Der ADFC Sachsen befürchtet Schlimmstes, seit der die Kostenansätze des sächsischen Verkehrsministeriums für den Radwegebau in den Jahren 2021/2022 gelesen hat. Auch in Leipzig wäre das eine Katastrophe, wo der Radnetzausbau gerade aus dem Winterschlaf kommt, nachdem es in den Vorjahren schon kaum Fördergelder vom Land gegeben hat. Doch gerade beim Radwegebau hat der Verkehrsminister radikal gekürzt.

Der Sparkurs der sächsischen Staatsregierung und von Verkehrsminister Martin Dulig trifft besonders den Radwegebau hart, kritisiert das jetzt der ADFC Sachsen. Im Haushaltsentwurf der Sächsischen Staatsregierung sei von den ambitionierten Zielen, die sich die Kenia-Koalition Ende 2019 gesetzt hat, wenig zu erkennen.Dabei drängt die Zeit, denn mit dem Beschluss des sächsischen Haushalts im Mai 2021 steht eine wichtige Weichenstellung an, wie es verkehrspolitisch in Sachsen weitergeht.

Auf seiner digitalen Landesversammlung am Samstag, 27. Februar, verabschiedete der ADFC Sachsen deshalb einstimmig ein Positionspapier zu den Haushaltsverhandlungen auf Landesebene.

Hier kann man es nachlesen.

Der Fahrradclub kritisiert, dass Verkehrsminister Martin Dulig im Regierungsentwurf deutlich zu wenig Mittel zur Verfügung stellt, um in Sachsens Gemeinden und auch außerorts ein sicheres Radwegenetz zu fördern. Bei vielen Haushaltstiteln sieht der Entwurf massive Kürzungen vor.

„Um das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel einer Verdoppelung des Radverkehrs in Sachsen bis 2025 zu schaffen, muss die Kenia-Koalition mehr als einen Zahn zulegen. Die im Haushaltsentwurf für 2021 und 2022 geplanten Investitionen in den Radverkehr reichen hinten und vorn nicht, um dieses Ziel zu erreichen. Langsam frage ich mich wirklich, ob irgendjemand in der Koalition dieses Ziel noch ernst nimmt. Die Corona-Pandemie darf kein Anlass dazu sein, jetzt die Verkehrswende wegzukürzen!“, sagt Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC Sachsen.

Besonders große Einschnitte müssen die sächsischen Kommunen einstecken. Die Staatsregierung will ihnen die Mittel für den Ausbau ihrer Radwegenetze von bisher 11,7 Millionen Euro (die sowieso schon jedes Jahr deutlich überzeichnet waren) auf 2,4 Millionen Euro kürzen. Kompensiert werden sollen die Streichungen mit den Mitteln aus dem Förderprogramm „Radverkehr Stadt & Land“ des Bundes.

Das Bundesverkehrsministerium stellt mit diesem Sonderprogramm zwischen 2021 und 2023 mehr als 600 Millionen Euro aus dem Klimapaket zur Verfügung, um den Ausbau kommunaler Radwegenetze zu beschleunigen. Anteilmäßig wären das rund 30 Millionen Euro für Sachsen. Aber der Haken dabei ist: Die Fördergelder sollen jedoch zusätzlich zu den Landesmitteln genutzt werden.

Das heißt: Sachsen würde wohl nur ein Zehntel der Summe abrufen können, weil die Gegenfinanzierung fehlt.

„Der Freistaat nutzt das Bundesprogramm, um selbst zu sparen und steht damit bei den Kommunen auf der Bremse. Es enttäuscht mich sehr, dass Verkehrsminister Martin Dulig die sächsischen Städte und Gemeinden mit diesem wichtigen Thema offensichtlich alleinlassen will“, kommentiert das Konrad Krause.

Auch der Radwegebau an Bundes- und Staatsstraßen stagniert, stellt der ADFC Sachsen fest. Der Freistaat hindere sich selbst, sein eigenes Ziel zu erreichen: Die Radverkehrskonzeption plant 500 Kilometer Radwege an Staats- und Bundesstraßen bis 2025. Der Regierungsentwurf zum Haushalt sieht pro Jahr 4 Millionen Euro dafür vor. Damit können jedoch lediglich ca. 13 km Radwege gebaut werden, rechnet der ADFC vor und fordert daher, dass die Regierung diesen Haushaltstitel aufstockt, um ihre Zielsetzungen überhaupt einhalten zu können.

Aus Sicht des ADFC müssten CDU, Grüne und SPD jetzt die Kürzungen der Radverkehrsmittel korrigieren. Andernfalls verfehlt der Freistaat seine ambitionierten Radverkehrsziele.

Das Positionspapier

Der ADFC kritisiert in seinem Positionspapier neben finanziellen Abstrichen auch personelle Defizite. Nicht nur fehlende Radverkehrsmittel zögern den Bau von Radwegen hinaus, sondern auch fehlende Verkehrsplaner sind ein Grund dafür, dass Sachsen nicht die Gelder verbaut, die vom Bund bereitgestellt werden. Zwischen 2014 und 2019 baute der Freistaat lediglich 50 km Radwege an Bundesstraßen.

Zum Vergleich: Mecklenburg-Vorpommern beantragte fast doppelt so viele Mittel beim Bund wie Sachsen: 49,9 Millionen Euro und baute im selben Zeitraum 160 km Radwege an Bundesstraßen. Der ADFC fordert, dass der Freistaat mehr Geld für Planungspersonal zur Verfügung stellt. 5 Verkehrsplaner in jeder LaSuV-Niederlassung können die Radverkehrsplanung voranbringen.

Die Regierung nimmt Kürzungen und Streichungen auch im Bereich der Verkehrssicherheitsarbeit in Kauf. Rund 460.000 Euro weniger sollen laut dem Entwurf jährlich zur Verfügung stehen. Das sowohl im Koalitionsvertrag als auch in der Radverkehrsplanung definierte Ziel „Vision Zero“ (null Verkehrstote) rückt somit in ungewisse Ferne.

Weitere Haushaltstitel wie die Lastenradförderung und die Förderung der kommunalen Arbeitsgemeinschaft Rad.SN sind ebenfalls von gestrichenen Mitteln betroffen. Die Fördergelder für Lastenräder im institutionellen und gewerblichen Gebrauch konnten bisher nicht beantragt werden, denn die Regierung benötigte zwei Jahre, um eine Förderrichtlinie zu erarbeiten. In den Jahren 2019/20 standen so insgesamt 1,5 Mio. Euro zur Verfügung, die praktisch nicht genutzt werden konnten und nun verfallen. Jetzt streicht der Haushaltsentwurf die Fördermittel auf jeweils 0,3 Mio. Euro in den Jahren 2021 und 2022.

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