Das Spitzenspiel der Regionalliga Nordost war sein Eintrittsgeld wert. Die 9.544 Zuschauer im Cottbusser Stadion der Freundschaft, davon knapp 2.000 aus Leipzig, sahen ein hochklassiges Spiel in 3. Liga-reifer Atmosphäre. Der 1. FC Lok führte bei Energie Cottbus schnell mit 2:0, verlor allerdings die Abwehrschlacht der zweiten Halbzeit und kassierte noch zwei Tore. So endete die Partie 2:2 (0:2). Leipzig lässt damit zum vierten Mal Punkte nach einer Führung liegen, zum zweiten Mal gegen ein Top-Team, bleibt aber oben dran.

Nach 19 Minuten war die blau-gelbe Welt rosarot. Soeben hatte sich Paul Schinke nach Kopfball-Vorarbeit von Djamal Ziane im Strafraum gegen Jan Koch durchgesetzt und zum 2:0 für Lok getroffen. Die Leipziger schienen alles im Griff zu haben, Cottbus war geistig nicht anwesend. „Die erste Halbzeit war richtig schlecht, das habe ich in der Halbzeit auch klar angesprochen“, so Sebastian Abt, neuer Fußballehrer bei der 1. Mannschaft des FC Energie.

Energie war im Spielaufbau fahrig, in der Defensive zögerlich. Lok beeindruckte. „Wir sind vorn draufgegangen, waren aggressiv und haben unsere Chancen genutzt“, lobte Innenverteidiger David Urban sein Team nach dem Spiel im vereinseigenen Online-TV. Er selbst hatte seine Farben in Führung gebracht. Sein strammer Freistoß aus 17 Metern landete im Torwart-Eck, war möglicherweise haltbar. „Wir haben diese Woche angesprochen, dass solche Freistoßsituationen nicht halbherzig ausgeführt werden sollen, sondern drauf aufs Tor.“ Cottbus hatte zwischenzeitlich eine gute Möglichkeit durch Felix Brügmann, der einen Heber aufs Netz setzte, und hatte sonst Probleme gegen nassforsche Leipziger, frenetisch angefeuert von den eigenen Fans, ins Spiel zu finden.

Nach Schinkes Tor hatte der Mittelfeldregisseur sogar vor der Pause das 3:0 nach einem Konter nachlegen können, setzte den Ball aber aus spitzem Winkel ans Außennetz. Ein kleiner Knackpunkt im Spiel, denn Energie kam aus der Pause wie es Lok laut Verteidiger Urban erwartet hatte: „Wie die Feuerwehr“. In der Halbzeit hatten Wolfgang Wolf und sein Co-Trainer Nicky Adler noch vor der Gefährlichkeit des 2:0 gewarnt, weil sich manch einer zu sicher fühlen könnte.

Diesen Eindruck machte Leipzig nicht, kassierte aber dennoch ein vermeidbares Gegentor. Der starke Urban foulte Brügmann eigentlich unnötig an der Auslinie, der folgende Standard segelte in den Strafraum, wo eben jener Brügmann den Kopf nur hinhielt und traf. Nun hatte Energie das eigene Publikum erst recht wachgeküsst und zog ein 30-minütiges Powerplay auf. „Das waren eklige Minuten“, so Außenverteidiger Robert Berger. Der zeitige Anschlusstreffer war der zweite Knackpunkt im Spiel.

Dimitar Rangelov am Boden, Berkan Taz (dahinter), Kevin Schulze und Robert Berger beobachten. Foto: Thomas Gorlt
Dimitar Rangelov am Boden, Berkan Taz (dahinter), Kevin Schulze und Robert Berger beobachten. Foto: Thomas Gorlt

Der Routinier und Ex-Erstliga-Profi Dimitar Rangelov sowie Felix Brügmann ließen sich beim FCE immer wieder ins Mittelfeld fallen und verteilten mit dem Rücken zum Tor die Bälle auf Außen, wo sich einige Male Platz für die Hausherren ergab und Lok paddeln musste, um eine gefährliche Flanke zu verhindern. Heynke und Berger mussten auf den Außen genauso viel laufen und mitdenken wie Schinke, Wolf und Salewski im Zentrum.

Doch das Angriffspiel der Hausherren auszuschalten schien auf Dauer nicht möglich, auch weil Lok im eigenen Ballbesitz kaum noch Akzente setzen konnte. „Wir haben die Bälle viel zu schnell hergeschenkt“, bedauerte Neuzugang Niklas Brandt, der nach zwei Dritteln für Schinke ins Spiel gekommen war. Und doch blieb Cottbus lange – bis auf einen Schuss von Rangelov – ohne Torchance aus dem Spiel, und auf der Gegenseite reichte den Blau-Gelben beinahe ein zu Ende gespielter Angriff für die Entscheidung. Allerdings verfehlte Sascha Pfeffer das Gehäuse des in der zweiten Halbzeit wenig geprüften Toni Stahl nach 79 Minuten knapp.

Zwei Minuten später konnten Urban und Co den Einschlag im eigenen Tor nicht mehr verhindern. Erneut segelte ein Ball von außen in den Fünf-Meter-Raum, wo Felix Brügmann mit der Stiefelspitze das Leder ins Tor lenkte. Der Ex-Leipziger und Ex-Jenaer erzielte beinahe in der Schlussminute noch das dritte Tor, doch der umsichtige Schiedsrichter Max Burda pfiff den Torerfolg wegen eines Fouls an Lok-Torhüter Guderitz zurück – und der Mann im Lok-Tor musste in der Folgezeit in Deckung gehen. Wütende Heimfans warfen mit Feuerzeugen nach dem verletzten Torhüter (siehe folgenden Nachbericht).

Nach 93 packenden Minuten pfiff Burda schließlich ab und im Lok-Lager war man sich uneins, ob es wegen des Cottbusser Powerplays ein gewonnener Punkt oder wegen der guten Ausgangsposition nach Halbzeit eins zwei verlorene Punkte waren. „Wir haben in der zweiten Halbzeit einen Fehler gemacht: Wir haben nur noch reagiert, nicht mehr agiert. Nach dem 1:2 hat uns der Mut verlassen. Es ist aber noch nichts im Aufstiegskampf entschieden“, so Wolf im Lok-Online-Fernsehen. Immerhin: Am Sonntag verlor der bisherige Spitzenreiter VSG Altglienicke mit 1:2 in Meuselwitz. Lok bleibt damit zwei Punkte hinter Cottbus bei gleicher Spielanzahl und drei hinter Altglienicke, was aber ein Spiel mehr absolviert hat.

Bierbecher, Feuerzeuge und die Wechsel-Frage: Viel los beim Spitzenspiel zwischen Cottbus und Lok

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