Vier wichtige Punkte bestimmen den energietechnischen Prozess des notwendigen Umbaus aufgrund der Klimaveränderungen: 1. Die dezentrale Energieerzeugung mittels Photovoltaik- und Windkraftanlagen ist also die eine Seite der Energieumstellung. 2. Die andere, aber ebenso erforderliche Seite für die Energietransfor-mation ist der oft unzureichende und dringend erforderliche Netzausbau. 3. Die dritte Seite ist der genauso dringend erforderliche Ausbau der Stromspeicherkapazitäten, um den überschüssigen erneuerbaren Strom für Spitzenbedarfe und Stromflauten zwischenzuspeichern. 4. Und die vierte Seite sind die fehlenden Netzanschlüsse bzw. die zu geringen Anschlusskapazitäten für Netzanschlussanfragen.
Ein Artikel in der LZ vom 15. Juli 2025 „Neue Energieinfrastruktur im Leipziger Südraum“ hat mich zum Nachdenken und Recherchieren gebracht.
Im Artikel geht es darum, dass die Landesdirektion Sachsen den Bau einer neuen 110-kV-Hochspannungsleitung durch die MIBRAG zwischen den geplanten Umspannwerken Peres/Nord und Breunsdorf im Landkreis Leipzig mit der Länge von 7,2 Km genehmigt hat. Jetzt die Überlegung – nur 7,2 Km – eigentlich viel zu wenig für den erforderlichen Ausbau der energetischen Infrastruktur, also der Stromleitungssysteme und Anschlüsse.
Worum geht es dabei laut Aussage des Präsidenten der Landesdirektion Sachsen: „Durch den Ausstieg aus der Kohleverstromung braucht die Region eine neue Energieversorgung. Auf den Flächen der MIBRAG, die einst dem Kohleabbau dienten, soll zukünftig Strom aus Photovoltaik- und Windenergieanlagen gewonnen werden, um diesen in das öffentliche Versorgungsnetz der Envia Mitteldeutschen Energie AG einzuspeisen. Diese Nachnutzung ehemaliger Tagebauflächen für erneuerbare Energieprojekte trägt zur Energiewende und zum Klimaschutz bei“, ordnet Béla Bélafi, Präsident der Landesdirektion Sachsen, das Vorhaben ein.
Es wäre nur zu wünschen, dass der Netzausbau auch in Sachsen weiter vorankommt, damit die erneuerbaren Energieerzeuger, ob nun Windrad oder PV-Anlagen, auch kurzfristig an das Stromnetz angeschlossen werden können. Der Netzausbau ist ebenso erforderlich, um die vielen neuen Stromverbraucher in der Wirtschaft, für die Computertechnik und Serveranlagen, für die E-Mobilität, für die Wärmewende usw. anzuschließen.
Schon jetzt steigt die Nachfrage nach grüner Energie
Die Landesregierung hatte in der zurückliegenden Legislatur schon die Ausweisung von bis zu 2 % der Landesfläche zur Windkraftnutzung bis 2027 vorgesehen, da Sachsen das Schlusslicht der Bundesländer beim Ausbau der Windkraft ist. Wenn also zunehmend Windkraftanlagen aufgebaut werden, sollten diese auch an das Stromnetz angeschlossen werden können. Diesem Ausbau stehen leider die neue politische Orientierung und technische Ausbaubelange entgegen.
– die neue Landesregierung in Sachsen in Verantwortung der Infrastrukturministerin Frau Kraushaar will die Ausweisung der 2 % Vorrangfläche für Windkraft um 5 Jahre verschieben, also bis ins Jahr 2032, aber der Bedarf an ausreichend grüner Energie zur Versorgung der Industrie ist jetzt schon hoch, siehe MDR-Beitrag 15.5.2025 „Grüner Stahl aus Riesa“, LVZ 22.2.2025 „Modernisierung ICE-Werk Leipzig mit Batteriespeicher und PV-Anlage“ 3.9.2024 „BMW setzt auf Grünen Strom und Wasserstoff“.
