Ein erstes Umdenken hat zwar eingesetzt, wenn auch eher bei der Stadt Leipzig, als bei manchen, die gern Großevents im Umfeld des zentrumsnahen Leipziger Stadions besuchen. Während die Park&Ride-Konzepte, das regelmäßige Bilden von Sperrkreisen im Waldstraßenviertel und die Lenkungen auf den ÖPNV bei Konzertveranstaltungen zunehmend klappen, machen insbesondere große Fußballspiele Probleme. So wie heute Abend RB Leipzig gegen Real Madrid. Doch die Leipziger Verkehrs- und Umweltinitiativen machen weiter Druck.

Würden die Demonstranten hier seit 19 Uhr am Elsterwehr, dem Einstiegspunkt in die Naturschutzzone Leipzigs, nicht stehen, die Wiese wäre mal wieder platt. Autos kommen an, versuchen in das Naturschutzgebiet zu fahren. Um die Autos noch schnell irgendwie vor dem Stadionbesuch unterzubringen, ist manchen offensichtlich alles Recht.

Interessant daran auch: eben weil es sich dabei um ein „Umweltdelikt“ und nicht nur Falschparken handelt, kommen viele dieser Falschparker/-innen um eine Strafe herum. Denn Abschleppen würde hier weitere Umweltschäden verursachen, weshalb es unterbleibt. Und zur Ahndung des Deliktes mit bis zu einigen Tausend Euro ist dringend der oder die Fahrerin festzustellen, da die Halterhaftung bei solchen Umweltzerstörungen nicht genügt.

Und für eine Inflagranti-Feststellung fehlt dem Leipziger Ordnungsamt noch immer zu oft das ausreichende Personal.

An diesem 25. Oktober 2022 ist seit 19 Uhr jedoch alles ein bisschen anders, das Ordnungsamt Leipzig hat sozusagen 100 freiwillige Helfer dazubekommen.

Bereits im direkten Vorfeld der Aktionen vor Ort gab es auf Twitter Hinweise auf freie Stellplätze in den Innenstadtparkhäusern, welche auch direkt vor dem Spiel der beiden Europäischen Spitzenmannschaften noch fußläufig nur 15 bis 20 Minuten vom Stadion entfernt bis zu 1.000 freie Stellplätze aufwiesen.

Hauptsache zum Champions League-Spiel

Nun stehen die Demoteilnehmer seit 19 Uhr an vier Stellpunkten rings ums Stadion verteilt, weisen die Ökolöwen und die Verkehrswende LE jene Autofahrer mit kleinen Blockaden, Absperrungen und Bannern zurück, die widerrechtlich Gehwege beparken, auf geschützte Wiesen fahren oder anders verkehrsregelwidrig Einfahrten und Straßen zuparken wollen.

Kopfschütteln erntet dabei ein Porschefahrer auch von anderen Automobilisten auf der Suche, der sein Luxusgefährt in der Nähe der Tankstellenzufahrt an der Marschnerstraße platziert und zum Fußballspiel pilgern will. Am Demonstrationspunkt Jahnallee versucht ein Fußballfan sein Vehikel unter den Augen der anwesenden Polizei verkehrswidrig auf den Gehweg zu wuchten und entfernt sich erst, als die Demoteilnehmer massiv intervenieren.

Stehender Verkehr: nicht ihre, sondern Sache des Ordnungsamtes meinen die Polizeibeamten zwar, aber ihre Anwesenheit hat sicher auch zum Einlenken des Schnellparkers geführt.

So nah ran, wie irgend möglich scheint noch immer für viel zu viele Autofahrer/-innen die Maxime zu sein – sozusagen vom fahrenden Wohnzimmer direkt ins Stadion hopsen. Irritierend dabei vor allem an diesem 25. Oktober 2022: schon die Anfahrt ans Stadion ist nahezu unmöglich, auf den Zufahrten bilden sich große Staus. Die dabei – wie auf der Jahnallee – auch noch die Bahnen behindern, in denen die vernünftigeren Fußballfans das Stadion zu erreichen versuchen.

Die Freude nach dem Spiel

Ein Fazit eines aus Sicht der beiden Initiativen durchaus erfolgreichen Abends: der Appell an Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke), endlich für einen ausreichenden Personalbesatz in seinem Ordnungsamt und eine noch bessere Vermeidung des Parkchaos durch massivere Infos über die des RB Leipzig hinaus auch vor Ort zu sorgen. Und zur Not ein rigides Abschleppmanagement über die heutigen Kapazitäten hinaus.

Dann könnte sich so mancher, der heute mit Rad, ÖPNV und zu Fuß kam und vor dem Stadion seine Zeit mit der Klärung von Verkehrsregeln verbrachte, vielleicht stattdessen auch mal selbst ein Spiel anschauen gehen.

Zur Stunde quält sich nun für die nächsten Stunden die Blechlawine durch die Nadelöhre Jahnallee und andere Straßen durch den Stau nach dem Spiel. Und behindert dabei auch die Abreise per ÖPNV. So mancher allerdings ist von diesem Erlebnis befreit und hat nun eine andere Reise zu einem Stellplatz weit entfernt vom Stadion vor sich, weil sein Auto während der Partie abgeschleppt wurde.

Das trübt dann die Freude über ein 3:2, mit welchem sich RB Leipzig ihre Chance auf ein Weiterkommen in der Champions League gegen den haushohen Favoriten erhielt.

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Es gibt 5 Kommentare

@Tobias, das täuscht. Das Rad steht direkt auf der angemeldeten Versammlungsfläche. Fußgänger wurden dabei nicht behindert, Autofahrer auf der Suche nach einem Platz auf diesem Fußweg schon.

Herr Freitag, ich finde es völlig in Ordnung, wenn Sie sich angesichts des anstehenden Arbeitspensums nicht jedem meiner Beiträge widmen. Dass ich in jedem Fall eine Antwort bekomme, ist absolut nicht die Erwartung hinter den Kommentaren. Und Sie im Stil meinen Erwartungen anzugleichen steht mir eh nicht zu. Insofern alles gut!

@Sebastian: Es ermüdet, Sie bei Ihrer permanenten Art meine Sprache zu kritisieren zu beobachten. Weshalb das auch mein letzter Hinweis dazu ist: ich werde sie nicht ändern und Sie haben jederzeit die Möglichkeit, die Artikel meiner Kolleginnen oder andere Medien zu lesen. Falls da die Themen, die ich regelmäßig(er) bearbeite, so überhaupt vorkommen.

Sie haben also in einer gewissen Breite die Wahl. Ich weniger. Wenn Sie sich also zukünftig über Fakten und Informationen mit mir auseinandersetzen wollen; gern.

Für den Rest fehlt mir ernsthaft die Zeit angesichts neuer Themen, die hier täglich durchrauschen.

Ihr M.F.

Auch die Abbildung eines einzelnen Fahrrades quer über den Fußweg geparkt hat im Lichte dieses Artikels zu Falschparkern eine gewisse Ironie.

Leider geht der wirklich sinnvolle Aspekt der Demonstrationen im kämpferischen und herablassenden Tonfall unter.

Ziemlich gute Idee von den Demonstranten. Nicht schlecht!
Schade nur um die mitunter tendenziöse Wortwahl im Artikeltext.

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