In den letzten Wochen gab es Zoff um den neuen Migrantenbeirat Leipzigs: Ein Beschwerdeführer warf der Stadt eine unfaire Wahlprozedur vor, strengte ein gerichtliches Eilverfahren an, verlor zunächst. Daher konnte der Stadtrat nun die Beiratsmitglieder berufen – mit einer Ausnahme: Mohammed Okasha, der wegen eines Posts zu Israel unter Druck geraten und aus dem Gremium zurückgetreten war, wurde abgelehnt.
Mohammed Okasha wird kein Teil des neuen Leipziger Migrantenbeirats: Trotz seiner erfolgten Wahl mit 185 Stimmen lehnte der Leipziger Stadtrat Okashas Berufung in das Gremium am Mittwoch mehrheitlich ab. Bestätigt wurden hingegen die anderen 15 Mitglieder, die damit ihre Arbeit aufnehmen können.
Mohammed Okasha wurde damit wohl in gewisser Weise von der Vergangenheit eingeholt: Der gebürtige Ägypter, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, war schon einmal Vorsitzender des Migrantenbeirats gewesen.
Instagram-Post brachte Okasha in Bedrängnis
Ende 2023 war er allerdings nach einer Aussage auf Instagram unter Druck geraten. Nur Wochen nach dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel mit etwa 1.200 Toten und mehr als 200 Entführungsopfern hatte Okasha einen Post geteilt, der von einem „Genozid an den Palästinensern“ sprach. Dieser würde heute von denjenigen unterstützt, die für die Shoah, Tote im Vietnam- und Irakkrieg, den Abwurf der Atombombe und die Schaffung der Terrororganisation Al Quaida verantwortlich seien und zugleich über Menschenrechte belehren.
Vor allem die CDU hatte damals mit Empörung reagiert und Okashas Abberufung aus dem Migrantenbeirat beantragt. Er selbst kam dem durch einen Rücktritt im März 2024 zuvor und strebte für Die Linke bei der Wahl im Juni einen Sitz im Stadtrat an – ohne Erfolg.
Im Nachhinein bezeichnete Okasha zunächst nur den Zeitpunkt des Social Media-Posts vom 9. November 2023 – dem Gedenktag an die Opfer der Novemberpogrome 85 Jahre zuvor – als unpassend. Später entschuldigte er sich auch für die Wirkung, die der Post ausgelöst habe, er verurteile den Terror der Hamas, stehe zum Existenzrecht Israels und sei ein Kritiker des traditionellen Islam, erklärte Okasha in einem LZ-Interview. Gleichzeitig äußerte er Unverständnis für das militärische Vorgehen der israelischen Regierung in Gaza.
Uneinheitliches Abstimmungsbild im Stadtrat
Die CDU hatte hinsichtlich der Berufung des neuen Migrantenbeirats, die vom Stadtrat bestätigt werden muss, für Mittwoch um eine getrennte Abstimmung zu Mohammed Okasha ersucht. Während die anderen 15 Mitglieder mit 42 Ja-Stimmen und 17 Enthaltungen (Gegenstimmen gab es nicht) bequem durchkamen, war das Bild bei Okasha anders: Mit 22 Ja-Stimmen, 23 Ablehnungen und 18 Enthaltungen verfehlte er seine Bestätigung.
Zuspruch erhielt er seitens der Linksfraktion und überwiegend der Grünen, CDU- und AfD-Fraktion lehnten seine Bestellung fast durchweg ab. SPD und BSW enthielten sich. Auch die Fraktionslosen wollten Okasha nicht erneut im Migrantenbeirat sehen, die Freie Fraktion zeigte sich uneins.
Daher wird nun in naher Zukunft ein Nachrücker oder eine Nachrückerin gefunden werden müssen.
Gericht hatte Antrag gegen Berufung des neuen Beirats abgewiesen
Der 2009 gegründete Migrantenbeirat ist die lokale Interessenvertretung von Menschen mit Einwanderungsgeschichte und kann beispielsweise eigene Anträge zur Beschlussfassung im Stadtrat vorlegen. Die letzte Wahl vom 7. bis 14. April, bei der nur 6,6 Prozent von rund 75.000 Stimmberechtigten teilnahmen, zog Streit nach sich: Beschwerdeführer werfen der Stadt Mängel bei der Wahlprozedur vor, vor allem unvollständige Listen und ein ungerechtes Wahlsystem.
Mit Robert Alia, der bei der Wahl zum Beirat antrat und scheiterte, hat einer der Kritiker inzwischen das Verwaltungsgericht eingeschaltet. Ein Antrag des 35-jährigen Albaners auf einstweiligen Rechtsschutz, der die Berufung von heute hätte stoppen sollen, war allerdings abgelehnt worden. Die Stadt Leipzig sieht die Wahl im Einklang mit geltendem Recht durchgeführt. Beschwerdeführer Alia dagegen verneint dies und kündigte gegenüber der LZ an, weiter den gerichtlichen Weg zu beschreiten.
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