Dass neben allerlei anderen Verschmutzungen auch Glyphosat in sächsischen Gewässern schwimmt, war eigentlich zu erwarten. Viel zu wenig tut das Land, um die Einspülungen von Chemie aller Art in Flüsse und Seen zu verhindern. Eine Studie des Umweltinstituts Leipzig e.V. im Auftrag der Grünen-Fraktion machte jetzt auch deutlich, dass ein Pestizid wie Glyphosat selbst in Badeseen zu finden ist – wie im Zwenkauer See.

Die Überschreitung des Grenzwertes für Glyphosat und dessen Abbaustoffes Aminomethylphosphonsäure (AMPA) im Zwenkauer See hält der Leipziger Ökolöwe für ein besorgniserregendes Ergebnis.

Das Pflanzenschutzmittel wird von der Krebsforschungsgesellschaft der Weltgesundheitsorganisation als wahrscheinlich krebserregend eingestuft.

„Und das im künftigen Badesee, dessen Belastung mit Sulfaten ohnehin schon zu hoch ist“, sagt Anja Werner, umweltpolitische Sprecherin des Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V. „Der pH-Wert ist auch noch nicht im neutralen Bereich. Dieses wenig vertrauenerweckende Wasser soll aber schon bald durch den geplanten Harthkanal in den Cospudener See fließen und dann über den Floßgraben und die Pleiße weiter in den Auwald. Was das für Badegäste und Natur bedeuten muss, ist selbst für Laien an einer Hand abzuzählen.“

Wobei zu betonen ist an dieser Stelle: der Zwenkauer See war eine von nur drei Messstellen im Landkreis Leipzig. Für eine wirklich das ganze Land umfassende Messreihe haben weder die Grünen noch das Umweltinstitut die Ressourcen. Das wäre eigentlich eine staatliche Aufgabe. Doch gerade bei der Ermittlung der Werte für die Pestizidbelastung hält sich der Freistaat sichtlich zurück. Die Messungen des Umweltinstituts haben erst einmal nur sichtbar gemacht, wie verbreitet das Glyphosat-Problem ist. Aber eben nur punktuell. Wie es in anderen Gewässern – man nehme nur den Störmthaler oder den Cospudener See – aussieht, ist damit ja noch längst nicht erfasst. Schon gar nicht, was alles in den Fließgewässern zu messen wäre, die stets nur nach standardisierten Gruppen von Belastungsstoffen untersucht werden.

Aber Fakt ist: Alles fließt. Was im Zwenkauer See schwimmt, würde beim Bau des Harthkanals dann auch in den Cospudener See fließen. Ein ganz heikles Unterfangen, findet der Ökolöwe.

„Eine Gewässerverbindung hat an sich schon etwas Reizvolles. Gerade für Wasserwanderer ist es interessant, mehrere Naturräume zu erleben. Doch unter den gegebenen Bedingungen wäre eine Verbindung dieser Gewässer grob fahrlässig – sowohl für Badende als auch für die seltenen Arten des Auwaldes wie Teichmuschel oder Bitterling“, erklärt Anja Werner zu den möglichen Folgen. Mit dem für große Motorschiffe geplanten Harthkanal zwischen Zwenkauer und Cospudener See hat der Ökolöwe sowieso seine Bauchschmerzen.

„Hinzu kommt, dass der Kanal völlig überdimensioniert geplant ist. Ohne dass er eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchlaufen würde, ebnet er – gemeinsam mit TWGK und Schiffbarkeitserklärung – den Weg für die Bebauung der Ufer und massenhaften Tourismus im Neuseenland“, sagt Anja Werner. „Stattdessen sollte die Naherholung als hohes Gut gesichert werden. Gerade im wachsenden Leipzig, wo das Grün logischerweise immer knapper werden wird.“

TWGK ist das Tourismuswirtschaftliche Gesamtkonzept, mit dem die Akteure des Wassertourismus in den nächsten Jahren versuchen werden, ihre Großprojekte voranzutreiben. Vorher haben sie es unter dem Goldglitzer des Wassertouristischen Nutzungskonzepts (WTNK) getan – und damit auch etliche Bauprojekte im Gewässerverbund vorangetrieben. Manche mit Umweltverträglichkeitsprüfung – manche ohne. 2015 gab es dazu im Leipziger Stadtrat zum Beispiel die Auskunft: „Sofern für die Einzelmaßnahmen eine UVP-Pflicht festgestellt wird, wird diese vorhabensbezogen durchgeführt (z. B. Schleuse Connewitz, Gewässerverbindung Markkleeberger See – Pleiße).“

Der Harthkanal liegt in einem Aufschüttungsgelände des ehemaligen Tagebaus Espenhain und der Kanalbau gilt als Aufwertungsprojekt. Ursprünglich war er mit 10 Millionen Euro geplant. Doch dieses Geld wurde schon durch die Verdichtungsarbeiten für den Untergrund ausgegeben. Der Kanal selbst wird mindestens noch einmal so viel kosten.

Aber muss das Ding so riesig werden, fragt sich Anja Werner.

„Der Plan, den Kanal zu bauen, muss gründlich überarbeitet werden“, fordert sie. „Sowohl in der Größe und der Anlage für Motorboote als auch in Bezug auf den zeitlichen Rahmen. Bis nicht sichergestellt ist, dass das Wasser des Zwenkauer Sees sauber und für alle Lebewesen verträglich ist, kann der Kanal nicht gebaut werden.“

Auskunft des Leipziger Umweltdezernats zu „Maßnahmen des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes (WTNK)“.

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