Nachdem wir am 31. März schon den deutlichen Rückgang der Neuanmeldungen für Kraftfahrzeuge in Leipzig gemeldet haben, hat das Amt für Statistik und Wahlen jetzt die genaueren Zahlen nachgereicht, die noch eine ganz andere Geschichte erzählen. Denn bei Privat-Pkw gab es erstmals in der jüngeren Statistik einen deutlichen Rückgang. Die Behauptung, die Leipziger würden sich immer mehr Autos zulegen, ist also falsch.

Eine Behauptung, die in letzter Zeit in der Ratsversammlung immer wieder in der Diskussion um die nachhaltige Mobilitätsstrategie auftauchte, von der sich einige Stadträte schon ganz offiziell verabschiedet haben, weil sie glauben, dass sie gescheitert sei.

Dabei wird sie gerade erst einmal punktuell umgesetzt. Die notwendigen großen Investitionen in den ÖPNV sind noch Zukunftsmusik, wenn man die Erneuerung des Wagenparks einmal außen vor lässt.

Aber es sind die jüngeren Generationen, welche die Mobilitätswende in Leipzig in Gang bringen, indem sie auf das scheinbar so notwendige Automobil oft von vornherein verzichten und lieber mit dem Rad fahren, wo es geht, Einkäufe zu Fuß erledigen und ihre Reisen lieber mit dem ÖPNV abwickeln. Das 9-Euro-Ticket hat zwar deutschlandweit noch keine nachhaltige Veränderung des Mobilitätsverhaltens ausgelöst.

Die liebe Macht der Gewohnheit …

Aber so einfach funktioniert das nicht. Das weiß jeder, dem das eigene Mobilitätsverhalten in Fleisch und Blut übergegangen ist. Bevor man solche Gewohnheiten und Tagesabläufe tatsächlich ändert, vergeht Zeit. Das entscheidet man nicht einfach mal so, sondern probiert aus, wie es zum Beispiel mit dem ÖPNV klappt in der Stadt. Oder ob die Radwege sicher sind und man trotzdem alle notwendige Wege im Familienalltag unterbringt.

Da ist es natürlich leichter, gar nicht erst mit dem eigenen Pkw anzufangen, der ja schon durch seine schlichte Existenz Erwartungen weckt und Entscheidungen beeinflusst.

Manchmal ändert sich da schon, wenn man von vornherein lieber auf Carsharing setzt und seine Mobilität dadurch einfach variabel hält.

Aber auch Parkplatzknappheit, wie sie in vielen Leipziger Ortsteilen längst das Normale ist, kann die Entscheidung bestimmen, ob man sich nun ein Auto zulegt oder das längst reparaturbedürftige Gefährt nun endlich abgibt.

Das zeichnete sich in den letzten Jahren schon dadurch ab, dass der Pkw-Besatz pro 1.000 Einwohner nicht weiter stieg, sondern stagnierte.

Neu ist freilich, dass die Zahl der privaten Pkw tatsächlich zurückging.

Die Zahlen aus dem Kraftfahrzeugbundesamt

Die Zahl der in Leipzig zugelassenen privaten Pkw ist zwischen Jahresbeginn 2022 und 2023 erstmals um 611 zurückgegangen, teilt das Amt für Statistik und Wahlen mit. Dies geht aus Angaben des Kraftfahrtbundesamtes hervor, die das Amt für Statistik und Wahlen jetzt analysiert hat. Demnach gibt es eine entgegengesetzte Entwicklung zwischen gewerblichen und privaten Autos: Während die Zahl gewerblicher Pkw zum 1. Januar zunahm (+870 Fahrzeuge), war die Zahl privater deutlich rückläufig (-1.481 Fahrzeuge).

Insgesamt ist die Zahl aller in Leipzig zugelassenen Kraftfahrzeuge im Jahr 2022 noch einmal um 562 Fahrzeuge beziehungsweise 0,2 Prozent angestiegen. Unter die 271.780 Kraftfahrzeuge fallen 233.712 Pkw, 22.086 Nutzfahrzeuge und 15.981 Krafträder. Der Zuwachs wird dabei jedoch ausschließlich von Nutzfahrzeugen (+ 606 Fahrzeuge) und Krafträdern (+ 567 Fahrzeuge) getragen.

Damit sind durchschnittlich 39 Prozent der volljährigen Leipziger Einwohner und 57 Prozent der Haushalte im Besitz eines Pkw. Traditionell ist die Fahrzeugdichte in Ortsteilen am Stadtrand wie Burghausen-Rückmarsdorf (580 Privat-Pkw pro 1.000 Einwohner), Baalsdorf (573), Hartmannsdorf-Knautnaundorf (572) und Althen-Kleinpösna (568) am höchsten und in zentral gelegenen Ortsteilen wie Zentrum (195), Neustadt-Neuschönefeld (190), Zentrum-Südost (181) und Volksmarsdorf (167) am niedrigsten.

