Es ist vor allem Symbolpolitik, mit der auch Sachsens Innenminister Armin Schuster versucht, sich ins rechte Licht zu setzen und ein Thema zu bespielen, mit dem die CDU glaubt, der asylfeindlichen AfD Wähler abzujagen. Am Donnerstag, 7. August, machte sich Schuster in Görlitz ein Bild von den Grenzkontrollen und deren Auswirkungen auf die Verkehrs-, Versammlungs- und Kriminalitätslage und zog eine Zwischenbilanz zur Migration, meldete zumindest das Innenministerium.
Aber von dieser Zwischenbilanz war dann in der Meldung überhaupt keine Rede. Logisch, dass die Opposition im Landtag diese Art Grenzpolitik für sinnlos, sogar schädlich erklärt.
Denn mehr als eine Aufgabenbeschreibung der installierten Grenzkontrollgruppe lieferte das Innenministerium nach diesem Besuch nicht. Und das auch noch in gestelztem Bürokratendeutsch: „Als Ausfluss des Koalitionsvertrages und um den Fahndungs- und Kontrolldruck im grenznahen Raum weiter hochzuhalten, formiert die sächsische Polizei neben der bestehenden Gemeinsamen Fahndungsgruppe (GFG) eine neue Einheit, die ‚Fahndungsgruppe Grenze‘ (FGG).
Diese Einheit soll ab 1. Oktober 2025 am Standort Zittau (Polizeidirektion Görlitz) und am 1. November 2025 am Standort Pirna (Polizeidirektion Dresden) ihre Arbeit aufnehmen. Mit einer Gesamtstärke von 24 Beamtinnen und Beamten der Landespolizei, welche sich gleichmäßig auf die beiden Standorte verteilen, wird in Uniform oder bedarfsorientiert in ziviler Kleidung gefahndet. Die notwendigen Dienstposten werden den Polizeidirektionen zusätzlich zugeteilt.“
Zuständig ist allein die Bundespolizei
Als wenn die Zahl der illegalen Grenzübertritte in letzter Zeit so bedrohlich zugenommen hätte, dass die Schaffung immer neuer Kontrolleinheiten notwendig wäre. Aber tatsächlich ist die Zahl der „illegalen Einreisen“ nach Mitteldeutschland schon 2024 drastisch gesunken, wie zuletzt die „Freie Presse“ in Chemnitz berichtete: „Rund 8.500 illegale Grenzübertritte ohne gültige Papiere verzeichnete die Bundespolizei zwischen Bad Muskau und Klingenthal im Jahr 2024. Im Jahr zuvor waren es noch knapp 30.000.“
Aber das sind Zahlen aus der Arbeit der Bundespolizei, die für die Grenzkontrollen tatsächlich zuständig ist. Was die von Sachsen aufgestellten Fahndungsgruppen bewirken, ist auch in der Meldung des Innenministeriums nicht greifbar.
Da hieß es nur: „Neben der Zurückdrängung illegaler Migration steht die Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität, wie Eigentums- und Betäubungsmitteldelikte, im Fokus. Der örtliche Schwerpunkt liegt im grenznahen Raum abseits von Bundesautobahnen. Zur Koordinierung spielen die vorhandenen Fahndungs- und Kompetenzzentren eine herausragende Rolle – hier findet der Informationsaustausch mit der Soko Kfz sowie den Gemeinsamen Fahndungsgruppen (GFG) statt.“
„Was der Innenminister anbietet, ist nur ein Abklatsch der bestehenden gemeinsamen Fahndungsgruppen, in denen sächsische Polizistinnen und Polizisten die Bundespolizei bei deren Aufgaben unterstützen“, kommentierte den auch am Freitag, 8. August, Rico Gebhardt, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke in Sächsischen Landtag, diese Meldung aus dem Innenministerium.
„Die jetzt präsentierte Insellösung erinnert daran nur ganz entfernt. Denn die Polizei Sachsen und damit die neue FGG hat im Bereich des ‚Grenzschutzes‘ gar keine Befugnisse, sie wird daher auch keine ‚Grenzkontrollen‘ durchführen.“
Stichprobenartige Kontrollen diesseits der Grenze
Tatsächlich werde die Fahndungsgruppe künftig auch nur das erledigen, was die Landespolizei von Gesetzes wegen darf und was die grenznahen Reviere zur Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität sowieso tun: stichprobenhafte Identitätskontrollen in einem 30 Kilometer breiten Streifen – im Inland.
Das sächsische Gebiet – vor allem einige Straßen – vor der Grenze wird also zu einer weiteren Art Kontrollzone, wie sie Sachsens Polizei mit „gefährlichen Orten“, „Kontrollbereichen“ oder „Verbotszonen“ sowieso schon überall im Freistaat einrichtet, ohne eine konsistente Berichterstattung über deren tatsächlichen Nutzen zustande zu bringen.
„Es ist völlig ohne Nutzen, dieser Sache einen neuen Namen zu verpassen“, beschreibt Gebhardt diese Art Show-Politik.
„Möglicherweise verursacht die Umsetzung von Schusters Idee aber einen Schaden. Denn wenn es zu verstärkten Kontrollen kommt, egal unter welchem Namen, erfordert das einen erhöhten Personal- und Materialeinsatz. Das funktioniert nur, wenn Ressourcen an anderer Stelle abgezogen werden. Die Gesamtbelastung der sächsischen Polizei wird damit steigen. Der Sicherheit der Menschen im Freistaat leistet der Innenminister mit seiner Hardliner-Show am Ende also einen Bärendienst. Schuster wäre gut beraten, seine Grenzen-dicht-Phantasien genauso aufzugeben wie die gescheiterte ‚Grenzpolizei‘ und den Fokus der Polizei darauf zu legen, ihre Kernaufgaben bestmöglich zu bewältigen. Ein Innenminister müsste das eigentlich wissen.“
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