliche Frage

Doch das Gutachten stellte auch alle Fraktionen vor die Frage: Wollen Sie, dass Leipzig eine attraktive Kulturstadt bleibt? Oder wollen Sie das nicht?

Eine elementare, die damals auch den blinden Fleck in der Leipziger Stadtpolitik berührte. Denn 2012, 2013 waren noch echte „Sparjahre“. Oder genauer: Jahre, in denen die Geschichte von der schrumpfenden Stadt und den knappen Einnahmen in den Köpfen aller Beteiligen steckte. Obwohl die Stadt schon seit 2000 wieder wuchs. 2012 war das Jahr, als im hochweisen Rat auch endlich der Groschen fiel und man merkte, dass man endlich anfangen musste, in großem Maßstab neue Kindertagesstätten zu bauen.

Nur die ewigen Spar-Ermahnungen aus der Landesdirektion wurde man nicht los. Die mahnt bis heute. Und jede Haushaltsverhandlung beginnt mit dem Gejammer darum, dass die nächsten beiden Jahre höchst gefährlich für den armen Leipziger Haushalt werden könnten. Doch jedes Mal, wenn der Finanzbürgermeister diese Jahre später abrechnet, stellt sich heraus, dass Leipzig gut gewirtschaftet hat, keine neuen Schulden gemacht hat und sogar weitere Schulden abgetragen hat.

Keine Kostenexplosionen

Und seine Hochkultur hat Leipzig auch all die Jahre weiter finanzieren können. Auch weil die Leitungen der einzelnen Häuser – wie schon das actori-Gutachten feststellte – gut gewirtschaftet haben und selbst alle Anstrengungen unternahmen, die Kosten im Griff zu behalten. Die CDU-Fraktion kam dann zwar 2015 und 2016 wieder mit ihren Ideen zu den Kulturbetrieben um die Ecke.

Aber darauf reagierte die Stadtratsmehrheit inzwischen dickfellig. Denn dort war man sich damals schon klar, dass Leipzigs Image in ganz wesentlichen Teilen auf der Existenz einer hochklassigen Kulturlandschaft beruht. Eine Position, die inzwischen – wenn man Michael Weickert richtig versteht – auch die CDU-Fraktion einnimmt.

So waren seine Worte nur allgemeine Mahnungen, die er auch nicht weiter konkretisierte. Und ein schöner Hinweis darauf, dass der Kulturetat im Leipziger Haushalt der größte Brocken innerhalb der freiwilligen Leistungen ist.

Die vereinbarten Zuschüsse für die Kulturbetriebe bis 2026.
Die vereinbarten Zuschüsse für die Kulturbetriebe bis 2026.

Aber er stellte den Brocken doch nicht infrage. Und Annette Körner wies darauf hin, dass die nun vereinbarten Zuschüsse der Stadt für die großen Häuser sehr moderat sind. Keine flotten Steigerungen schnell mal um 8,5 oder 10,5 Prozent, wie sie dieser Tage üblich geworden sind. Sondern sehr überschaubare Zuwächse, die nach harten Verhandlungen mit den Leitungen der Häuser erzielt werden konnten.

Auch vor dem Hintergrund der zurückliegenden Corona-Jahre, in denen die Häuser oft über viele Monate geschlossen waren und die vertraglich gebundenen Künstlerinnen und Künstler ganz gewiss oft daran gedacht haben, wegzugehen, weil in dieser Zeit einfach keine Auftritte möglich waren. Doch inzwischen arbeiten die Häuser auch an eigenen Konzepten der Nachhaltigkeit und der Klimaneutralität – besonders offensiv die Oper Leipzig.

Die Vorlage für die Zuschüsse für die Kulturbetriebe bis 2026.

Zwar gab es dann am 15. März noch ein kleines Hin und Her zwischen Mandy Gehrt (Linke) und Sascha Matzke (FDP), wie vielversprechend die jüngsten Publikumszuwächse in den Theaterhäusern tatsächlich sind. Denn natürlich hat Corona das Verhalten der Kulturinteressierten beeinflusst. Man bucht inzwischen kurzfristiger. Doch zur Premiere sind die Häuser voll.

Aber wirklich infrage gestellt hat am 15. März niemand der Anwesenden die Bedeutung der Kulturbetriebe für Leipzig. Auch nicht der eine Heiko Bär aus der SPD-Fraktion, der am Ende als einziger gegen die Vorlage stimmte. Während alle anderen dafür stimmten und den OBM glücklich machten, der sich sichtlich froh zeigte über diese breite Zustimmung zur Finanzierung der Leipziger Hochkultur bis 2026.

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