Mehr baggern – mehr bauen: Der „Wohnungsbau-Turbo“, den sich die neue Bundesregierung vorgenommen hat, müsse schnell auch in Leipzig ankommen. Das fordert die IG BAU Nord-West-Sachsen. Für die Bau-Gewerkschaft ist klar: „Es muss jetzt einen ‚Aufschwung Wohnen‘ geben. Und davon müssen auch Leipzig und Sachsen profitieren“, sagt der Vorsitzende der IG BAU Nord-West-Sachsen, Bernd Günther. Notwendig seien vor allem Sozialwohnungen und bezahlbare Wohnungen.

In Leipzig sind im vergangenen Jahr nach Angaben der Gewerkschaft 2.771 Wohnungen neu gebaut worden – 172 davon in Ein- und Zweifamilienhäusern. Insgesamt lagen die veranschlagten Bauwerkskosten für alle Wohngebäude, die 2024 in Leipzig neu entstanden sind, bei rund 309,4 Millionen Euro, so die IG BAU. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis).

„Jede Wohnung mehr zählt. Es gibt aber auf jeden Fall ‚Luft nach oben‘: Auch Leipzig braucht eine Neubau-Offensive. Ebenso mehr Sanierungen. Vor allem fürs seniorengerechte Wohnen“, so Bernd Günther.

Der Vorsitzende der IG BAU Nord-West-Sachsen macht deutlich, dass dazu allerdings bei den Kosten „viel passieren“ müsse: „Es wird nur dann mehr gebaut, wenn einfacher und damit günstiger gebaut wird“, sagt Günther. Immerhin sei es machbar, die reinen Baukosten um ein Viertel bis zu einem Drittel zu senken. Das sei das Ergebnis einer aktuellen Wohnungsbau-Studie vom staatlichen Bauforschungsinstitut ARGE (Kiel), so die IG BAU Nord-West-Sachsen.

Runter mit den überzogenen Standards

Der Bau habe eine Entbürokratisierung dringend nötig. Ziel müsse es sein, den Neubau schlanker und damit günstiger zu machen: „Runter mit überzogenen Standards und kostentreibenden DIN-Normen – und dadurch rauf mit den Neubau-Zahlen. Denn weniger Bau-Hürden bedeuten mehr neue Wohnungen“, so Bernd Günther. Wer die Kosten ins Visier nehme, müsse auf den „Gebäude-Typ E“ setzen. Das „E“ stehe dabei für einfaches, erleichtertes und effizientes Bauen.

Konkret bedeute das: geringere Stärken bei Decken und Außenwänden. „Damit lässt sich schon Geld sparen. Aber auch Baustoffe und damit Energie, Ressourcen und CO₂. Entscheidender Kostentreiber ist allerdings die Technik – also Heizung, Lüftung, Sanitär und Elektro. Von der Haustechnik bis zur Einbauküche gilt: weniger High-End-Produkte. Das macht das Wohnen am Ende wesentlich günstiger“, sagt Günther.

Günstig bauen mit guter Qualität

Außerdem ließen sich durch weniger Pkw-Stellplätze und erst recht durch den Verzicht auf Tiefgaragenplätze enorm Kosten sparen. Die ARGE-Studie warne bei der Analyse der Neubaukosten auch davor, beim Lärm- und Klimaschutz zu überziehen: „Ein Beispiel sind dreifach verglaste Fenster. Die müssen nicht sein“, so Bernd Günther.

Es sei höchste Zeit, das Label „gut & günstig“ an den Wohnungsbau zu kleben. Es sei heute möglich, in guter Qualität deutlich günstiger zu bauen. „Genau darin liegt die Chance, jetzt wieder mehr zu bauen – auch in Leipzig“, sagt Günther. Schließlich sei es immer noch besser, einfacher zu bauen als gar nicht zu bauen.

Zudem spare auch der Staat Geld, wenn er die Bauvorschriften herunterfahre: „Sinken die Baukosten, dann sinkt auch die Förderung, die der Staat aufbringen muss, damit überhaupt gebaut wird. So lassen sich unterm Strich mehr Sozialwohnungen und mehr bezahlbare Wohnungen fördern und damit neu bauen“, sagt der Vorsitzende der IG BAU Nord-West-Sachsen.

Für bundesweit 100.000 Sozialwohnungen, deren Neubau pro Jahr dringend notwendig sei, müssten Bund und Länder mindestens 11 Milliarden Euro an Fördermitteln bereitstellen. Um 60.000 bezahlbare Wohnungen neu zu bauen, seien mindestens 4 Milliarden Euro pro Jahr an Subventionen erforderlich.

Mehr zur Wohnungsbau-Studie, zum „Gebäude-Typ E“ und zu dem, was jetzt beim Wohnungsbau dringend passieren muss, gibt es im Internet auf der Homepage vom Verbändebündnis Wohnungsbau, dem auch die IG BAU angehört.

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Es gibt 2 Kommentare

Die Baustandarts zu reduzieren ist das eine, aber ob daraus sich kostengünstigerer Wohnungsbau ergibt, die andere Frage. Wichtig wäre bei reduzierten Baustandarts , das die künftigen Nutzer, Mieter usw. auch über den reduzierten Standart wie Wärmedurchgangswerte, Energeeinsparungen oder Lärmkennwerte informiert werden. Bei den Bausandarts gibt es viele Vorschriften, die im Sinne der zukünftigen Nutzer liegen, so zB. auch die Lärmkennwerte für Zwischendecken, dh. ob die Zwischendecken ausreichend von der Tragkonstruktion entkoppelt werden oder bei Fensterverglasungen wäre wichtig zu wissen, a) die Wärmedurchgangswerte, dh. wie gut die Fensterkonsruktion isoliert ist, b) wie gut die Wärmeeinstrahlung durch die Verglasung reflektiert wird und c) nicht zu vergessen – wie gut die Fenster gegen Lärm gedämmt sind (da gibt es gute zweifach-verglaste Fenster mit einem Lärmdämmwert von 38 db). Und diese dringend zu berücksichtigenden Vorschriften im Interesse der Nutzer lassen sich fortsetzen… siehe Energieeinsparverordnung, Wassermehrfachnutzung, Schallschutz, Bandschutz, Heizungsart und Abrechnung usw.

Gerade im Bereich der Sozialwohnungen auf geringere Deckenquerschnitte zu plädieren, halte ich für nicht gut. Spielende Kinder sind etwas ganz normales, und der Schichtarbeiter untendrunter soll trotzdem vormittags schlafen können.
Dreifachverglasung, automatisierte Beleuchtungs-/ Belüftungssysteme, Fahrstuhl und so weiter, das ist alles nachvollziehbar als Sparpotential. Aber dieser Gebäudetyp “E” wird dafür sorgen, dass die Leute, die es sich leisten können, da nicht hinziehen. Und Gebäude baut man für viele Jahrzehnte, so ein Konstruktionsmakel lässt sich nicht einfach reparieren.

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