Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Stadt spielt Mobilität eine wichtige Rolle. Vor vier Jahren hat sich der Stadtrat einstimmig für das sogenannte Nachhaltigkeitsszenario entschieden. Bis 2030 soll unter anderem der Anteil des Autoverkehrs auf 30 Prozent sinken. Wegen aktueller Entwicklungen, bedingt etwa durch die Coronakrise, hatte die CDU-Fraktion beantragt, diese Pläne zurückzustellen. Doch die Verwaltung möchte am Nachhaltigkeitsszenario festhalten.

„Nur mit Beibehaltung der verkehrspolitischen Ausrichtung des Nachhaltigkeitsszenarios kann die Mobilitätswende erreicht und Mobilität für alle Leipziger/-innen sicher, zuverlässig, sauber, bezahlbar und als Möglichkeit der Teilhabe für alle Bevölkerungsgruppen gestaltet werden“, heißt es in einer Stellungnahme aus dem Dezernat für Stadtentwicklung und Bau.

Zurück auf den Stand von 2018

Die CDU-Fraktion hatte beantragt, noch einmal zu prüfen, welches der sechs Szenarien, die 2018 zur Auswahl standen, am geeignetsten wäre – oder gegebenenfalls neue Szenarien zu entwickeln. Bis zum zweiten Quartal 2023 soll die Verwaltung dem Stadtrat einen Bericht vorlegen.

Dabei ist so etwas Ähnliches bereits geplant, betont die Verwaltung: „Eine umfassendere Evaluation der Mobilitätsstrategie entsprechend des Stadtratsbeschlusses ist für 2023 vorgesehen, um auch die weiteren Annahmen, Bewertungen und Schlussfolgerungen bei der Erarbeitung der Mobilitätsstrategie zu prüfen.“ Neue Szenarien zu entwickeln, sei daher nicht notwendig.

Die Verwaltung geht aber auch auf die inhaltlichen Argumente der CDU-Fraktion ein. Diese hatte beispielsweise angeführt, dass der ÖPNV in den vergangenen Jahren an Zuspruch eingebüßt habe – zugunsten von Auto-, aber auch Fuß- und Fahrradverkehr. „Auch wenn dies in Teilen der Pandemie geschuldet ist, zeichnet sich eine Verstetigung des Trends der Individualisierung der Mobilität deutlich ab.“

LVB wieder mit mehr Fahrgästen

Dem widerspricht die Verwaltung: „Der pandemiebedingt festzustellende Trend hin zu mehr individueller Mobilität war spätestens mit dem Wegfall nahezu aller Einschränkungen im aktuellen Sommer 2022 nicht mehr erkennbar.“ In den Sommermonaten hätten die LVB sogar mehr Fahrgäste als vor der Coronakrise gehabt.

Darüber hinaus argumentiert die CDU mit der „angespannten wirtschaftlichen Situation“ und einer zum Zeitpunkt des Antrags unklaren Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket – beides weitere Entwicklungen, die 2018 noch nicht absehbar gewesen seien. Tatsächlich plant die Stadt mit massiven zusätzlichen Investitionen bis 2030: allein rund 900 Millionen Euro für den ÖPNV und mehr als 500 Millionen Euro für Fuß- und Autoverkehr.

Dass sich einige Rahmenbedingungen – auch zum prognostizierten Bevölkerungswachstum – geändert haben, streitet die Verwaltung nicht ab. Doch so habe beispielsweise das 9-Euro-Ticket „den ÖPNV als Verkehrsmittel der Wahl in den Fokus gerückt“. Geplante Maßnahmen müssten in Anbetracht der finanziellen Unsicherheiten vielleicht zeitlich gestreckt werden.

Regelmäßig wechselnde Rahmenbedingungen

Tatsächlich dürften sich die Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren in Anbetracht der klimapolitischen Herausforderungen noch häufiger ändern. Erst am Mittwoch, dem 2. November, hatten sich Bund und Länder über die konkrete Finanzierung des geplanten 49-Euro-Tickets verständigt und mehr Geld für den ÖPNV-Ausbau beschlossen.

Dass der CDU-Antrag gegen die rot-grüne Mehrheit in der Ratsversammlung eine Mehrheit findet, ist unwahrscheinlich. Entscheidender für die langfristige Mobilitätsplanung in Leipzig dürfte die für 2023 geplante Evaluation sein.

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