Es ist ein besonderer Versuch, den der Staatsbetrieb Sachsenforst da am Dienstag, 4. Mai, in der Nordwestaue des Leipziger Auwalds gestartet hat. Im Beisein von Forst- und Umweltminister Wolfram Günther wurden dort 125 Eschen gepflanzt. Und zwar nicht irgendwelche, sondern eine besondere Sendung aus Thüringen: Die Klone einer Esche, die dort im Erfurter Revier das Eschentriebsterben augenscheinlich gut überstanden hat. Und das Eschentriebsterben macht ja auch dem Leipziger Auwald zu schaffen.

Das war auch im Schkeuditzer Revier sichtbar. Die hier heimischen Eschen, die neben Eiche und Ulme eigentlich den Baumgrundbestand in der Hartholzaue ausmachen, haben in der Regel keine Resistenz gegen das aus Asien eingeschleppte Falsche Weiße Stängelbecherchen, das das Eschentriebsterben auslöst. Oft gehen dann auch noch die Bastkäfer an die geschwächten Bäume und beschleunigen den Absterbeprozess.

„Drei verschiedene Bastkäferarten haben wir hier im Revier inzwischen gefunden“, sagt Forstbezirksleiter Andreas Padberg.Aufgrund des Eschentriebsterbens wurden in den letzten Jahren im Leipziger Auwald keine Eschen mehr gepflanzt. Auch aus Naturverjüngung entstandene Eschen sind teilweise stark geschädigt. Es ist daher unklar, ob allein durch die natürliche Verjüngung das notwendige Angebot für den Kleinen Maivogel gesichert werden kann.

Wenn die resistenten Eschen von den Faltern angenommen werden, wäre durch eine Pflanzung resistenter Eschen in Zukunft eine gezielte Verbesserung der Lebensgrundlage des Falters möglich, der aufgrund seiner engen Bindung gerade an junge Eschen auch Eschenscheckenfalter genannt wird.

Der Kleine Maivogel ist in Deutschland einer der seltensten Tagfalter und eine besonders wertgebende Art des Leipziger Auwaldes. Das Vorkommen in der Elster- und Luppeaue hat eine herausragende bundesweite Bedeutung. Sachsen hat damit eine besondere Verantwortung für die Erhaltung der Art. In den vergangenen Jahren hat Sachsenforst auf den Erhalt des Eschenscheckenfalters schon besonderen Wert gelegt und junge Eschen besonders freigestellt, damit sie von den Faltern angenommen werden.

Ein Ergebnis dieser Sorge ist inzwischen, so Dr. Susanne Uhlemann, dass sich der Bestand in den vergangenen Jahren deutlich stabilisiert hat und wieder über 900 Geniste im Leipziger Auengebiet gefunden wurden. Sie betreut im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie das Scheckenfalter-Projekt, das deshalb so wichtig ist, weil das Gebiet der Leipziger Aue eines der letzten Gebiete ist, in denen sich der Falter halten konnte.

Grund dafür ist auch die bundesweit betriebene Plantagenwirtschaft in den Forsten: Die Bäume stehen zu eng, die Jungpflanzen bekommen zu wenig Sonne. Aber der Maivogel braucht Wärme.

Aber ganz darauf verlassen, dass die jungen Eschen im Leipziger Auwald das Eschentriebsterben überleben, wollte sich das Umweltministerium nicht. Auch wenn es durchaus möglich ist, dass auch im Leipziger Auwald einzelne Eschen Resistenzen gegen den Parasiten ausbilden. Worauf eigentlich auch Padberg hofft. Denn die Pflanzung der 125 geklonten Jungeschen können nicht die Lösung sein, sondern bestenfalls eine einmalige Aktion.

Der Vorteil der 125 Bäumchen: Die Bäume sind gegenüber dem Eschentriebsterben resistent und bieten die Lebensgrundlage für die seltene Falterart Kleiner Maivogel.

Andererseits sind sie auch ein hoffnungsvoller Versuch, eine prägende Baumart im Auwald nicht zu verlieren. Denn Sachsen setze nicht unbedingt auf die Anpflanzung von Baumarten, die bisher in diesem Gebiet nicht heimisch sind, betonte Umweltminister Wolfram Günther. Auch wenn alle drei prägenden Baumarten mittlerweile massiv unter Schädlingsbefall leiden.

