Man konnte es schon ahnen, als das Geböller in der Nacht vom 31. Dezember zum 1. Januar losging, dass dieses Silvester anders und heftiger sein würde als in den Vorjahren. Viele Leipziger hatten sich mit Silvesterfeuerwerk eingedeckt, darunter auch viel illegal Importiertes. Und sie zündeten dann auch drauflos, als könnte man einen Jahreswechsel nur feiern, wenn man möglichst viel Lärm und Müll anrichtet. Der Stadtrat der Linken Oliver Gebhardt hat bei der Verwaltung die Zahlen zu Silvester abgefragt.

Und die sind deutlich: Die höchste Feinstaubbelastung am 1. Januar, die seit Jahren in der Lützner Straße gemessen wurde. Die meisten Notrufe schon am 31. Dezember und erst recht dann am 1. Januar.

Dass Leipzig sich trotzdem schwertut, die Silvesterknallerei einzuschränken, macht das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport in seiner Antwort aber ebenso deutlich mit dem alten Verweis auf eine Stellungnahme des Präsidiums des Deutschen Städtetages, das am 28. September 2021 einen Beschluss zum Thema gefasst hat.

Die Antwort auf die Fragen von Oliver Gebhardt.

„Dieser wurde zuletzt am 21.12.2022 in einer Pressemeldung durch den Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy öffentlich so kommuniziert“, betont das Umweltdezernat und zitiert: „Die Städte können punktuelle Feuerwerksverbote verhängen. Die Städte machen das seit Jahren, etwa um Anwohner in engen Innenstädten vor Lärm und historische Gebäude vor Bränden zu schützen. Ein generelles Verbot von Silvesterfeuerwerk ist aus Sicht der Städte nicht notwendig.

Wir haben allerdings beim Bund angeregt, Tier- und Naturschutz stärker in der Sprengstoffverordnung zu verankern. Tierparks, Tierheime sowie Natur- und Landschaftsschutzgebiete müssen in den Katalog der Orte aufgenommen werden, in deren Nähe das Abbrennen von Pyrotechnik verboten ist.

Klar ist auch: Wir freuen uns, wenn mehr Menschen auf Feuerwerk verzichten. Dafür gibt es gute Gründe: weniger Lärm und Feinstaub, mehr Ruhe für Tiere und Anwohner, weniger Unfälle und weniger Müll. Vorschreiben können und wollen wir das aber nicht.“

Aber genau diese Haltung ändert nun einmal nichts an den Handlungsweisen der Menschen und deren gesundheitlichen Folgen.

Feinstaubrekord in der Lützner

Allein zur Feinstaubbelastung am 1. Januar stellt das Umweltdezernat fest: „Die zum Jahreswechsel 2022/2023 gemessenen PM10-Konzentrationen lagen im Tagesmittel teils deutlich über den Konzentrationen der vorangegangenen fünf Jahre (vgl. Tab. 1). An der Lützner Straße wurde der seit mehr als 20 Jahren höchste Stundenmittelwert der PM10-Konzentration um 01:00 Uhr Neujahr mit 3.201 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen.

Der hohe Wert wurde auch durch eine geringe Windgeschwindigkeit begünstigt. Die beiden vorhergehenden „Corona-Jahreswechsel“ 2021 und 2022 zeigen dagegen vergleichsweise geringe Stundenmittelwerte (vgl. Abb. 1).“

Feinstaubbelastung zum Jahreswechsel der letzten Jahre im Vergleich. Grafiken: Stadt Leipzig
Die Feinstaubbelastung zum Jahreswechsel der letzten Jahre im Vergleich. Grafiken: Stadt Leipzig

Und auch die Zahl der Notrufe und Einsatzfahrten stieg rapide an – und zwar nicht nur im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Corona-Jahren, sondern auch zu den Jahren davor. Gingen in der Silvesternacht 2022 immerhin 890 Notrufe ein, so übertraf das selbst die hohe Zahl von 809 Notrufen im Jahr 2019. Und dasselbe am 1. Januar, als die Leipziger Branddirektion 1.893 Notrufe registrierte, deutlich mehr als die 1.510 Notrufe am ersten Tag des Jahres 2022 oder die 831 Notrufe von 2019.

Und entsprechend erreichte auch die Zahl der Einsätze von Rettungsfahrzeugen mit 673 am 31. Dezember und 798 am 1. Januar neue Spitzenwerte.

Und auch ein positiver Aspekt beim Kehricht war wieder vorbei. Denn da 2020 und 2021 das Abbrennen von Feuerwerk auf öffentlichen Plätzen untersagt war, gab es am 1. Januar 2021 und am 1. Januar 2022 statt 65,88 (wie 2020) nur 6,76 bzw. 8,44 Tonnen liegengelassenen Silvestermüll zusammenzukehren.

Am ersten Tag des Jahres 2023 wurden nun wieder 60,96 Tonnen Silvestermüll von der Stadtreinigung zusammengekehrt. Alles wieder beim Alten, könnte man sagen.

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