In der Welt, wie sie sich AfD-Politiker vorstellen, rauchen die Schlote. Dass das Kohlekraftwerk Lippendorf im Landkreis Leipzig spätestens 2035 vom Netz geht, ignorieren sie einfach. Genauso wie die Tatsache, dass der Landkreis bis dahin eine neue Energiebasis braucht – also massiv Solar und Windkraft ausbauen muss, um den wegfallenden Kohlestrom zu ersetzen.

Also nutzen sie alle Ebenen, um den Windkraftausbau im Landkreis Leipzig zum Erliegen zu bringen. Im September mit einem Antrag zu einem Windkraftmoratorium im Kreistag.

Im September wird der Kreistag des Landkreises Leipzig über einen Antrag der AfD entscheiden, mit dem ein Moratorium, also ein Aufschub, geplanter Windräder im Landkreis Leipzig erreicht werden soll. Der Landkreis Leipzig soll den entsprechenden Antrag an den Regionalen Planungsverband Westsachsen stellen.

Der wiederum ist dafür verantwortlich, die Windvorranggebiete in Westsachsen auszuweisen. Nach geltender sächsischer Rechtslage zwei Prozent. Und das hat er auch getan. Inzwischen konnten alle Kommunen im Planungsgebiet ihre Stellungnahme dazu abgeben.

Auch in Leipzig hat die AfD-Faktion mit verqueren Argumenten versucht, die Stellungnahme der Stadt zu den Windvorranggebieten zu unterlaufen, hat dafür aber keine Mehrheit gefunden.

Im Landkreis Leipzig ist die Lage ein bisschen anders. Hier bildet die AfD mit 25 Sitzen die stärkste Fraktion. Und sie nutzt diese Stärke, um auch Anträge auf die Tagesordnung zu bringen, die rechtlich gar nicht machbar sind.

Der Landkreis wäre gar nicht zuständig

Landrat Henry Graichen hat den Antrag bislang abgelehnt, da die Entscheidung über den Aufschub geplanter Windräder nicht in die Kompetenz des Kreistags fällt. Auch der Anwalt der klagenden AfD schreibt am 16. Juni 2025: „Richtig ist allerdings, dass eine Zuständigkeit des Landkreises Leipzig nicht gegeben ist.“ Dennoch beantragte er ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht mit dem Ziel, das Moratorium im nächsten Kreistag zu behandeln.

Für Landrat Henry Graichen ist die Rechtslage eigentlich klar: „Wir sind nicht zuständig und ein solcher Beschluss würde gegen Bundes- und Landesrecht verstoßen.“ In der Konsequenz, so der Landrat weiter, wäre er wiederum verpflichtet, dem Beschluss des Kreistages zu widersprechen.

Aber mit Aktionen gegen die Windkraft mobilisiert die AfD im Landkreis immer wieder Protest. Als gäbe es keinen Kohleausstieg, keine Klimakrise und kein riesiges Fragezeichen, wie der Landkreis künftig die nötige Menge Strom produzieren will.

„Die Windkraft bewegt einen großen Teil unserer Bevölkerung und damit auch Kreisräte”, gesteht Henry Graichen zu. Den Wunsch, hier auch Zeichen zu setzen, könne er respektieren, auch wenn diese in diesem Fall eher Symbolkraft besäßen. Ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht ändere dies auch nicht, koste aber unnötig Geld und Zeit, so seine Einschätzung.

Entscheidung des Kreistags zu den Vorrangflächen Windkraft

Ende August wird der Landkreis Leipzig seine Stellungnahme zu auf seinem Gebiet ausgewiesenen Vorrangflächen für Windkraftanlagen abgeben. Nach intensiver Diskussion hatten sich die Kreisräte in der Juni-Sitzung in Thallwitz auf eine Stellungnahme des Landkreises geeinigt, die den größtmöglichen Schutz für Menschen, Trinkwasser, Landschaft und Tierwelt vorsieht.

Im Vorfeld dieser Sitzung hatte die AfD den Antrag gestellt, beim Regionalen Planungsverband ein Moratorium aller geplanter Windkraftvorhaben im Landkreis Leipzig zu beantragen. Dieser Antrag hatte es nicht auf die Tagesordnung der Sitzung am 18. Juni 2025 geschafft, weil der Landkreis Leipzig nicht zuständig ist und auch der Regionale Planungsverband – der ja lediglich die Flächen ausweist – keinen Aufschub für geplante Windkraftanlagen gewähren kann.

Beantragt, beraten und beschlossen wurden aber die beiden oben genannten Anträge zur Stellungnahme zu den Vorranggebieten und den Genehmigungsverfahren für Windräder, Themen für die der Landkreis auch zuständig ist. Das Landratsamt informiert auf einer eigenen Website über Windräder im Landkreis Leipzig stehen, wie laut sie sind und was zum Beispiel für Schlagschatten gilt.