Das Ulmensterben hat die Ulme schon fast komplett aus der Aue verschwinden lassen. Wenn die Esche verschwindet, betrfift das 40 bis 50 Prozent der Baumbestände, so Padberg. Und auch die Eiche hat mittlerweile unter dem Eichenprozessionsspinner zu leiden. Und dass die drei Hauptarten derart leiden, hat natürlich einerseits mit dem Klimawandel zu tun, andererseits aber auch damit, dass der Aue das Wasser fehlt.

Weshalb sein Ministerium die Revitalisierung des Auwaldes nicht nur bis zur Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt betrachte, sondert darüber hinaus Kooperation suche, so Günther. Und das Projekt soll sich auch nicht nur auf das von Sachsenforst bewirtschaftete Gebiet erstrecken. Mit der Leipziger Verwaltung sei man auch schon im Gespräch, um auch auf Leipziger Gebiet Angebote für den Eschenscheckenfalter zu schaffen, so Uhleman.

„Die Esche ist eine wesentliche Baumart des Auwalds. Die Bestände sind durch Trockenheit und das Eschentriebsterben massiv geschädigt“, stellte Umweltminister Wolfram Günther fest. „Indem wir nun gegen diese Krankheit resistente Eschen pflanzen, schaffen wir stabile Bestandskerne und erhalten den Lebensraum für den seltenen Kleinen Maivogel. Für den Erhalt dieser Art haben wir hier eine besondere Verantwortung. Und letztlich unterstützen wir mit der Pflanzaktion die ökologische Entwicklung des Auwaldsystems. Der Leipziger Auwald ist ein Landschaftsraum und Ökosystem von gesamteuropäischer Bedeutung. Mein Dank gilt allen Mitwirkenden für diese konzertierte Aktion.“

Das Projekt hat zunächst Modellcharakter und wird in enger Zusammenarbeit des Forstbezirkes Leipzig mit dem Kompetenzzentrum Wald und Forstwirtschaft von Sachsenforst sowie dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie umgesetzt. Die Pflanzen stammen aus einem Programm des Thüringer forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrums Gotha zur Erhaltung der Gewöhnlichen Esche. Dabei werden widerstandsfähige Eschenaltbäume identifiziert und vermehrt.

Die Pflanzstandorte wurden nach dem derzeitigen Eschenscheckenfalter-Vorkommen bzw. möglichen späteren Vorkommen ausgewählt. Die resistenten Eschen werden mit Einzelschutz versehen und speziell markiert. Immerhin sind jetzt alle gespannt darauf, ob die Sache funktioniert und die jungen Eschen aus Thüringen es schaffen, zu gesunden Altbäumen zu werden.

Impressionen vom 4. Mai 2021 im Auwald

Video: LZ

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Es gibt 2 Kommentare

Ob diese Pflanzungen sinnvoll sind oder nicht, darüber lässt sich sicherlich trefflich diskutieren. Schäden durch die Pflanzungen? Nur ein Klon und der aus einer anderen Region? Warum sucht man nicht im Leipziger Auwald verstärkt nach resistenten Exemplaren und untersucht diese weiter, wie sich sich selbst entwickeln? Zumindest schädlich erscheint dieses Experiment aber zunächst mal nicht (vorausgesetzt man hat für diese Pflanzungen nicht in die bestehenden Habitate hineingehackt). Von gelungen kann man natürlich auch noch nicht sprechen. Und der Schmetterling braucht natürlich auch noch mehr, Gierschsäume z.B., an denen die Falter saugen können. Und so ist es immer in der Natur, die Situation ist stets komplex und im (wald)ökologischen Gesamtkontext zu sehen. Aber das überfordert Förster in der Regel. Sie sind ja auch eher für die Holzproduktion ausgebildet, und nicht artenkundlich oder populationsökologisch.

Eine öffentlichkeitswirksame Aktion sollte es aber offensichtlich auf alle Fälle sein! Unter dem Motto “Gute Presse statt Auwaldschutz”. Baumpflanzungen sind bekanntermaßen für die Presse und für selbstdarstellerische Fotos immer ein Renner. So kann man sich als Forstbezirksleiter ausgezeichnet profilieren und sich als “bekannt naturschutzbewusster” Umweltminister der Grünen schon mal in den Wahlkampf für die Bundesgrünen begeben.