Von den Pkw fahren 68 Prozent mit Benzin, 24 Prozent mit Diesel, 5,6 Prozent mit Hybridantrieb und 1,5 Prozent mit Elektroantrieb. Die Zahl der elektrogetriebenen Pkw ist dabei innerhalb des vergangenen Jahres um 904 auf nunmehr 3.854 Fahrzeuge angewachsen. Bei den Nutzfahrzeugen dominiert mit 81 Prozent weiterhin der Dieselmotor als Antrieb, gefolgt von Hybridantrieben mit 8,8 Prozent, Benzinmotor mit 7,7 Prozent und Elektromotor mit 1 Prozent.

Hinsichtlich der Schadstoffgruppen verfügen 97 Prozent der Pkw und 45 Prozent der Nutzfahrzeuge über eine grüne Umweltplakette.

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Es gibt 5 Kommentare

@lutz70
Ich schätze eher, dass die Wartezeit auf ein neues Auto weniger Auswirkungen gehabt haben dürfte als der Spritpreis. Im Rahmen der ersten 2 Coronajahre hatten sich viele ein Auto gekauft, weil es auch etwas problematisch mit den Öffis war und es Förderungen für bestimmte Kreise gab (ich kenne eine Künstlerin, die sich nur deshalb 1 Auto gekauft hat, weil sie sonst die Fördermittel hätte zurückzahlen müssen).
Wovon ich nicht ausgehe: Man wird ein Auto nicht verkaufen, wenn der “Neuwagen” noch nicht da ist – jedenfalls nicht in nennenswerten Größenordnungen, nur im Einfall (bspw. nach Unfall, kein TÃœV mehr …).

@lutz70
Wie viele ukrainische PKW wird es geben?
Man sieht immer mal einen PKW stehen, aber mehr als 1.000 wird es in Leipzig nicht geben. Die allermeisten Ukrainer*innen kamen mit den Öffis und auch die Autos, welche kamen, waren doch gut besetzt. Insgesamt sind gut 10.000 Menschen aus der Ukraine nach Leipzig gekommen.

@Chris Die Zahl der insgesamt zugelassenen Fahrzeuge enthält doch den Bestand im Vergleich zu den Vorjahren, also zuzüglich der Neuzulassung und abzüglich der Stilllegungen. Siehe: “Insgesamt ist die Zahl aller in Leipzig zugelassenen Kraftfahrzeuge im Jahr 2022 noch einmal um 562 Fahrzeuge beziehungsweise 0,2 Prozent angestiegen.” und “Während die Zahl gewerblicher Pkw zum 1. Januar zunahm (+870 Fahrzeuge), war die Zahl privater deutlich rückläufig (-1.481 Fahrzeuge).”

Hinzu kommen natürlich alle Fahrzeuge, die nicht in Leipzig, sondern in anderen Städten/Gemeinden/Ländern zugelassen sind.

In der Statistik fehlen die Fahrzeuge der ukrainischen Flüchtlinge. Als Einwohner werden sie gezählt, ihre Autos mit ukrainischen Kennzeichen noch nicht.
Obendrein liegt die Statistik im Deutschlandweiten Trend, es gab letztes Jahr auch weniger Neuwagen zu kaufen. Mittlerweile hat man ja Wartezeiten bei einem Neuwagen von bis zu 2 Jahren, je nach Modell.

Kein Vorwurf an die Zulassung, nur die Zahlen sind augenscheinlich unbereinigt und haben kaum großen Aussagewert. Zuerst müsste gegenübergestellt werden, wie viele PKW im fraglichen Zeitraum auch außer Betrieb gesetzt werden. Könnten ja bspw. mehr PKW außer Betrieb gesetzt denn zugelassen werden. Weiterhin heißt ja “Neuzulassung” nicht auch “Ummeldung” (wenn diese überhaupt sein muss). Heißt, wer sein Wohnsitz nach Leipzig verlegt, muss das Fahrzeug in vielen Fällen zwar ummelden, aber nicht gänzlich neu zulassen. Nicht mal ein L-Kennzeichen ist mehr Pflicht. Und wie viele auswärtige Kennzeichen hier rumfahren, sieht man ja täglich. Einige davon sind Firmenwagen – auch die haben ihre Niederlassungen oft hier, aber ihren Hauptsitz (samt Zulassungsadresse) woanders. Und noch ne Reihe Gründe mehr, warum die Zahlen nur im Ansatz erzählen, wer wie in Leipzig mobil ist.

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