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Es gibt 4 Kommentare

Eigentlich eine nachvollziebare Überlegung: Elektrischer Strom wird überall benötigt und der Strombedarf steigt zunehmend in der Industrie ebenso wie in den Haushalten. Dieser Strom muss irgendwo erzeugt werden. Das kann in Kohle- oder Gas-Kraftwerken erfolgen, in Atomkraftwerken, Wasserkraftwerken oder mittels Photovoltaik- oder Windkraftanlagen (WKA).
Erdgas muss aufwändig aus der Erde gepumpt werden, Kohle wird in Tagebauen oder Bergwerken gefördert. Tagebaue hinterlassen Mondlandschaften, die aufwändig mit Wasser gefüllt und rekultiviert werden müssen. Gasfördergebiete oder Bergwerksanlagen sind auch nicht gerade angenehm fürs Auge. Zur Nutzung von Wasserkraft werden Täler benötigt, Landschaften und ggf. Dörfer geflutet.
Da wäre noch die Energie der Sonne, die frei verfügbar eingestrahlt wird und durch Einsatz von intelligenter Technik genutzt werden kann, zu recht günstigen Kosten. Derzeitig bei WKA pro kwh unter 2 Ct, PV-Anlagen liegen nur wenig darüber. Der Kostenfaktor zur Einbeziehung der dezentralen Anlagen sind die Netzentgelte. Warum also diese kostenfreie Energieeinstahlung nicht nutzen? So richtig schön sind diese technischen Anlagen alle nicht, aber in der Konsequenz sind die Auswirkungen auf die Umwelt zu betrachten und die Effizienz. Wer rechnen kann wird sich für eine dieser Energiebereitstellungen und die Energieübertragung entscheiden. Das sollte ein Jeder bei der Meinungsbildung berücksichtigen.

Der Autor glaubt immer noch, dass der Strom, der im Landkreis verbraucht wird, im Landkreis zu produzieren. Wenn das genauso für die Stadt analog gilt, dann wird aber schnell in der LIZ-Denkfabrik das Licht endgültig ausgehen

Ein Standard-Argument ist noch der Betonsockel.
Man hat gar kein Problem damit tausende Tonnen Beton für eine Autobahn zu verbauen. Aber ein Betonsockel bei einem Windrad ist ganz, ganz böse.
Auch schlimm: Windräder auf dem Acker oder im Forst. Dass sich rings um die Windräder ökologische Hotspots in einer sonst sehr artenarmen Fläche bilden – geschenkt.

Bei der Windkraft, als Ersatzenergiequelle für Kohle oder Atom, kann ich die Gegenargumente nicht wirklich ernst nehmen. Die technischen nicht wirklich und die emotionalen gar nicht.
Kürzlich reichte eine Kollegin eine Petition herum, unter der wir unterschreiben sollten. Es ging um ein Bürgerbegehren gegen einen Windpark im Leipziger Umland, auf dem beidseitig viele, viele Gegenargumente aufgezählt waren.

Der Schattenwurf war ein Argument, obwohl es unter den vielen Abschaltgründen für WKA auch einen gibt, der sich “Schattenwurf” nennt. Für jede Jahreszeit definiert wird die Anlage täglich zum Stillstand gebracht, wenn Siedlungen zum Beispiel bei untergehender Sonne beschattet werden.
Der Lärm war ein Argument, obwohl es Abstandsregeln zu Siedlungen gibt. Es wurde argumentiert, dass die A72 in der Nähe wäre und sie davon schon stark betroffen wären. Der Lärm des Windparks käme noch obendrauf, was aus psychoakustischer Sicht eigentlich so nicht sein kann. Windparks in üblicher Entfernung hört man, wenn der Wind direkt von dort kommt, als leichtes, brummiges Rauschen. Wenn die Autobahn wirklich so laut ist, wird das Windparkgeräusch davon wahrscheinlich maskiert. Würden sich zwei Geräuschquellen nur “oben drauf” addieren, müsste ich nicht lauter reden, wenn an der Karli an mir ein Fahrzeug vorbei kommt.
Was war noch?
– WKA sind hässlich
– WKA senden Stoffe wie PFAS aus
– WKA töten Vögel
– WKA lassen sich nicht recyceln
Ich weiß, dass die damit argumentierenden Leute teils nicht wissen, wie ein Rotmilan aussieht, was der Unterschied zwischen Naben- und Spitzenhöhe ist, wie man glasfaserverstärkte Kunststoffe nach Nutzungsende nutzen kann, was PFAS eigentlich sind und wie wenig Effekt “unsere drei letzten, modernsten Kernkraftwerke” im Sinne der Energieversorgung eigentlich haben. Schwierig zu diskutieren.

Die emotionalen Argumente waren dann noch “mir wird schlecht wenn ich zur Ostsee fahre und die Dinger sich links und rechts der Autobahn drehen” und “die Städter sollen doch ihre Windräder in der Stadt bauen und nicht unser Land benutzen, wenn sie das so toll finden.”
Wirklich schwierig. Und die Braunkohle ist auch abseits grün-politischer Klimabeschlüsse endlich, von mir aus dann eben nicht 2035 sondern 2050. Wie Urs an anderer Stelle schon sagte: Es gibt genug Gründe, aus der fossilen Energieerzeugung auszusteigen. Und es wäre schön, wenn die Parteien abseits der AfD gute, politische Arbeit machen würden, damit diesem Verein weiter Wasser vom Frustbach abgenommen wird.

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