Mit der Aussage, dass in den letzten Jahren keine Eschen mehr gepflanzt wurden, liegt Herr Padberg goldrichtig. Eschen wurden auf sein Geheiß hin nämlich massenweise gefällt, Waldgebiete wie der Kanitzsch mit Kahlschlägen übersät. Dabei wurden Waldökosysteme schwer geschädigt, viele Arten wie der Eremit (Totoholzkäfer) und Waldfledermäuse massivst in Mitleidenschaft gezogen, und Kahlschläge dann z.T. mit völlig auwaldfremden und fremdländischen Arten wie Esskastanie, Roteiche, Elsbeere oder Schwarznuss aufgeforstet, und das auch noch in der üblichen Plantagenmanier, die für besondere Artenarmut steht (so auch die jüngsten Forschungen des iDiv-Text zu Baum-Plantagen).

Auch für den Maivogel wäre es das beste, man ließe den Auwald mal endlich in Ruhe. Die Hauptbestände des Falters liegen derzeit an breiten Wegen, wo auch Girschsäume zu finden sind, das Kronendach lichtet sich momentan kalamitätsbedingt ganz von selbst auf (dazu braucht es keine Harvester…) und auch keine im Scheckenfalter-Habitat umherstapfende und grabende Förster, die ihr werbebewusstes Herz für Artenschutz am Schmetterling gefunden haben…

Für den Auwald und auch für den Maivogel wäre es viel besser, Staatsminister Günther würde sich, anstatt sich vor den Forst-Holzkarren von Herrn Padberg spannen zu lassen, für eine Waldwende im Leipziger Auwald stark machen und die Intensivforstwirtschaft von Sachsenforst stoppen, und zwar sofort und ein für allemal! Aber vielleicht kommt das ja noch… Immerhin setzte er schon einige wichtige Zeichen für ein zukünftiges Revitalisierungsprojekt im Leipziger Auensystem. Und daran wird er gemessen werden!

Ein Film, der die waldökologischen Zusammenhänge und die forstlichen Verbrechen von Sachsenforst und Stadtforsten sehr anschaulich macht (und auch den Maivogel vorstellt!): Der Leipziger Auwald – Ein Nachruf? https://www.youtube.com/watch?v=F2PhppM-bIk

Dieser Satz:

“Das Ulmensterben hat die Ulme schon fast komplett aus der Aue verschwinden lassen. ”

ist nicht so ganz korrekt.

In Leipzig wie auch im gesamten FFH-Gebiet gibt es so einige Ulmen, nämlich v.a. Flatterulmen. Flatterulmen sind übrigens auch recht widerstandsfähig gegen das Ulmensterben, dieses ist auch nachzulesen, bspw. im stets verfügbarem Wikipedia. Die hier lebenden Flatterulmen sind auch recht groß und teilweise werden sie auch recht alt. Sie stehen da und grünen und blühen, und zwar im südlichen, aber auch im nördlichen Auwald und auch Richtung Schkeuditz, ebenso stehen sie in der Parthenaue und machen nach wie vor weitestgehend einen fidelen Eindruck. Die Feldulmen dagegen, ja, die waren mehr vom Ulmensterben betroffen, aber selbst alte und vitale Feldulmen sind ganz im Westen des FFH-Gebiets und v.a. im sich westlich anschließenden FFH-Gebiet (da gibt es nämlich noch eins!) zu finden. Auch diese Feldulmen sind quicklebendig und werden recht hoch und erstaunlich alt.

Nun, wenn die Eschen hier so sterben, wie die Ulmen, gehe ich davon aus, dass wir auch in Zukunft hier vor Ort noch hier und da vitale Eschen haben werden, ob man nun zusätzlich welche aus Thüringen anpflanzt oder nicht. Aber so als experimentelle Vorsichtsmaßnahme, klar, kann man mal versuchen, warum denn nicht, aber man muss vielleicht auch gar nicht.

Ich fasse zusammen: Totgesagte leben länger, seien es Ulmen oder Eschen.

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