– das Angebot mit grüner Energie aus Windkraft oder PV ist für Industrieansiedlungen oft ausschlaggebend. Sachsen-Anhalt hat deshalb mit grünem Strom bei Gewerbeansiedlungen die Nase vorn, denn am Freitag, 18.07.2025, meldete der MDR, dass sich bei Magdeburg ein anderes Unternehmen zur Chipherstellung ansiedeln wird,
– für solche Ansiedlungen muss dann zur Verteilung des Stromes ziemlich kurzfristig die Stromnetzinfrastruktur vorhanden sein, d.h. das Umspannwerk, das Stromleitungsnetz ebenso wie die Netzanschlusskapazitäten. Und diese müssen entsprechend dem Bedarf rechtzeitig ausgebaut werden.
Bisher war in Deutschland die Energieerzeugung zentral in relativ wenigen, aber dafür großen Kraftwerken zur Kohle- und Gasverstromung oder in Kernkraftwerken konzentriert mit dem darauf zugeschnittenen Stromverteilnetzen zu den großen Stromabnehmern aus der Wirtschaft und Gewerbe, den Städten und Ortschaften, Transportunternehmen oder Infrastruktureinrichtungen.
Dezentralisierung braucht neue Stromtrassen
Mit den erneuerbaren Energien (EE) verlagert sich die Stromerzeugung auf viele kleinteiligere Anlagen zur Stromherstellung. Diese vielen neuen Erzeuger müssen an das Stromnetz angeschlossen werden, um diesen Strom zu den Verbrauchern zu transportieren. Dafür werden zusätzliche regionale Niederspannungs- und überregional neue Hochspannungsleitungen benötigt. Auch sind dann weitere Umspannwerke erforderlich, um die notwendige Stromspannung für den Transport zu sichern.
Die Spannung gibt an, wie viel Energie notwendig ist, um die Elektronen zu bewegen. Einfach erläutert ist die Stromspannung wie der Druck, der die Elektronen in Bewegung setzt, um Strom fließen zu lassen. Je höher die Spannung, desto stärker ist der Antrieb für den Strom.
Hausbesitzer- und Gewerbeanschlüsse werden mit Niederspannungsanschlüssen bis 1.000 Volt versorgt. Diese Spannung wird noch heruntertransformiert, so dass in der Steckdose im Haus der Strom mit einer Spannung von 230 Volt (230 V) ankommt.
Die Hochspannungsleitungen der örtlichen/überörtlichen Verteilnetze zur Versorgung von Ortschaften und Industrie liegen in der Mittelspannung bei 1.000 bis 30.000 Volt (10 Kilovolt, 20 Kilovolt, 30 Kilovolt).
Das Hochspannungsnetz zum Anschluss kleinerer Kraftwerke, regionaler Transportnetze, zur Versorgung von Städten und Großindustrie liegt zwischen 30.000 und 150.000 Volt (Leitungsnetz von 110 Kilovolt).
Das Höchstspannungsnetz umfasst Leitungen über 150.000 Volt zum Anschluss von Großkraftwerken, überregionale Transportnetzen und für den europäischen Stromhandel (220 Kilovolt und 380 Kilovolt).
Der Ausbau des 380-kv Stromnetzes dient dem erforderlichen Stromtransport über größere Entfernungen zB. in Deutschland vom Norden in den Süden, von der Küste, wo Strom erzeugt wird, in die südlichen Gebiete Deutschlands, wo viel Strom benötigt wird und von Osten nach Westen. Hinzu kommt die europaweite Verbindung der Stromnetze zum Stromaustausch, wenn irgendwo in Europa zu viel Strom vorhanden ist oder zu wenig Strom erzeugt wird.
Für diesen Netzausbau wird von den Netzbetreibern viel Geld benötigt, das sie über die Netzentgelte wieder einnehmen müssen. Der Bedarf geht schon mal in die Milliarden für den Netzausbau, für neue Leitungs- und Steuerungstechnik, neue Umspannwerke, neue Transformatoren, neue Soft- und Hardware.
Die großen zu bewältigenden Aufgaben der energetischen Transformation der nächsten Jahre sind der Umbau der Energieerzeugung bei Strom auf Erneuerbare, die Stromverteilung durch den weiteren Netzausbau, die angemessene Reduzierung der Stromkosten und der Netzentgelte, der dringende Ausbau der Stromspeicherkapazitäten, die Gewährleistung der Netzanschlüsse und die flächendeckende Versorgung der Verbraucher mit digitalen Strom-Zählern.
Auf den Punkt der Sicherstellung der Netzanschlusskapazitäten will ich im zweiten Teil dieser Ausarbeitung eingehen.
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