Dieses ausklingende Jahr hat uns keine Verschnaufpause gegönnt. Die globale Ordnung scheint mit Trump im Weißen Haus, Putins unaufhörlichen Angriffskrieg, der galoppierenden Klimakrise und Chinas Dominanz aus dem Ruder zu laufen. Die Folgen merken wir im Alltag. Im Supermarkt ist für das gleiche Geld weniger Essen im Einkaufswagen. Heizen und Wohnen werden immer teurer und am Ende des Monats bleibt immer weniger Geld auf dem Konto. Gleichzeitig werden die Nachrichten im Radio immer düsterer: Der Zusammenhalt in der Gesellschaft scheint zu bröckeln.
Doch das will ich so nicht stehen lassen. Resignation ist keine Lösung unserer gesellschaftlichen Herausforderungen, Angst nie ein guter Ratgeber. Ich weigere mich, den Kopf in den Sand zu stecken, und habe deswegen einen Traum am Ende dieses Jahres: Dass Hoffnung wieder normal wird.
Hoffnung auf eine bessere, grüne Zukunft in den Städten und auf dem Land. Hoffnung, dass wir unser Leben und unseren Alltag selbstbestimmt gestalten können. Hoffnung, dass die Kräfte, die uns spalten wollen, nicht gewinnen. Und dass wir die Weichen auf eine bessere Zukunft stellen, wenn wir zusammenarbeiten und Mitgefühl haben.
Damit es einfacher wird, diese Hoffnung zu fühlen, möchte ich gern ein Bild dieser Zukunft zeichnen – sagen wir in fünf Jahren: In den Städten ist das Leben wieder bezahlbar. Ein Ende der Spekulation auf Wohnraum und eine Deckelung der Mieten, der Übergang zu günstigem Strom aus Wind und Sonne und das Neun-Euro-Ticket für den Arbeitsweg machen sich auf dem Konto bemerkbar.
Fahrradwege sorgen für Sicherheit und die Luft wird immer sauberer von Verschmutzungen. Mehr Grünflächen, Bäume und verkehrsberuhigte Straßen schaffen Oasen der Ruhe und eine grüne Lunge im städtischen Trubel. Mehr Grün sorgt auch dafür, dass die Städte in den heißen, trockenen Sommern nicht überhitzen. Kultur und Kunst sowie eine lebendige Innenstadt und lassen uns die Freiheit und die Möglichkeiten in der Stadt spüren.
Auch auf dem Land hat sich einiges getan. Entschleunigung und Ruhe gehen nicht mehr mit massiven Einschränkungen in der Daseinsvorsorge einher. Busse fahren wieder und verbinden selbst die kleinsten Orte mit dem Supermarkt. Der Schulweg der Kinder ist wieder kürzer, da mehr junge Familien auch die Vorteile der Landluft sehen und die Kita und die Dorfschule genug Nachwuchs haben.
Mehr Platz, vielleicht ein Garten oder der See in der Nähe sind dank der Digitalisierung das neue Arbeitsumfeld des Jobs, der größtenteils im Homeoffice stattfinden kann, wenn gewünscht. Hintergrundgeräusche im neuen Naturbüro sind kein Straßenlärm, sondern nur das Summen der Bienen. Verschiedene Generationen helfen sich und im Ernstfall muss niemand Angst haben, dass der Krankenwagen zu lange braucht.
Die Nachbarschaft kennt und unterstützt sich, Sportvereine und die Freiwillige Feuerwehr sind Orte des Zusammenlebens.
Dieser Alltag wird möglich, wenn wir die Chancen in dem Wandel ergreifen, den wir gerade erleben: Die Chancen der Digitalisierung, die unseren Alltag einfacher machen kann. Die Chancen der Kreislaufwirtschaft, die Jobs mit Perspektive schafft und Klima, Ressourcen und Geldbeutel schont. Die Chancen, wenn wir im Kampf gegen die Klimakrise mit gutem Beispiel vorangehen.
Die Chancen, die in der Stärke Europas liegen, wenn wir zusammenarbeiten, angesichts der Trumps, Putins und Xis dieser Welt. Daher ist meine Botschaft zum Ende dieses Jahres: Die Chancen, die sich auftun, sind real. Und genau hierauf beruht meine Hoffnung!
Ich wünsche mir, dass wir in einer Gesellschaft leben, die nicht ausgrenzt, sondern auf Solidarität beruht, und in der niemand ein schlechtes Gewissen haben muss, nicht perfekt zu leben, weiter Auto zu fahren und einmal im Jahr in den Urlaub zu fliegen. Denn es muss klar sein, dass diejenigen die Rechnung bezahlen, die uns in die Misere gebracht haben: Die Superreichen und die fossile Lobby – und eben nicht die, die versuchen, so gut es geht über die Runden zu kommen.
Ich wünsche mir, dass wir in einer Gesellschaft leben, wo Empathie und Mitgefühl Neid, Hass und Hetze ersetzen, online und offline. Denn hier kann die Hoffnung aufkommen, die uns die Kraft gibt, die Veränderungen aktiv zu gestalten und zusammen die Chancen zu ergreifen: Für eine Zukunft, die für alle lebenswert ist.
Zur Person: Anna Cavazzini (43) ist bündnisgrüne Europaabgeordnete für Sachsen. Sie setzt sich für hohe Verbraucherstandards, eine nachhaltige Wirtschaft und eine gerechte Globalisierung ein. Sie ist Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. Ihr Wahlkreisbüro befindet sich in Chemnitz, aber natürlich ist sie auch oft in Leipzig unterwegs.
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