Die Zahlen sind alarmierend: Laut einer aktuellen Allensbach-Umfrage vertraut nur die Hälfte der Ostdeutschen darauf, dass Grundrechte wirksam geschützt, die Gerichte unabhängig und vor dem Gesetz alle gleich sind. Und das hat auch damit zu tun, dass Gerichte (nicht nur im Osten) massiv überlastet sind, Gerichtsverfahren mit riesiger Verzögerung beginnen, die Urteile aber trotzdem oft genug nicht überzeugend sind, weil es den Richterinnen und Richtern sichtlich an Zeit fehlt, Fälle wirklich gründlich durchzuarbeiten.

Aber es ist nicht nur in Sachsen so. In der ganzen Bundesrepublik macht sich der Mangel an Richtern und Staatsanwälten bemerkbar. Dazu kommt die massive Überalterung der Richter gerade in Sachsen, wo jahrelang genauso bei Neueinstellungen gespart wurde wie in der Polizei oder im Schuldienst. Statt den Personalbestand langfristig zu sichern, hat man wieder auf kurzfristige Lösungen gesetzt, ist aber sehenden Auges in eine Zeit massiven Nachwuchsmangels in allen Bereichen des Staatsapparates hineingerauscht. Da hat augenscheinlich eine Staatsregierung bei der anderen abgeschaut – und die falschen Lehren gezogen.

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, mit den Bundesländern einen „Pakt für den Rechtsstaat“ einzugehen, um die Handlungsfähigkeit der Gerichte zu sichern. Sachsens Linksfraktion dringt nun im Landtag mit einem Antrag darauf, dass diese Ziele wirklich umgesetzt werden und die Landesregierung entsprechende Vorstöße im Bundesrat unterstützt.

„Die Rechtspflege braucht ausreichend Personal – die Staatsregierung sollte sich in Berlin mit dafür einsetzen, dass deutschlandweit 2.000 neue Stellen an den Gerichten und in den Staatsanwaltschaften geschaffen werden“, erklärt dazu Klaus Bartl, Sprecher der Linksfraktion für Verfassungs- und Rechtspolitik. „Die Notwendigkeit bestätigt auch eine dpa-Umfrage unter den Bundesländern zur Überlastung der Justiz. Tatsächlich mussten allein in Sachsen nach Angaben des Landesjustizministeriums bis Mitte Dezember 2018 14 Untersuchungsgefangene nach Überschreiten der 6-Monatsfrist freigelassen werden.“

Am heutigen Donnerstag, 31. Januar, soll der „Pakt für den Rechtsstaat“ Thema bei der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der 16 Bundesländer sein.

„Und nach Möglichkeit besiegelt werden“, betont Bartl. „Mit unserem Antrag wollen wir, dass der Landtag Kenntnis von der Verhandlungsposition des Ministerpräsidenten erhält. Zugleich möchten wir darauf hinwirken, dass sich der Freistaat im Grundsätzlichen auf die Positionen stellt, die das Land Nordrhein-Westfalen in seinem schon am 3. Juli vergangenen Jahres im Bundesrat eingebrachten Entschließungsantrag vertritt, der den Bund auffordert, auch die für einen handlungsfähigen Rechtsstaat tatsächlich erforderlichen finanziellen Rahmenbedingungen zu schaffen.“

Und dann wird er recht deutlich, wenn er auf einen CDU-Vorschlag zur Ausdünnung des Rechtsstaats zu sprechen kommt, der das über Jahre aufgelaufene Personalproblem jetzt mit einer Spar-Lösung aus der Welt schaffen soll.

„Der falsche Weg ist das, was der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus, dieser Tage vorschlägt, nämlich Rechte im Verfahren abzubauen, um Gerichte zu entlasten“, sagt Bartl. „Den Rechtsstaat zu sichern, indem man ihn Stück für Stück abschafft, das ist das Gegenteil von dem, was die Bürgerinnen und Bürger erwarten. Wir wollen den ‚Pakt für den Rechtsstaat‘ und bitten daher darum, dass Sie unserem Antrag zustimmen.“

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