Seit 2023 ist der Landesverband Sachsen der AfD als „erwiesen rechtsextremistisch“ eingestuft. Geändert an den extremistischen Positionen dieser Partei hat das nichts. Dafür hat Sachsens Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) die Beobachtung der Partei und ihrer Gliederungen schon 2024 deutlich verstärkt, wie mehrere Antworten der Landesregierung auf Anfrage der Linksfraktion im Sächsischen Landtag nun bestätigen. 2024 hat das Landesamt für Verfassungsschutz insgesamt 107 Veranstaltungen der „Alternative für Deutschland“ registriert.

Das bestätigt eine Detailauswertung der monatlichen Kleinen Anfragen von Juliane Nagel, Sprecherin der Linksfraktion für antifaschistische Politik, zu Aktivitäten der extremen Rechten (zuletzt: Drucksache 8/924). Erfasst wurden öffentliche Kundgebungen ebenso wie interne Versammlungen der AfD – teilweise mit nur spärlichen Angaben, in etlichen Fällen aber auch mit exakter Zählung der beteiligten Personen. Diese Partei-Events hatten demnach mehr als 17.000 Teilnehmende.

„Das Landesamt beobachtet die AfD inzwischen offenbar intensiver als vorher“, stellt Juliane Nagel fest. „Zum Vergleich: Im Jahr 2023, in dem der AfD-Landesverband als ,erwiesen rechtsextremistisch‘ eingestuft wurde, hatte das LfV Erkenntnisse zu 33 Partei-Terminen mit gut 4.000 Teilnehmenden gesammelt. Diese Zahlen waren damals auf Linke-Anfrage erstmals offengelegt worden (Drucksache 7/15282).“

Kooperation der Rechtsextremisten

Wie Innenminister Armin Schuster jetzt auf eine weitere Anfrage (Drucksache 8/895) ausführt, „weisen der AfD-Landesverband Sachsen, dessen Untergliederungen und Mitglieder Bezüge zu diversen anderen extremistischen Organisationen auf“.

Als Beispiele aufgeführt werden gemeinsame Stadtratsfraktionen mit den „Freien Sachsen“, Reichsbürger unter kommunalen Mandatsträgern, die Zusammenarbeit mit dem „Compact“-Magazin – und mehrere AfD-Mitglieder bei den unter Rechtsterrorismus-Verdacht stehenden „Sächsischen Separatisten“. Die AfD festige damit ihren Status als größte und als gleichfalls gefährliche Organisation der extremen Rechten im Freistaat, so Juliane Nagel.

Auch der Parteinachwuchs der „Jungen Alternative“ (JA) hat an Bedeutung gewonnen und konnte im Jahresverlauf die Mitgliederzahl auf etwa 200 verdoppeln (Drucksache 8/896). Auch hier gelangt der Geheimdienst zu einer eindeutigen Bewertung: Als ideologischer Schwerpunkt wird „die aggressive Agitation gegen Migrantinnen und Migranten“ benannt. Was – so Juliane Nagel – aufhorchen lässt: Obwohl die JA abgewickelt werden soll, wird noch „mit einer intensiven Unterstützung der AfD im Bundestagswahlkampf 2025 gerechnet.“

„Von Abgrenzung und Mäßigung also keine Spur!“, stellt die Landtagsabgeordnete der Linken fest. „Die Partei des Innenministers sollte all das ernst nehmen. Mit Faschisten kooperiert man nicht – man sollte stattdessen ihre Verfassungswidrigkeit durch das zuständige Bundesverfassungsgericht bewerten lassen.“

Zaudern im Verbotsverfahren

Was im Klartext heißt: Das von einigen Bundestagsabgeordneten angestrebte Verfahren, ein mögliches Verbot durch das Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen, müsste in nächster Zukunft tatsächlich seinen LAuf nehmen. Es ist genau das Mittel, das vom Grundgesetz vorgesehen ist, um die demokratiezerstörenden Bestrebungen extremistischer Parteien juristisch prüfen zu lassen und möglicherweise ein Parteiverbot folgen zu lassen. Noch aber ist das Verfahren nicht in Gang gekommen.

Am 30. Januar diskutierte der Bundestag über zwei Anträge zu einem möglichen Verbotsverfahren. Aber die Stimmen der Zauderer waren auch da unüberhörbar. Stattdessen waren – etwa von der CDU – wieder die üblichen Behauptungen zu hören, man wolle den rechtsextremen Gegner politisch stellen.

Was bislang nicht ein einziges Mal gelungen ist. Und wohl auch nicht gelingen kann, wenn man die Rechtsextremen mit ihren eigenen Vorstellungen einer verschärften Migrationspolitik glaubt übertrumpfen zu können.

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